
Pater Christoph Kreitmeir: „Der Glaube an Gott bewahrt uns im Leid“
In seiner Predigt zum Fest der Kreuzerhöhung 2025 (Lesung: Phil 2, 6-11; Evangelium: Joh 3, 13-17) beschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir den tiefen Sinn, der sich hinter dem Kreuz verbirgt.
Anbei die Worte der Predigt von Pater Kreitmeir als Audio-Datei und anschließend im Textformat:
Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz, mit den Rückenbeschwerden, die in unserem Land zu einer Volkskrankheit geworden sind. Viele haben es „im Kreuz“, so sagen sie; aber viele haben es nicht mehr „mit dem Kreuz“ als religiösem Zeichen des christlichen Glaubens. Das Kreuz und der dahinter stehende Glaube verschwindet mehr und mehr aus dem Bewusstsein und aus der Öffentlichkeit. Es passt vielen nicht mehr in die Landschaft und schon gar nicht mehr in Schulen und öffentliche Gebäude. Gott sei Dank gibt es in den Krankenzimmern unseres über 40-jährigen Ingolstädter Klinikum noch Kreuze, wo der glaubenswillige kranke Mensch sich im Blick darauf vielfach Kraft und Trost in seinem Leid holen kann. In neueren Krankenhäusern gibt es diese religiösen Symbole nicht mehr.
Mit Kreuz und Leid hat man nicht gerne zu tun und man lenkt sich heute viel lieber durch alles Mögliche ab, die Sinnbotschaft hinter dem Kreuz Jesu wird immer weniger verstanden. Dabei ist die Rede vom Kreuz schon immer Torheit und Ärgernis gewesen. Das erste Kreuz, das man in den Katakomben Roms vorfand, war das Spottkreuz in Form eines Graffitis an der Wand: Ein Mensch mit Eselskopf hängt am Kreuz und ein Mitsoldat spottet: „Alexamenos betet seinen Gott an!“ Schon damals wurde der an Jesus Glaubende verspottet, weil man nicht nachvollziehen konnte, dass ein Gott am Kreuz leidet und stirbt.
Das geht unendlich vielen Menschen auch heute so. Und es geht auch nicht wenigen Christen so. Viele denken und reden: Das Leid ist ein Zeichen von Gottes Abwesenheit. Gott hat mich verlassen oder er bestraft mich. Nein, genau das Gegenteil ist der Fall:
Gott lässt mich nicht allein, auch nicht im ungelöstesten und unlösbarsten aller menschlichen Probleme, im Leiden. Gott hat keine Theorie darüber entworfen, er leidet mit.
Am christlichen Glauben überzeugt mich vor allem dies: Der Gott, an den wir glauben, geht an den offenen Wunden nicht vorbei, er trägt sie selbst, und er hat die Kraft, sie zu verwandeln.
Für fast jeden Menschen gibt es Kreuz und Leid. Die Kraft, es tragen zu können, kommt auch vom Blick auf den gekreuzigten und erhöhten Herrn. Das Kreuz wurde nicht deshalb zum Sinnsymbol des Christentums, weil es das Leid verherrlichend darstellte, sondern weil es zum großen Pluszeichen werden konnte. Warum? Weil Jesus alles Leid der Welt durch seinen Tod am Kreuz in die Sinndimension Auferstehung und neues Leben hob. Das Schreckliche, das Leidvolle, das Unverständliche und Unaushaltbare, letztlich der Tod selbst haben nicht das letzte Wort. Unser Leben ist nicht eine Zeitspanne vom Nichts zum Nichts, sondern ist von Gottes Zusage getragen: „Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.“ (Gottesloblied Nr. 336, 1. Strophe)
Der Glaube an Gott bewahrt uns nicht vor Leid, er bewahrt uns aber im Leid. Christus erlöste uns nicht vom Kreuz, sondern durch das Kreuz.
So bekennen wir es auch bei der Kreuzverehrung am Karfreitag: „Seht das Holz des Kreuzes, das Heil der Welt. Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.“
Bedenken wir einmal das Wort des leidgeprüften Ludwig van Beethoven: „Die Kreuze im Leben des Menschen sind wie die Kreuze in der Musik: Sie erhöhen.“
Je älter ich werde, umso mehr spüre ich: Man kann sein Leben nicht verlängern oder verbreitern, nur erhöhen oder vertiefen. Es kommt nicht darauf an, wie alt man wird, sondern wie man alt wird. Der Blick auf den gekreuzigten Heiland, der das Leid der Welt durch seine Liebe erlöst hat, kann dabei sehr helfen.
„Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden, keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden. Seine Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht.“ (Gottesloblied Nr. 336, 2. Strophe). Amen.
Anbei das von Pater Kreitmeir angesprochene Lied „Jesus lebt, mit ihm auch ich“:
Hinweis: Mehr geistliche Impulse von Pater Kreitmeir gibt es auf seiner Webseite unter: