Vorwort zu PromisGlauben von Dr. Ferdinand Herget

Dr. Ferdinand Herget war Direktor des Religionspädagogischen Zentrums in Bayern (RPZ Bayern) und wissenschaftlicher Referent für berufliche Schulen.

Er war federführend für die Entwicklung des Lehrplans für den Religionsunterricht an den beruflichen Schulen in Bayern verantwortlich.

In seinem Vorwort beschreibt Dr. Herget Sinn und Zweck von „PromisGlauben“ und dessen Bedeutung für einen kompetenzorientierten Religionsunterricht.

„Gibt es ein Leben nach dem Leben oder ist es das gewesen?“, „Wovon sollen wir träumen? Wo sind wir zu Haus?“, „Wir alle hoffen, kämpfen, suchen jeden Tag. Doch was wir suchen, bleibt unsichtbar“: Warum sprechen diese Songs Jugendliche so an, dass diese Titel zu Hits werden? Offenbar sprechen sie junge Menschen an, weil sie nach dem Sinn des Lebens fragen: Heranwachsende wollen wissen, wohin ihre Reise geht. Diese Musik hilft ihnen dabei, ihre Fragen nach Ziel, Zweck und Ordnung des Lebens und der Welt zu formulieren.

Der Religionsunterricht ist der genuine Ort, diese Lebensfragen Jungendlicher aufzugreifen und in vernünftiger Weise mit ihnen nach Antworten zu suchen. Denn in der Frage nach Gott fließen alle Fragen nach dem Woher, Wohin, Wozu und Wie des Lebens zusammen. Das vernünftige Gespräch über Gott, den eigenen Glauben oder die eigene Weltanschauung ist für Jugendliche eine eigenständige Lernaufgabe: Sie suchen nach angemessenen Begriffen und Fragen, sie üben religiöse Sprache ein und sie lernen, über Gott und Religion mit anderen in den Dialog zu treten. Dabei müssen sie sich oft mit hemmenden äußeren Einflüssen auseinandersetzen:

  • Religion gilt als nichtbeweisbare und daher unwissenschaftliche Behauptung, die das eigene Leben nicht tragen kann („Glaube heißt nichts wissen“).
  • Religion wird auf ein bloßes Gefühl reduziert, über das nicht gesprochen, geschweige denn diskutiert werden kann („Für mich ist das eben so“).
  • Religion gilt als Sammelbecken unterschiedlichster weltanschaulicher Versatzstücke, die man zu einem Patchwork zusammenfügen kann („Irgendwie haben ja alle recht“).

Damit gerät das Reden über Religion und Glaube schnell in den Ruch der Beliebigkeit und Irrationalität. Der Glaube mag dann das eigene Wohlbefinden fördern, fordert den Menschen aber nicht heraus, die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Umso wichtiger ist es für Jugendliche zu entdecken, dass es für Menschen selbstverständlich ist, über ihren Glauben zu sprechen und sich zu ihm zu bekennen sowie dessen spezifische orientierende Funktion für das Leben zu erkennen. Das von Markus Kosian und seinem Team initiierte Projekt PromisGlauben mit Sammlung von Gedanken Prominenter zu Gott, Religion, Kirche und christlichen Werten verdeutlicht schon durch seinen Umfang, dass vielen das Gespräch über ihren Glauben selbstverständlich ist. Religion ist, entgegen anderslautender Stimmen, für sie keine Privatsache. Sie ist es schon deshalb nicht, weil, das belegen viele Äußerungen der Prominenten, der Glaube ihr Denken und Handeln prägt – und damit auch das Zusammenleben im persönlichen, im beruflichen und im gesellschaftlichen Bereich.

Das religiöse Bekenntnis als Grundlage von Entscheidungen und Handlungen ist aus christlicher Sicht damit verbunden, begründet der Wahrheit des Geglaubten zuzustimmen (1 Petr 3,15). Die hier gesammelten Zeugnisse der Prominenten nennen vielfach die tragenden Gründe für ihre Überzeugungen und stellen sich der rationalen Diskussion. Jugendliche lernen daran, dass echter Glaube auch das Ergebnis vernünftiger Überlegung und Entscheidung ist und nicht auf blinder Unterwerfung oder irrationalen Behauptungen gründet.

Darüber hinaus trägt das Projekt PromisGlauben zur Bewältigung einer der wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben in der Schule bei: Sie fördert und unterstützt den interreligiösen und interkulturellen Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen. Der Raum der Schule wird zum Forum, um die Kompetenzen zum Dialog der Religionen, Kulturen und Weltanschauungen zu entdecken, zu vertiefen und einzuüben. Entwickeln der eigenen Sprachfähigkeit in diesem Dialog, Anerkenntnis der Vielfalt, Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Achtung vor der Meinung anderer und achtsamer Umgang miteinander, Respekt vor der Würde des anderen und seiner Grundentscheidungen sind wesentliche Elemente der Schulkultur in einer pluralen Welt. Schülerinnen und Schüler müssen das als sinnvolle Basis des Zusammenlebens verstehen und einüben können, will die demokratische Gesellschaft ihre Grundsätzen dauerhaft an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Das reflektierte Einüben des Dialogs über Religionen und Weltanschauungen in der Schule sichert den gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt und nicht das Verbannen und Ignorieren von Religion aus dem schulischen Raum. Glaube und Religion verschwinden nicht dadurch, dass man sie verschweigt. Sie werden dann allenfalls denen überlassen, die mit Parolen und Schlagworten in unzugänglichen Hinterzimmern einfache Antworten geben. Hier wird die unerlässliche und unersetzbare Aufgabe des Religionsunterrichts öffentlich deutlich: Religionslehrkräfte sind die Fachleute für den interreligiösen Dialog, weil sie als Experten für den religiösen Dialog über das erforderliche Wissen und zugleich über die erforderliche Praxis verfügen.

Bei manchen der Prominenten scheint sich zwischen der geäußerten Überzeugung und der Lebensführung eine Kluft zu öffnen. Dürfen solche Menschen als Vorbilder herangezogen werden? Man möchte fast sagen: Wäre das der Maßstab, dürfte sich kaum ein Christ zu seinem Glauben bekennen. Jugendliche können an diesen Zeugnissen erkennen, dass das Christentum Menschen fasziniert, weil es ihnen neue Perspektiven und Wege eröffnet und sie nicht auf ihre Schwächen, Fehler und Versagen reduziert.

In den Bekenntnissen Prominenter mischen sich oftmals Lebenserfahrungen und theologisch mehr oder weniger reflektiertes Wissen zu einem festen Gewebe von Überzeugungen. Man darf von zumeist theologischen Laien daher nicht erwarten, dass ihre Äußerungen immer dogmatisch korrekt formuliert sind. Gerade deshalb ist es religionspädagogisch gerechtfertigt, ihre Aussagen im Religionsunterricht zu nutzen:

  • Junge Menschen verstehen religiöse Aussagen leichter, wenn sie deren biographischen Bezüge und so deren Funktion im Leben erkennen können.
  • Schülerinnen und Schülern erschließt sich, dass religiöse Vorstellungen fundamentaler Teil der sich entfaltenden Lebensgeschichte und nicht allein der Kindheit sind.
  • Unterschiedliche Perspektiven fordern zur produktiven Begegnung mit den Aussagen von Bibel und Kirche auf, die den Schülerinnen und Schülern nun als lebendige Glaubenszeugnisse verstehbar werden.

Das Projekt PromisGlauben mit den Gedanken Prominenter zu ihrem Glauben ist für den Religionsunterricht vor allem aus zwei Gründen geeignet. Einerseits liegen die Aussagen in prägnanter Form vor, so dass sie leicht nutzbar sind. Andererseits bietet die Auswahl ein breites Spektrum von Aussagen, so dass nicht nur vielfältige Zugänge zum Christentum sichtbar werden, sondern auch, dass es Schülerinnen und Schülern ermöglicht wird, zu vergleichen, abzuwägen und zu entscheiden. Sie können aktiv und selbständig ihre Meinung bilden und in der Praxis bewähren. Das fördert ihre religiöse Urteilsfähigkeit und Entscheidungskraft, so dass sie einen sicheren Zugang zum Glauben und zum Christentum gewinnen können.

Herrn Markus Kosian und seinem Team gebührt großer Dank. Mit Fug und Recht darf hier gesagt werden, dass das Werk den Meister lobt. Im Namen aller, die diese Seite nutzen, sage ich dem Team von PromisGlauben ein herzliches Vergelt’s Gott.

Methodische Hinweise für den Religionsunterricht

Ziele

Die Gedanken Prominenter sollen das Gespräch über Gott und Glaube anregen oder zu einer vertiefenden Reflexion hinführen. Drei wichtige Ziele können unterschieden werden:

  1. Zugänge finden und Gespräch über Gott, Glaube und Religion eröffnen;
  2. Reflexion von Glaubenswegen als Wege der Suche, des Fragens, der Abkehr, der Zuwendung, der Zustimmung;
  3. inhaltliche Auseinandersetzung mit Gottesbildern.

Methodisch ist es immer zweckmäßig, Vergleiche zu ermöglichen. Voraussetzung eines Vergleichs ist, dass mindestens zwei Inhalte gegeben sind, die einem thematischen Feld angehören, deren sachlicher Unterschied hinreichend groß ist, um als Differenz wahrgenommen zu werden.

Für den Unterricht sind zwei Formen eines Vergleichs zu unterscheiden, der implizite und der explizite Vergleich.

  • impliziter Vergleich: Es wird z.B. eine Äußerung eines Prominenten vorgelegt. Im Allgemeinen reagieren Schülerinnen und Schüler sofort mit einer Bewertung zustimmender oder ablehnender Art. Das basiert auf einem Vergleich des Gesagten mit dem von ihnen Gedachten. Der Vergleich geschieht dann zwischen der vorliegenden Äußerung und der nicht geäußerten persönlichen (impliziten) Überzeugung. Im Unterricht stellt der implizite Vergleich aus drei Gründen eine große Herausforderung dar: Erstens bestimmen implizite Vergleiche häufig das Denken und Handeln der Schüler. Der Vergleichspunkt ist häufig die Sinnstruktur, von der her sie neue Inhalte beurteilen. Zweitens wollen Schüler häufig nicht darüber sprechen, weil sie sonst den innersten Kern ihrer Überzeugungen offenbaren müssten. Drittens können diese Überzeugungen oft in nur schwach reflektierter Form vorliegen, so dass es überhaupt schwerfällt, ihnen einen angemessenen Ausdruck zu verleihen. Das macht das Entwickeln von Sprach- und Ausdrucksfähigkeit im religiösen Bereich notwendig. Ein Mittel dazu ist
  • der explizite Vergleich: Es werden z.B. zwei oder drei Äußerungen miteinander in Beziehung gesetzt. Hier liegen die zu vergleichenden Pole ausdrücklich (explizit) vor. Eine wesentliche Leistung im Unterricht ist es, den sachlichen Gehalt der jeweiligen Äußerung zu erkennen und dann mit einer anderen Äußerung in Beziehung zu setzen, so dass Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Weiterungen etc. erkannt und beschrieben werden können. Der explizite Vergleich dient dazu, das In-Beziehung-Setzen zu üben und daraus Fragen, Themen oder Probleme für die weitere Auseinandersetzung mit einem Inhalt zu gewinnen.

Die hier vorliegenden Statements erleichtern das Konstruieren expliziter Vergleiche, weil viele Äußerungen mit unterschiedlichen Akzentsetzungen zu finden sind.

zu 1: Zugänge finden und Gespräch über Gott, Glaube und Religion eröffnen

Schülerinnen und Schülern soll ein selbstverständlicher und unbefangener Dialog über religiöse Themen ermöglicht werden. Dafür sind die Gedanken Prominenter ein wichtiges Medium. Im Gespräch über diese Äußerungen eröffnen sich ihnen Gelegenheiten, diese Aussagen zu diskutieren und zu bewerten. Die methodischen Hinweise sollen Beispiele sein, wie das Gespräch über die Gedanken Prominenter angeregt werden kann.

  1. Schritt: Begegnung

Möglichst viele Artikel mit Gedanken werden im Raum verteilt. Je nach Interesse der Klasse oder Berufen können schwerpunktmäßig Gedanken aus zwei oder drei Bereichen, z.B. Sport, Musik und/oder Journalismus, ausgewählt werden. Die einzelnen Gruppen werden im Raum in thematischen Bereichen konzentriert.

Zu den ausgewählten Prominenten werden Fragen zu einem Fragebogen zusammengestellt. Es bietet sich an, mehrere Fragebögen mit unterschiedlichen personen- (z.B. bei Sportlern) oder themenbezogenen (z.B. Erfahrungen mit dem Glauben oder Wendepunkte im Leben) Schwerpunkten zu verwenden. Jeder Schüler bearbeitet nur ausgewählte Blätter anhand des Fragebogens und nicht alle. Das ermöglicht einerseits die Konzentration auf wenige Blätter, erlaubt aber auch gleichzeitig ein Abschweifen zu anderen Prominenten während des Ausfüllens des Fragebogens.

Für das Ausfüllen des Fragebogens ist ausreichend Zeit zu gewähren, damit auch die Schüler miteinander ins Gespräch kommen können.

Anschließend werden die Fragebögen gemeinsam bearbeitet und mögliche Missverständnisse korrigiert.

  1. Schritt: Klärung

Jeder Schüler wählt eine Aussage eines Prominenten aus, die ihm besonders interessant erscheint, sei es, dass sie ihr zustimmen oder sie zum Widerspruch reizen. Ziele sind, die Aussagen besser zu verstehen und dann miteinander zu vergleichen.

Hilfreich ist es, in den Aussagen nach dem Inhalt des Glaubens, den Gründen oder Motiven für den Glauben sowie den Folgen oder Wirkungen des Glaubens suchen zu lassen. Das unterstützt das Denken bei der sachgerechten Klärung der Aussageabsicht und fördert das Vergleichen.

  • Alissa Jung
    Schauspielerin
  • „Ich glaube an eine Kraft, die Kern des Lebens ist. Als Kind habe ich mir Gott bildlich vorgestellt, aber spätestens mit 13 Jahren war Gott nichts Figürliches mehr für mich, sondern eine abstrakte Größe. (…) Ich werde immer wieder in meinem Glauben bestärkt durch Begegnungen mit Menschen, die durch ihren Glauben eine immense Kraft entwickeln und die Welt ein wenig besser machen. (…) Während meines Medizinstudiums bin ich immer wieder an einen Punkt gekommen, wo die Naturwissenschaft allein nicht alles erklärt. Und dann sind es natürlich die kleinen und großen Wunder des Lebens, wie die Geburten meiner zwei Kinder, die mich im Glauben bestärken.“
  • Beispiel für ein Arbeitsblatt.
    (Zur besseren Übersicht ist die Aussage des Prominenten links mit abgedruckt)
  • Aussagen zum Inhalt des Glaubens,
    zu den Gründen oder Motiven
  • Inhalt
    – eine Kraft, die Kern des Lebens ist, eine abstrakte Größe

    Gründe, Motive, Anlässe für Glauben
    – Begegnungen mit gläubigen Menschen, die positive Vorbilder sind
    – Wunder des Lebens, z.B. Geburt der Kinder

    Folgen und Wirkungen des Glaubens
    – Erklärung für das, was über die naturwissenschaftliche Erklärung hinausgeht
    – Entwicklung immenser Kräfte, um die Welt zu verbessern

  • Beispiel für ein Arbeitsblatt.
    (Zur besseren Übersicht ist die Aussage des Prominenten links mit abgedruckt)

Alternativ können die Antworten auch auf Karten geschrieben und dann geklustert werden (s.u. 3).

  1. Schritt: Bewertung und Begründung

Für den weiteren Verlauf werden zwei methodische Möglichkeiten vorgestellt, das Bepunkten und die Kartenabfrage. Sie unterscheiden sich in dem Maße, wie der Schritt von der Bewertung zur artikulierten Bewertung und Begründung getan wird.

  • Bepunkten

Das Bepunkten dient dazu, Meinungen oder Gefühle in einer Gruppe auszudrücken oder Inhalte und Aussagen auszuwählen oder zu gewichten. Vorteil ist, dass ein Schüler seiner Meinung Ausdruck verleihen kann, ohne sie gleich ausdrücklich begründen zu müssen. Das kann den Einstieg in das Gespräch über religiöse Aussagen erleichtern.

Jeder Teilnehmer erhält mindestens zwei Klebepunkte, aber höchstens die Hälfte der Anzahl der zu bepunktenden Äußerungen. Entweder darf jeder Teilnehmer nur je einen Punkt für eine Äußerung vergeben oder er darf die Punkte häufeln. Grundsätzlich hat das Häufeln den Nachteil, dass es eine Verzerrung des Meinungsbildes bewirken kann.

Vor dem Bepunkten wird der Zweck festgelegt. Alternativ sind u.a. folgende Zwecke möglich:

– Welcher Aussage stimme ich unbedingt zu? oder: Welche Aussage spricht Sie an?

– Welche Aussage lehne ich völlig ab?

– Welche Aussage will ich besprechen?

Der Gruppe werden eine begrenzte Anzahl von Aussagen vorgelegt (etwa 10 Stück). Jeder Teilnehmer liest alle Blätter durch und bepunktet sie dann.

  • Kartenabfrage

Die Kartenabfrage kann hier verwendet werden, 1. damit sich Schüler wesentliche Aussagen der Prominenten klarmachen oder 2., um ihre eigene Bewertung dieser Aussagen zu reflektieren und ins Wort zu heben. Zugleich ist so auf einfache Weise ein Vergleich zwischen den prominenten Aussagen oder den Urteilen der anderen Schüler möglich. Auch können alle Schüler zu einer Aussage Stellung beziehen. Die Schüler beschäftigen sich in Einzelarbeit mit den Fragen.

Vorbereitend erhalten die Schüler eine bestimmte Anzahl von Karten. Bei in der Methode weniger geübten Schülern sollten nur wenige Karten ausgegeben werden. Auf jede Karte ist ein Gedanke zu notieren. Es ist groß und deutlich zu schreiben. Die Kartenabfrage kann anonym durchgeführt werden, indem die Lehrkraft alle Karten am Ende der Bearbeitungszeit einsammelt.

Die Kartenabfrage beginnt mit einer eindeutigen Frage oder Aufgabe, z.B.:

– Welche Frage möchtest Du dem Prominenten stellen?

– Warum ist die Aussage des Prominenten x richtig (alternativ: falsch)?

– Was würdest Du dem Prominenten x gerne sagen?

– Welche Gründe gibt es, an Gott zu glauben (alternativ: nicht zu glauben)?

– In welchen Situationen hilft der Glaube (alternativ: hilft der Glaube nicht)?

– Welche Gottesvorstellung hältst Du für richtig? Warum?

Eine Variante der Kartenabfrage ist der Brainwriting Pool. Er ist dynamischer als die einfache Kartenabfrage, weil die Teilnehmer frühzeitig über das Thema ins Gespräch kommen.

Dazu kann eine Gruppe von 5 bis 8 Teilnehmern gebildet werden, die um einen Tisch sitzen. Für jeden Teilnehmer stehen Karten in ausreichender Zahl zur Verfügung. Jeder Teilnehmer notiert eine Idee, Frage oder These auf je eine Karte und legt sie dann in die Mitte. Andere Teilnehmer können die Karte dann nehmen und darauf ergänzende Fragen, Ideen und Thesen aufschreiben.

Anschließend werden die Aussagen geklustert und Schwerpunkte gebildet. Die Themenschwerpunkte können dann im Klassengespräch thematisiert werden. Zumeist drängen sich Gespräche über Glaubenswege oder Gottesbilder auf.

zu 2.: Reflexion von Glaubenswegen als Wege der Suche, des Fragens, der Abkehr, der Zuwendung, der Zustimmung

In den Gedanken finden sich unterschiedliche Wege zum Glauben, im Glauben, zum Verlust des Glaubens oder zum Wiederfinden des Glaubens, etwa:

– der Weg vom Kinder- zum Erwachsenenglauben (z.B. Alissa Jung)

– das Finden des Glaubens in einer Krise (Mark Wahlberg)

– der Verlust des Glaubens durch eine Krise (Jürgen Domian)

– das Fehlen des Glaubens (Henry Hübchen)

– das Wiederfinden des Glaubens (Werner Schmidbauer)

– der Glauben als Begleiter im Leben (z.B. Jürgen Klopp; Thomas Gottschalk; Janine Kunze)

Das verweist auf die grundsätzliche Situation von Menschen angesichts der Frage nach Gott. Das Entdecken, Formulieren und Beantworten der Gottesfrage ist ein mühsames, herausforderndes denkerisches und existenzielles Geschäft, denn die gefundene Antwort (sei es die des Glaubens an Gott oder die der Ablehnung des Glaubens an Gott) muss sich im Leben angesichts der einzelnen Erfahrungen des Glücks und der Freude oder der Erfahrungen des Leides und der Trauer immer wieder bewähren. Das kann dazu führen, Fragen und Antworten neu zu formulieren, gefundene Fragen und Antworten tiefer in ihrer Bedeutung und Tragfähigkeit zu verstehen oder Fragen bzw. Antworten eine zeitlang auf die Seite zu legen und zu ignorieren.

Im Religionsunterricht kann diesern Weg des Glaubens sichtbar gemacht und Beispiele für Schritte auf dem Glaubensweg gezeigt werden.

Methodisch können dabei die 1 benannten Verfahren genutzt werden.

zu 3.: Inhaltliche Auseinandersetzung mit Gottesbildern

Das Vergleichen führt sachlich zur Frage nach dem Inhalt des christlichen Gottesbildes. Die Bedeutung der Gottesfrage für den Menschen kann man unschwer unterschätzen: Mit der Gottesfrage steht und fällt der Sinn des Menschseins (Biser). Deshalb erfordert sie höchstmögliche geistige Anstrengung und existenziellen Einsatz: Denn das Ignorieren der Gottesfrage oder das Begnügen mit vereinfachenden Antworten machen gegenüber dem Lebensproblem des Menschen blind: Der Frage, welchen Sinn sein Leben hat.

Das, was die Prominenten mit Gott verbinden, ist vielfältig und unterschiedlich. Dazu gehören Vorstellungen wie

Gott als Erfahrung von Geborgenheit, sinngebenden Strukturen, Vertrautheit, Ordnung im Unbekannten, Halt in schwierigen Situationen (Sylvie Meis; Jessica Simpson),

Gott als Kraft (Alissa Jung),

Gott als höhere Weisheit (Joachim Löw),

Gott als Herzlichkeit für andere Menschen (Bruce Darnell),

Gott nimmt nicht die Arbeit weg (Mourinho),

Gott als Möglichkeit, einen anderen Standpunkt zu gewinnen (Denzel Washington),

Gott als Lösung für das Rätsel des Daseins (Kai Diekmann),

Gott lässt tiefer blicken (Tom Buhrow),

Gott als derjenige, der den einzelnen unbedingt liebt (Günther Jauch),

Gott als Erfahrung von Vertrautheit in unübersichtlichen Situationen (Ottfried Fischer),

Gott als Inspiration für Werke der Nächstenliebe (Harald Krassnitzer),

Gott als Hilfe in der Not (Queen Latifah, Jennifer Lawrence),

Gott als etwas, was größer ist als wir (Ina Müller).

Gott gibt andere Ziele als Habgier und Egoismus (Harald Lesch).

Diese Vielfalt ermöglicht Vergleiche mit dem christlichen Gottesbild und die Suche nach Anknüpfungspunkten. Als ein Verfahren bietet sich das Theologisieren mit Jugendlichen an. Das Theologisieren ist ein Verfahren, dass sich nicht einfach in ein Artikulationsschema pressen lässt, insbesondere dann, wenn die Jugendlichen ins Gespräch gekommen sind. Umso größere Bedeutung hat die Beherrschung von Fragetechniken, das Verstehen der Schüleräußerungen durch die Lehrkraft und das theologische Wissen der Lehrkraft. Um das Abgleiten in ein unstrukturiertes Austauschen von Meinungen zu verhindern, sollten Fragen oder Thesen möglichst genau bestimmt werden.

Neben dem Vergleich gehört das Aufdecken von Zusammenhängen wesentlich zum Theologisieren. Das oben abgebildete Arbeitsblatt bietet dafür ein Hilfsmittel, weil es nach Gründe, Motive und Anlässe für den Glauben bzw. die Gottesvorstellungen sowie den Folgen und Wirkungen dieses Glaubens für das eigene Leben fragt. Das Aufdecken von Zusammenhängen, das Beschreiben Gründen und ihren Folgen erlaubt ein verstehendes Eindringen in den Sachverhalt, fördert das sachgerechte Urteilen und das verantwortliche Entscheiden. Das kann eine Lehrkraft mit u.a. folgenden Fragen unterstützen:

  • Fragen nach persönlichen Einstellungen
    (Das Fragen nach persönlichen Einstellungen sind sehr behutsam zu handhaben und sollten erst dann verwendet werden, wenn ein respektvolles und achtsames Gesprächsklima in der Gruppe gegeben ist)
  • Frage nach sachlichen Bedingungen

  • Beispiele für Fragen, um Denk- und Verstehensprozesse anzuregen und sachbezogenes Arbeiten zu unterstützen.
  • Wie bist Du zu dieser Meinung gekommen? (lebensgeschichtlicher Hintergrund)
    Warum ist das Thema für Dich wichtig?
    (persönliche Bedeutung)
    Was spricht Dich besonders an?
    (persönliche Bedeutung)
    Würdest Du das Deinen Kindern empfehlen? Würdest Du Deine Kinder so erziehen?
    (persönliche Bedeutung)
    Kannst Du das bejahen / verneinen? Warum?
    (Zustimmung; Ablehnung)
    Was bedeutet das für Dein Handeln?
    (handlungsorientierende Bedeutung)
  • Was bedeutet dieses Wort / dieser Begriff?
    (sachlicher Gehalt)
    Welche Voraussetzungen hat diese Aussage? Wovon hängt diese Aussage / dieser Begriff ab?
    (sachliche Voraussetzungen / Ursachen)
    Welche Folgen / Wirkungen ergeben sich aus dieser These / Ansicht?
    (sachliche Folgen / Wirkungen)
    Wie unterscheidet sich diese These / Ansicht von einer anderen?
    (sachliche Differenz)
    Sollten das alle Menschen denken / tun?
    (allgemeine Bedeutung)
    Was würde geschehen, wenn alle dieser Ansicht folgen würden / nach dieser Ansicht handeln würden?
    (allgemeine Bedeutung)
    Schließen sich diese Sichtweisen gegenseitig aus?
    (Heterogenität)
  • Beispiele für Fragen, um Denk- und Verstehensprozesse anzuregen und sachbezogenes Arbeiten zu unterstützen.

Das Vergleichen und das Aufdecken von Zusammenhängen kann, neben dem diskursiven Dialog, auch andere verbale und nonverbale Ausdrucksformen finden.

– Verbale Ausdrucksformen

— Entwicklung eines Rollenspiels / Films, in der Ursachen und Folgen erzählt werden

— Verfassen einer Erzählung

— Verfassen eines Liedes oder Gedichts

– Nonverbale Ausdrucksformen

— Zeichnen eines Bildes, eines Comics

— Pantomime

Inhaltliche Hinweise zum christlichen Gottesbild

Aus neutestamentlicher Perspektive können u.a. folgende vier Gesichtspunkte das christliche Gottesbild umreißen:

 

  1. Die Zeit ist erfüllt

In Jesus Christus wird endgültig sichtbar, was Gott den Menschen mitteilen möchte und wozu Gott die Menschen bestimmt hat. Damit ist das Leben Jesu und das Zeugnis vom auferstandenen Christus das, woran das Leben jedes Menschen Maß und Orientierung findet. In seine und in die Lebensgeschichte jedes Menschen ist damit eine Zielmarke eingestiftet, die hier und jetzt gegenwärtig ist. Die Botschaft Jesu Christi ist lebendige Wirklichkeit. Sie wird durch Zeugen hier und jetzt verständlich. Die Fülle der Zeit ist schon da (Gal 4,4).

Damit gibt das Neue Testament auf die Frage „Bist du es, der da kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?“ (Mt 11,3) eine positive Antwort (sonst wäre es nicht geschrieben worden). Fülle der Zeit meint damit auch, dass die Grundfrage des Menschen nach dem Sinn seines Lebens eine Antwort gefunden hat.

  1. Das Reich Gottes ist nah

Dass das Reich Gottes nah ist, ist eine zentrale Aussage des Evangeliums. Gott ist für alle Menschen zugänglich und nicht, wie es andere Religionen meinen, irgendwo in einem gesonderten Bezirk (fanum) verborgen, den nur wenige Auserwählte betreten dürfen. In dem Begriff „Reich Gottes“ ist eingeschlossen, dass Gott sich den Menschen von selbst zuwendet, sich aus freier Liebe öffnet und die Gemeinschaft mit ihm schenkt. Die Gemeinschaft mit Gott ist kein Produkt menschlicher Leistungen auf persönlichem, moralischem oder politischem Gebiet; sie ist nicht vom Menschen machbar, sondern vorgängig von Gott geschenkt.

Damit kommt eine für den Menschen wichtige Frage in den Blick: Was muss er tun, um endgültig am Glück teilhaben zu können. Die Antwort des Evangeliums lautet, dass das endgültige Glück bereits geschenkt ist, also dafür keine Leistungen erbracht werden müssen. Es kommt nur darauf an, das auch zu sehen. Das ist im Angesicht der Katastrophen und des Leids, dass Menschen erleben, nicht einfach.  Deshalb ist auch die Umkehr gefordert.

Die Besonderheit des Evangeliums liegt darin, dass Gott als ein personales Gegenüber erkennbar wird. Das findet seinen Ausdruck im Vaterunser (Mt 6,5ff). Der Clou dabei ist, neben der vertraulichen Anrede Abba, dass Gott als Person den Menschen anspricht. Der Mensch steht nicht einer anonymen Macht, einer blinden Kraft oder einem unzugänglichen Gesetz gegenüber, sondern einem Antlitz, einem Du, das er ansprechen kann. Diese Aussage wird einmal durch den Aspekt der Gottesfreundschaft vertieft (Joh 15,15: Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.) Gottesfreundschaft meint eine Rangerhöhung des Menschen ohne gleichen, denn sie befreit den Menschen aus der sklavischen Angst vor unbekannten Mächten. Dazu gehört als zweiter Aspekt die Vertrautheit Jesu Christi mit der Situation des Menschen (Hebr 4, 14f: Da wir nun einen erhabenen Hohenpriester haben, der die Himmel durchschritten hat, Jesus, den Sohn Gottes, lasst uns an dem Bekenntnis festhalten. Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht mitfühlen könnte mit unserer Schwäche, sondern einen, der in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat.)

  1. Kehrt um

Umkehr bedeutet im Evangelium das Gewinnen einer neuen Sichtweise auf die Wirklichkeit: Der Mensch soll bewusst und verantwortet ein neues Lebensziel annehmen, er soll sich dafür entscheiden, die Wirklichkeit in einem anderen Lichte zu sehen. Dieses neue Licht zeigt den Menschen die Wirklichkeit als ein Geschenk Gottes, dessen Grundgesetz Liebe und Barmherzigkeit ist und nicht Angst, Bedrohung, Unsicherheit oder Selbstsucht. Umkehr bedeutet, die Sichtweise auf die Welt zu verlassen, die sich auf Grund der Endlichkeitserfahrung des Menschen fast von selbst aufdrängt, nämlich dass das Leben ‘kurz und traurig‘ ist, für dessen Ende ‘es keine Arznei gibt‘, denn der Mensch ‘ist durch Zufall geworden‘ und am Ende wird es sein, als ‘wäre er nie gewesen‘ (Weis 2,13ff). Umkehr bedeutet, das Leben in der Perspektive des Evangeliums wahrzunehmen und nicht in der Perspektive des Leidens und des Verlusts. Umkehr ist daher etwas völlig anderes als moralische Anstrengung: Sie geht der veränderten Lebensweise voraus.

4. Glaubt dem Evangelium

Das Wort Evangelium fasst die Botschaft Jesu Christi zusammen und meint die Erkenntnis und Erfahrung, dass Gott den Menschen grenzenlos liebt und diese Liebe unwiderruflich ist. Glaube meint sowohl eine Erkenntnis wie auch, das Vertrauen auf Jesus Christus zu setzen und sich an seine Person zu binden. Der Aspekt der Erkenntnis durch Vertrauen ist bedeutsam, weil er die Aussage von Joh 15,15 aufgreift: Es kann keinen Zweifel mehr an den Absichten Gottes und dem Ziel des Menschen geben. Die Gottesfreundschaft zeigt sich in der Klarheit über den Willen Gottes. Das steht im Gegensatz zur Annahme anderer Religionen und Weltanschauungen, die das Ausgeliefertsein an ein unbekanntes Geschick in Bildern wie der Launenhaftigkeit der Götter, der undurchschaubaren Schicksalsgöttinnen (Nornen, Parzen, Moiren) oder – neuzeitlich-naturalistisch gewendet – der Mechanik der Naturgesetze ausdrücken.

Wie der Blick auf das Leben Jesu zeigt, bedeutet die Liebe Gottes nicht, dass der Mensch in ein Schlaraffenland versetzt wird. Die Aufgaben, die Fährnisse, die Leiden des Lebens werden nicht weggenommen, aber sie werden in einen neuen Kontext gestellt, nämlich den, dass es zukünftig einen Sinn gibt, der erfüllt wird.