Pater Dr. Peter Uzor: „Allerheiligen ist ein Fest der Nähe Gottes“

 

In seiner Auslegung der Lesungen (Offb 7,2-4.9-14 | 1 Joh 3,1-3) und des Evangeliums (Mt 5,1-12) zum heutigen Festtag Allerheiligen beschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Dr. Peter Uzor, wie Allerheiligen Himmel und Erde auf besondere Weise verbindet.

 

Anbei die Worte seiner Predigt:

 

Heute feiern wir ein Fest, das auf besondere Weise Himmel und Erde miteinander verbindet – das Hochfest Allerheiligen.

Es ist ein Fest der Freude, ein Fest der Hoffnung, ein Fest der Nähe Gottes.

Wir blicken heute nicht nur auf die großen Heiligen, deren Namen wir kennen, die in Kirchenfenstern leuchten oder in Heiligenlegenden beschrieben werden. Wir feiern heute die unzählige Schar, von der die Offenbarung des Johannes spricht – Menschen aus allen Nationen und Völkern, die Gott ihr Herz geöffnet haben und nun vor seinem Thron stehen, „bekleidet mit weißen Gewändern“ (Offb 7,9).

Wenn wir das Wort „Heiliger“ hören, denken viele zuerst an außergewöhnliche Gestalten wie – Franz von Assisi, Mutter Teresa, Edith Stein. Menschen, die scheinbar Übermenschliches geleistet haben. Und ja, sie sind große Vorbilder. Aber heute erinnert uns die Kirche daran:

Heiligkeit ist kein Sonderweg für wenige Auserwählte. Heiligkeit ist das, wozu wir alle berufen sind.

Der heilige Johannes schreibt im zweiten Lesung: „Seht, welche Liebe der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es!“ (1 Joh 3,1)

Das ist der Kern aller Heiligkeit: Kind Gottes zu sein. Nicht, weil wir perfekt wären, sondern weil Gott uns liebt – zuerst, bedingungslos, ohne Vorleistung.

Heiligkeit ist nicht etwas, das wir uns „erarbeiten“ könnten. Sie ist Gnade – ein Geschenk, das uns in der Taufe geschenkt wurde. Darum tragen die Heiligen in der Offenbarung „weiße Gewänder“: Sie haben ihre Kleider im Blut des Lammes gewaschen. Ein paradoxes, aber tiefes Bild:
Nicht wir reinigen uns selbst – Christus reinigt uns. Nicht wir schaffen Heiligkeit – Gott schenkt sie.

Vielleicht denken manche: „Ich bin kein Heiliger. Ich habe Fehler, ich bin ungeduldig, manchmal mutlos.“ Aber gerade da beginnt Heiligkeit.

Heiligkeit bedeutet nicht, ohne Fehler zu sein, sondern Gott Raum zu geben, mitten in unserem unvollkommenen Leben.

Heiligkeit wächst in kleinen Schritten: im geduldigen Zuhören, im ehrlichen Vergeben, im Mut, Frieden zu stiften, im Vertrauen, auch wenn das Leben dunkel scheint.

Die Heiligen, die wir heute feiern, lebten nicht alle im Kloster. Viele waren Eltern, Arbeiter, Kinder, Jugendliche, Lehrerinnen, Krankenpfleger, Nachbarn – Menschen, die Gott im Alltäglichen gesucht und gefunden haben.

Das Fest Allerheiligen sagt uns: Heiligkeit ist möglich – auch für dich, auch für mich.

In der Offenbarung heißt es: „Ich sah eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen.“ (Offb 7,9) Wie tröstlich ist das!

Der Himmel ist nicht exklusiv. Er ist offen. Heiligkeit kennt keine Grenzen von Nation, Hautfarbe, Sprache oder Kultur. Jeder Mensch, der sich Gott anvertraut, der versucht, nach der Wahrheit zu leben, gehört zu dieser Gemeinschaft der Heiligen.

Das ist auch der tiefste Sinn unserer Gemeinschaft der Kirche – wir sind Teil eines großen, weltweiten und himmlischen Volkes Gottes.

Im Evangelium hören wir die Seligpreisungen – die „Verfassung“ des Reiches Gottes. Jesus preist nicht die Erfolgreichen oder Mächtigen selig, sondern die Armen, die Trauernden, die Friedfertigen, die Barmherzigen. Das klingt fast wie eine Umkehrung unserer Weltordnung. Aber gerade darin zeigt sich das Wesen der Heiligkeit:

Heilig ist, wer sich vom Geist Jesu prägen lässt, wer liebt, wo andere hassen; wer hofft, wo andere verzweifeln; wer dient, wo andere herrschen wollen.

Die Seligpreisungen sind kein schöner Traum, sie sind eine Einladung, unser Leben in diesem Sinn zu gestalten. Und sie tragen eine Verheißung in sich: Wer so lebt, wird schon jetzt etwas vom Himmel spüren – mitten auf Erden.

Vielleicht sind wir heute hier und denken auch an Menschen, die uns vorausgegangen sind – Eltern, Großeltern, Freunde, die uns geprägt haben. Viele von ihnen haben nie Schlagzeilen gemacht, aber sie waren für uns Lichtträger: durch ihre Güte, ihren Glauben, ihre Treue. Auch sie gehören zu den Heiligen, die wir heute feiern. Und sie sagen uns: „Habt Mut! Der Weg des Glaubens lohnt sich. Das Leben hat ein Ziel, das größer ist als alles, was wir sehen.“

Allerheiligen ist kein Tag, um sich klein zu fühlen, sondern um groß zu denken – im Licht Gottes.

Wir alle sind berufen, heilig zu sein – nicht durch unsere Kraft, sondern durch Gottes Liebe, die in uns wirkt. Darum dürfen wir heute beten: Herr, mach uns wach für dich, offen für dein Wort, und bereit, Spuren deiner Liebe zu hinterlassen – in unseren Familien, an unseren Arbeitsplätzen, in unserer Welt.

So werden wir, Schritt für Schritt, Teil jener großen Schar, die einst vor deinem Thron steht, in weißen Gewändern – nicht makellos, aber ganz erfüllt von deiner Gnade. Amen.

Anbei ein schönes Lied von Samuel Harfst, das die Worte von Pater Peter nachklingen lässt:

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