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Schauspieler Ulrich Matthes diskutiert mit Theologin Stefanie Schardien über Sterbehilfe

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In einem spannenden Gespräch über Sterbehilfe diskutierten für die Novemberausgabe des Magazins Chrismon der Schauspieler Ulrich Matthes, der sich als religiös unmusikalisch bezeichnet (wir berichteten), und die evangelische Theologin Stefanie Schardien im Berliner Café Einstein.

Hintergrund zum Gespräch, in dem die beiden Diskutanten unterschiedliche Positionen bezogen, war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020, das Verbot für geschäftsmäßige Sterbehilfe zu kippen, womit nun Sterbehilfevereine auch in Deutschland aktiv werden dürfen.

Auch wenn Ulrich Matthes die Anerkennung der Selbstbestimmung als hohes Gut sehr begrüßt, gibt er dennoch zu Bedenken, dass das Urteil „durch den Bundestag modifiziert werden“ müsse. Dazu erklärte der 61-Jährige:

„Jeder von uns war doch schon mal in hohem Maße verzweifelt in Liebeskummerphasen. Dass ich dann nicht an Suizid gedacht habe, liegt an meinen Eltern, an meiner Kindheit, an meinem eher stabilen Wesen.“

Stefanie Schardien, die das Bundesverfassungsgerichts-Urteil mit Blick auf künftigen Umgang mit Leid kritischer als Ulrich Matthes. Die 44-Jährige Theologin verwies darauf, dass es in ihren Augen problematisch ist, wenn das Gericht die Selbstbestimmung als „absolut hohes Gut“ über allem stellt, derart „als könne man ohne alle Bezüge zu anderen nur allein über sich bestimmen“. Dazu erklärte sie weiter:

Die evangelische Ethik geht davon aus, dass sich Menschen immer in einem Beziehungs­geflecht bewegen, mit anderen sprechen, andere beeinflussen und sich von anderen beeinflussen lassen.“

Weiter betonte Stefanie Schardien, dass sich in Ländern wie Belgien oder den Niederlanden, die schon seit vielen Jahren sehr lieberal beim Thema Sterbehilfe sind, „das gesellschaftliche Klima verändert“ habe, dahingehend, dass das Empfinden eines unerträglichen Zustandes im sozialen Kontext immer weiter werde. Dadurch wachse auch der soziale Druck, anderen nicht zur Last fallen zu wollen.

Es gelte den Wunsch eines Menschen nach selbstbestimmten Sterben ernst zu nehmen, ihn aber dabei niemals allein zu lassen und ihm vielmer die Hoffnung zu ermöglichen, „dass es für ihn noch mal eine andere Perspektive auf seine Lage gibt“, so die Theologin.

Von Ulrich Matthes, der sich im Verlauf des Gesprächs als „nicht gläubig“ bezeichnete, darauf angesprochen, wie sie dem Thema von ihrem Glauben her begegne, erklärte die 44-Jährige:

„Ich glaube, dass es eine Gabe Gottes ist: dass ich eingebunden bin in größere Bezüge und nicht nur mir selbst gegenüber verantwortlich.“

So verändere die Entscheidung zur Sterbehilfe die Beziehungen zu anderen, insbesondere nahestehenden Menschen wie dem Partner oder den Kindern, aber auch „zu den behandelnden Ärzten und auch zu Gott“, führte Schardien weiter aus.

Dabei gelte es aber auch im Auge zu behalten, dass der Mensch an den Punkt kommen kann, wo er sich sagt. „Ich kann nicht mehr“. So wird in der Bibel auch ganz selbstverständlich davon berichtet, wie „Menschen ihr Unvermögen, ihre Angst immer wieder vor Gott gebracht“ haben. Das gehöre dazu, so Stefanie Schardien.

Während sich Ulrich Matthes „theoretisch“ vorstellen könnte, wenn es ihm im hohen Alter schlecht ginge, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, lehnt Stefanie Schardien dies für sich ab.

Matthes argumentierte, dass er es gut fände, „wenn ich die Möglichkeit hätte, da­rüber nachzudenken“, schränkte aber zugleich ein, dass dies aber nicht zugleich bedeute, „dass ich es auch tue“. Schardien betonte hingegen:

„Assistierten Suizid in Anspruch zu ­nehmen, würde allem widersprechen, woran ich glaube und wie ich bisher gelebt habe.“

Sollte der Wunsch bei unerträglichen Schmerzen nach Sterbehilfe in ihr hochkommen, hoffe sie auf Beistand und diesem Wunsch entgegengesetzte Bestärkung in ihrem Umfeld, was sie wie folgt formulierte:

„Ich hoffe, dass mir dann nicht suggeriert wird, dass das doch die einfachste Lösung wäre oder dass es sich so schickt. Ich hoffe, dass mir jemand zur Seite ist und sagt: Das brauchst du nicht.“

Darauf erwiderte Urlich Matthes, dass er das auch für sich hoffe.

Mehr dazu gibt’s unter

chrismon.evangelisch.de