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Seine Auslegung zur Lesung (Offb 11,19a; 12,1-6a.10ab) und zum Evangelium zu Mariä Himmelfahrt (Lk 1, 39-56) stellt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir unter die Überschrift „Zeichen am Himmel“. Dabei betont er:
„Da, wo der Glaube den Himmel aus den Augen verliert, verliert er seine innere Tiefe, seinen Trost, seinen Reichtum.“
Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format:
Vielleicht können Sie sich noch an den 11. August 1999 erinnern. Damals gab es in Europa für wenige Minuten eine totale Sonnenfinsternis. Ich kann mich sehr gut daran erinnern. Ich war damals Kurseelsorger und Pfarrer in Füssen im Allgäu. Es war wirklich gespenstisch. Die Vögel begaben sich zur Ruhe, es wurde mitten am Nachmittag stockdunkel und mir war selbst unwohl bei diesem Geschehen.
Die Gefühle pendelten damals zwischen Weltuntergangs- und Jahrmarktstimmung, zwischen Panik und Party hin und her. Diese Sonnenfinsternis und die nahe Jahrtausendwende waren für Hobbyastrologen und selbsternannte Unheilspropheten eine wunderbare Kombination.
Der Mond versperrte für ein paar Minuten unseren Ausblick auf die Sonne. Dieses Zeichen am Himmel hat – allen Unkenrufen zum Trotz – an unserem Leben nichts geändert. Weder ging die Welt unter, noch ist eine vielbeschworene Zeitenwende eingetreten.
Von einem großen Zeichen am Himmel war auch in der Lesung aus der Offenbarung des Johannes die Rede: „Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“
Seit jeher sieht die Kirche in dieser Beschreibung eine Anspielung auf Maria, die Gottesmutter: Maria, der Welt entrückt, uns entzogen, fern von den Menschen. Maria als Himmelskönigin, als mächtige Herrscherin, mit göttlichem Glanz.
Ist diese Frau wirklich unserer Welt entrückt oder ist gerade sie ein Beispiel dafür, wie realistisch ein Mensch sein kann, der lernt, Gott zu vertrauen?
Als junge Frau empfängt Maria die Botschaft, dass sie vom Hl. Geist überschattet den Messias gebären soll. Und sie antwortet: „Mir geschehe, wie Du es gesagt hast.“ Das ist der wichtigste Satz, den je ein Mensch auf dieser Erde gesprochen hat. Er ist der Beginn unserer Erlösung in Jesus Christus.
„Mir geschehe“ antwortet sie, und nicht etwa: „Ich werde das tun. Ich kann das. Das vermag ich zu leisten.“
„Mir geschehe.“ Darin liegt eine große Demut.
„Mir geschehe.“ Es ist, als ob sie sagen will: „Ich kenne deinen Willen nicht. Ich weiß nicht, was du von mir in Zukunft verlangst. Aber ich vertraue dir. Deshalb traue ich dir mein Leben an.“
Und dieses Leben hat seine Vollendung gefunden. Ihr Vertrauen auf Gott, ihre Hingabe an den Willen Gottes auf Erden ist belohnt worden: Mit dem ewigen Leben im Himmel.
Himmel, Ewiges Leben, damit kann man heute wenige Menschen, leider auch immer weniger Christen locken. Früher warf man der Kirche vor, die Menschen mit dem Himmel zu vertrösten und von den Problemen auf der Erde abzulenken. Karl Marx schimpfte über den Glauben, er sei „Opium fürs Volk“. Und Heinrich Heine spottete in seinem Gedicht „Deutschland – Ein Wintermärchen“: „Den Himmel überlassen wir den Spatzen und Engeln …“
Heute besteht die Gefahr, den Himmel aus dem Blick zu verlieren, der Glaube wird immer mehr zu einer rein horizontal ausgerichteten Ethik, zu einem Gutmenschentum mit christlichem Mäntelchen.
Da, wo der Glaube den Himmel aus den Augen verliert, verliert er seine innere Tiefe, seinen Trost, seinen Reichtum.
Da, wo die Menschen den Himmel aus dem Blick verlieren, sucht man kein Heil, sondern nur Problemlösungen, da findet man keinen Heiland mehr, sondern nur noch Problemlösungsmanager oder innerweltliche Messiasse, wie sie von Zeit zu Zeit auftreten.
Mit ihrer Seele und mit ihrem Leib ist Maria ganz in den Himmel aufgenommen worden. Das ist der Glaube der Kirche seit alters her. Das Fest ihrer Himmelfahrt wird schon seit dem frühen fünften Jahrhundert gefeiert. Papst Pius XII. erhob diese Lehre zum Dogma, zur von Gott offenbarten Glaubenswahrheit.
Keine Heiligengestalt der Kirche ist in so vielen Lebenslagen, Gesichtszügen und Herzenshaltungen im Bild und Wort dargestellt worden, wie Maria. Die Identifikation mit ihr, der Frau aus dem Volk und der Königin des Himmels, leuchtet die ganze Bandbreite menschlichen Lebens aus.
Sie, die Ja gesagt hat zur Botschaft des Engels, ohne zu wissen, wie tiefgreifend sich ihr Leben dadurch verändern würde.
Sie, die unter dem Kreuz so tapfer und glaubensstark aushielt und ihren toten Sohn in die Hände nahm, die einst das Geschenk des göttlichen Kindes von Bethlehem hielten.
Sie, die nach Ostern bei den Jüngern Jesu bleibt, deren banges Hoffen teilt und mit ihnen betet um den Geist von oben.
Maria weiß, was Leben ist … und kann uns dabei helfen, das Leben … unser Leben tiefer verstehen zu lernen.
Alles, was zwischen Schmerz und Freude liegt, was Leib und Seele betrifft, hat mit Gott zu tun. Erst wo ich das ganze Spektrum meines Lebens Gott anvertraue, geht ein tiefer Sinn auf.
Diese Wahrheit unseres Glaubens bezeugt das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Die Freude über die Gewissheit, dass nichts, aber auch gar nichts von unserem Mühen und Ringen verloren geht, dass keine Widrigkeit ohne Sinn ist und kein Schmerz und Leid ohne Trost bleibt, begründet unsere Zuversicht und Hoffnung. In der Krankenhausseelsorge, wo mir tagtäglich viel Leid begegnet, wäre ich ein hilfloser Helfer, wenn ich diese Glaubensgewissheit nicht hätte:
Mit Gottes Hilfe bekommt ALLES einen echten Sinn.
Was für eine kraftspendende Hoffnung ist das? Nicht nur nach dem Tod, sondern gerade für mein Leben hier und jetzt. Dieses Leben liegt noch in seinen Geburtswehen zum eigentlichen Leben.
Nichts geht bei Gott verloren – Alles bekommt einen anderen, tieferen und tragenden Sinn!
Wer wie Maria sich ganz auf Gott hin öffnet und ihn wirklich in sein Leben mit hineinnimmt, der wird davor bewahrt, nur um sich selbst zu kreisen. Wer von sich und seinem EGO wegsehen kann, der wird im Blick auf andere und auf Gott hin wirklich frei. Amen.
Anbei eine Interpretation des „Ave Maria“ von Helene Fischer: