
Pater Christoph Kreitmeir ermutigt zu einer demütigen Grundhaltung
In seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium (Lk 18, 9-14) beschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir die beiden Grundtypen des Evangeliumstextes: den Pharisäer und den Zöllner.
Anbei die Worte der Predigt von Pater Kreitmeir als Audio-Datei und anschließend im Textformat:
Im heutigen Evangelium erzählt uns Jesus von zwei Menschen, die sich mit der Frage „Wer bin ich?“ beschäftigen. Diese Frage ist die Urfrage des Menschen. Sie führte ihn vom Affen zum Homo sapiens und man kann es in der Entwicklung von Kleinst- und Kleinkindern direkt miterleben, wie sich das Bewusstsein eines eigenen ICHs, einer Persönlichkeit herausbildet. Im Evangelium bekommt diese eher philosophisch-psychologische Frage eine spirituelle Note: „Wer bin ich vor Gott?“ Es sind dies ein Pharisäer und ein Zöllner, die dieser Frage im Gebet vor Gott auf sehr unterschiedliche Weise nachgehen.
Der Pharisäer tritt sehr selbstbewusst und aufrecht vor Gott hin. Er weiß um all das, was ER für Gott tut; wie ER sich bemüht, ein gottgefälliges Leben zu führen. Die Gesetze und Normen der Thora sind eine wichtige Anleitung für sein Leben und er ist bemüht, all die überlieferten Vorschriften gesetzestreu zu befolgen. Fasten und Almosen geben sind Zeichen für dieses „gottgefällige“ Leben. Im Erkennen seiner Unterschiede zu anderen ist der Pharisäer geradezu stolz. Ja er dankt Gott dafür, dass er eben nicht so ist wie die anderen Menschen.
In der bewussten Abgrenzung zu den Anderen findet der Pharisäer seine Einzigartigkeit, sein ICH vor Gott. Die Frage ist aber, ob dieses ICH vor Gott dann auch ein Gewicht hat?
Mit einem ganz anderen Selbstverständnis beschreibt Jesus den Zöllner. Dieser weiß um seine Schwächen und Fehler und ist deshalb völlig niedergedrückt. Immer wieder wird ja den Zöllnern vorgeworfen, dass sie zu viel an Steuern von den Händlern und Reisenden fordern, wenn diese die Stadt betreten wollten. Sie gelten auch als diejenigen, die mit den Herrschenden paktieren und ihr eigenes Schäfchen ins Trockene bringen. Dieses Wissen um seine Schuld Gott und den Menschen gegenüber lässt den Zöllner nur aus einer großen Distanz Kontakt zu Gott aufnehmen. Tief gebeugt und demutsvoll bekennt er sich als Sünder.
Beide Grundtypen gibt es auch heute, wir kennen sie.
Schier unerträglich ist das aufgeblähte Getue und Geblöcke eines US-Präsidenten Trump, der jedem, der es hören oder nicht hören will, lauthals verkündet, wie toll und überaus wichtig er ist. Ist er das wirklich? Ist er das vor allem vor Gott? Keiner traut sich, ihm den Spiegel der echten Selbsterkenntnis vorzuhalten, weil seine Rache gegen all die, die nicht für ihn sind, allüberall bekannt ist.
Und da gibt es eine Bischöfin der Episcopalkirche der USA, Mariann Edgar Budde, die wohl ihren eigenen Wert im Laufe des Lebens immer wieder neu geprüft hatte und deshalb diesen Präsidenten demütig und mutig öffentlich bei seinem Amtsantritt an christliche Werte erinnerte. Dieser beschimpfte sie später dafür (siehe HIER).
In ihrem Buch „Mariann Edgar Budde, Mutig sein“ erklärt sie auf sehr authentische Weise, wie wie wir lernen können, demütig und mutig zu sein. Es geht um Entscheidungen: zu gehen, zu bleiben, etwas Neues zu beginnen, zu akzeptieren, was wir nicht gewählt haben, sich Herausforderungen zu stellen, mit Enttäuschungen umzugehen und Beharrlichkeit aufzubringen.
Jesu Worte am Ende des Evangeliums „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ gibt eindeutig den Weg vor, welche Haltung vor Gott zu einem Wohlgefallen führt.
Psychologisch stimmt diese Haltung aber auch, denn „Hochmut kommt vor dem Fall“, leider oft sehr spät zwar, aber ganz sicher. „Mache dich klein, aber nicht gemein“ oder „Demut, diese schöne Tugend, ehrt das Alter und die Jugend“ sind Beispiele aus dem deutschen Sprichwörterschatz, welche die Weisheit des Kleinen kennen. Wenn Demut aber nur gespielt oder geheuchelt ist, dann sagt ein deutsches Sprichwort: „Zuviel Demut stinkt nach Hochmut.“
Der Zöllner in mir zeigt mir, dass mir so manches trotz meiner Talente nicht gelingt und ich mich auch ab und an unzulänglich fühle. Auch, wenn es mir nicht leicht fällt, Versagen einzugestehen, ich weiß, dass dies die Voraussetzung für ein neues und besseres Verhältnis zu Gott und den Menschen ist. Der Zöllner in mir vertraut auf Gottes verständnisvolles Ohr und sein barmherziges Herz. Er weiß, dass Gott ihn nicht wegen seiner Fehler wegschickt, sondern eine Chance zum Neubeginn gibt.
Der Pharisäer in mir, der es nicht zu bunt treibt mit übertriebenem Selbstbewusstsein und aufgeblähter Selbstdarstellung, der gesunde Pharisäer in mir also zeigt mir, dass ich manchmal auch aufrecht vor Gott stehen darf, weil ich um all das weiß, was mir gelingt und was mir auch geschenkt ist. Dankbarkeit und nicht Hochmut sind da angesagt. Dienstbereitschaft und nicht Zweiklassendenken. Der Pharisäer in mir lehrt mich, dass ich kein unmündiger Mensch bin und es vor Gott auch nicht zu sein brauche.
Amen.
Hinweis: Mehr geistliche Impulse von Pater Kreitmeir gibt es auf seiner Webseite unter:


