Anbei die Auslegung von Pater Christoph Kreitmeir zu Mt 3, 1-12 als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Ich gehöre mit meinen sechzig Jahren zu einer Generation, die als junger Mensch mit Friedensbewegung, Greenpeace, Antiatomkraft, Proteste gegen Wackersdorf, Mutlangen und vielem mehr groß geworden ist. Der Bericht „Global 2000“ brachte schon vor über 20 Jahren drohende Entwicklungen zu Gehör, die niemand hören wollte. Immer schneller, immer höher, immer mehr wurde und wird auf die Zeichen der Zeit nicht gehört. Die daraus folgenden Konsequenzen zeigen sich nun immer stärker auf erschreckende Weise.

Heute demonstrieren Jugendliche bei „Fridays for Future“ für ihre Zukunft und die sogenannte „Letzte Generation“ legt mit ihren hinterfragbaren Aktionen auf sehr drastische Weise die Finger in offene Wunden. Dabei bewirken sie nicht selten das Gegenteil. Mahnende Worte zur Umkehr, zum STOP, zur Wende sind so notwendig, so not-wendend, nur prallen sie meist an tauben Ohren ab.

Die Aufforderung zur Umkehr bei Johannes dem Täufer im heutigen Evangelium kommt auch mit harten, ermahnenden und wachrüttelnden Worten daher.

Er zog viele Anhänger in die Wüste, die sich von ihm zur Umkehr bewegen ließen. Nur waren es halt wieder nicht die, die es hätten sein sollen: Die Mächtigen, die Reichen, die, welche durch ihren Einfluss wirklich etwas ändern könnten. Solche deutlichen Worte wie von Johannes oder heutigen „Propheten“ wollen wir heute wie damals irgendwie nicht (mehr) hören. Irgendwie scheinen wir immun gegen heilsame Veränderung geworden zu sein und schlingern deswegen dem Abgrund entgegen. Dies gilt wirtschaftlich, sozial, politisch, kulturell und auch religiös.

Religiös sein heißt nämlich noch lange nicht, Gott oder Jesus verstanden zu haben und in deren Gesinnung zu handeln.

Ein Hauptvorwurf vieler Menschen heute an die Kirchenleute lautet: Zu viel Routine, man hört fast nur noch Schablonen von Erlösung und Heil, Worte, die nicht greifen, denen das Packende fehlt. Die Folgen sieht man ja: Die Menschen laufen in Scharen den Kirchen davon oder sie leben nach der Devise „Ich glaube nichts und mir fehlt auch nichts.“ Andererseits gibt es spirituelle Aufbrüche außerhalb und Gott sei Dank auch innerhalb der Kirchen, deren Echtheit und Intensität auch kritischer Beurteilung stand halten. Die Frage nach der Fruchtbarkeit des religiösen und kirchlichen Lebens und Wirkens, nach den Früchten der Umkehr stellt sich in Zeiten auch und vor allem kircheninterner Krisen tatsächlich mit großer Dringlichkeit.

„Gott ist nicht tot, er ist innen, in der Tiefe unseres Herzens“, sagen Gottsucher und Gottsucherinnen, die IHN in sich entdeckt haben.

Die Gottesferne unserer Zeit, über die so häufig geklagt wird, hat meiner Meinung nach ihren Grund darin, dass die Menschen das Sinnesorgan für Gott verloren haben.

Dass man Gott beglückend spüren, von ihm ergriffen sein, sich von ihm lenken lassen kann, das ist für die meisten undenkbar. Auch jene, welche von Berufs wegen über Gott reden, müssten sich fragen, ob sie diese Erfahrung kennen und sich danach orientieren. Ein mir bekannter Pfarrer sagte erst vor kurzem zu mir mit ernster Miene: „Ich habe die Transzendenz, den Bezug, das Gespür für Gott verloren.“

Die Umkehr, die von uns spirituell, gesellschaftlich, politisch und überhaupt gefordert wird, besteht darin, die Aufmerksamkeit von außen nach innen zu lenken und den Blick für das zu schärfen, was in uns selbst ist, was in der Tiefe unserer Seele vorgeht, von welchen Motiven wir geleitet sind und welche Möglichkeiten in uns ruhen. Dann kann es von einer inneren Betroffenheit hin zu einer inneren Wende führen und sich dann eine neue Ausrichtung des Empfindens und Denkens anbahnen. Dies liegt auf einer ganz anderen Ebene, als wenn wir uns immer wieder Vorsätze machen und sie doch nicht einhalten. Diese kommen vom Kopf her.

Echter Glaube kommt vom Herzen und echte Umkehr von innen her.

Wer hinter den äußeren und inneren Krisen, der Leere, des Schmerzes und des Nicht-mehr-weiter-Wissens entdeckt, dass da JEMAND da ist, der dich nicht fallen lässt und der gelingendes Leben will, der wird die Kraft aufbringen, sich und sein Umfeld zu ändern. Das kann Kreise ziehen und eine positive Kettenreaktion auslösen. Wir brauchen diese so sehr, o Gott. Höre uns und verändere uns und unsere unheile Welt.

Amen.