Anbei die Auslegung von Pater Christoph Kreitmeir zu Lk 20, 27-38 als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Ob es was genützt hat? Da wird Jesus von den Sadduzäern, die die Auferstehung der Toten leugnen, in ein Streitgespräch verwickelt, und siehe: Der Sohn des Zimmermanns schlägt sich recht wacker! Ziemlich clever versuchen sie, ihn mit Verweis auf das Gesetz Mose in den Treibsand spitzfindiger Auslegungen zu locken. Doch Jesus erweist sich als schriftkundiger Rabbi. Seinen Argumenten, insbesondere dem Hinweis auf die Berufung des Mose am brennenden Dornbusch, haben sie nichts entgegen zu setzen.

Aber ob es was genützt hat? Ob Jesus sie überzeugt hat?

Der erste Satz des heutigen Evangeliums hat mich beim Lesen schon etwas stutzig gemacht: „In jener Zeit kamen einige von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es ein Auferstehung gibt, zu Jesus …“. Wie wäre das denn „in dieser Zeit hier und jetzt in Deutschland“? Wie viele Menschen in unserem hauptsächlich christlich geprägten Land leugnen nicht nur die Auferstehung, sie glauben einfach nicht oder nicht mehr daran. Das Problem ist dann aber: Was glauben sie dann? Und welche Auswirkung hat das dann auf ihr Leben?

Gut, auch ich bin im Laufe meiner nun 60 Jahre ins Zweifeln, ja sogar ins große Straucheln gekommen bezüglich dieser Frage. ABER, verschiedenste Lebenserfahrungen, das stetige Weitersuchen nach tragenden Antworten über den Sinn des Lebens und ein eventuelles Danach, das innere Ringen und Beten und sicherlich auch das Vorbild von anderen Christen brachte mich wieder auf die Spur zurück.

UND, ich weiß heute umso mehr, welche Wirkung dieser Glaube auf mein Leben hier und jetzt hat.

Ich verliere einfach nicht die Hoffnung, ich bin getragen von dem Glauben, dass es mit diesem Leben hier auf Erden nicht getan ist. Von der Auferstehung andere überzeugen ist aber schwer bis unmöglich.

Auch Jesus war nicht gekommen, um Streitgespräche zu gewinnen. Er wollte Menschen – für das Reich Gottes – gewinnen.

Seine Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft will nicht nur unsere Köpfe erreichen, sie gilt dem ganzen Menschen – mit Kopf, Herz und Hand.

„Gott ist ein Gott der Lebenden“ (Lk 20,37). „Sie können nicht mehr sterben“ (Lk 20,36) sagt uns Jesus heute eindeutig. Es ist eigentlich eine Botschaft, die alles Denken um die Zukunft, um Absicherungen, um Ansehen und Karriere, um Geld und Vermögen umdrehen müsste. Stattdessen lässt diese seine Botschaft vom Reich Gottes und der Auferstehung die allermeisten Menschen kalt. Wer in der modernen Welt aufgewachsen ist, dem erscheint alles, was mit dem Tod zu tun hat, einfach nicht wichtig. Der Gedanke an den eigenen Tod und schon gar nicht an das, was nachher kommt, beschäftigt nur ganz wenige. Wie soll da eine Verheißung ankommen, die gar nicht gefragt ist? Warum haben diese Worte ihre Anziehung verloren?

Eine Diskussion über das Leben nach dem Tod weckt heute nur noch mittleres Interesse; man ist fixiert auf das, was hier und jetzt in dieser Welt geschieht.

Das Diesseits und ein halbwegs glückliches Leben hat heute Vorrang. Das Jenseits ist wage. Den Himmel überlässt der heutige Mensch, frei nach Heinrich Heine, lieber den Spatzen. Das Hier und Jetzt ist entscheidend, nicht eine ferne Zukunft – so denken die meisten. Die moderne Medizin ermöglicht zudem eine längere Lebenszeit und scheint damit diese Auffassung zu bestätigen. In Wirklichkeit gibt es in den Kliniken aber auch nicht wenige junge Krebspatienten und in den Todesanzeigen erscheinen viele Menschen im mittleren Alter.

Die Ewigkeit ist nicht die ferne Zukunft, sie ist schon hier und jetzt in der Gegenwart.

Unser zukünftiges Leben hängt von unserem jetzigen Leben mit ab. Die Ewigkeit greift in ganz besonderen Momenten schon heute in unser Leben hinein und dann spüren wir es, sind ergriffen und ahnen in solchen Momenten, dass es mit diesem Leben alleine nicht getan sein kann.

Was mit „ewig“ gemeint ist, liegt in der Tiefe und nicht in der Zukunft, in der Dichte, in der Intensität, im Erfüllt- und Ergriffen sein des Augenblicks.

Die Botschaft vom ewigen Leben ist so verstanden gar nicht so weit weg von der Einstellung des modernen Menschen, dem das Hier und Jetzt lieber ist als eine ferne Zukunft. Der Unterschied ist allerdings, ob man dieses Hier und Jetzt in der Ablenkung und in oberflächlichen Bedürfnissen sucht oder in der Tiefe des Herzens und der Vertiefung des Lebens.

Immer wieder erlebe ich am Sterbe- oder Totenbett im Krankenhaus, was wirklich im Leben eines Menschen gezählt hat: Hat er geliebt oder nicht?

Wenn er geliebt hat, dann erlebe ich das in den Reaktionen der Angehörigen und ich darf nicht nur spüren, sondern auch darin ermuntern, mit dem Verstorbenen in der Liebe über den Tod hinaus verbunden zu bleiben.

Die Liebe ist nämlich das Einzige was bleibt und was Ewigkeit und Heimat findet in Gott, der die Liebe ist. Auferstehen werden wir in der Liebe.

Die Hoffnung auf die Ewigkeit – richtig verstanden – bedeutet keine Einschränkung, keine Einengung und Verkümmerung unseres Lebens, sondern die Entscheidung dafür, dass wir schon jetzt so nach und nach zu einem neuen, intensiveren Dasein erwachen, zur Fülle des Lebens, zu einem Augenblick, der nie vergeht. Wenn uns das gelingt, werden wir unser Dasein von einer ganz anderen Perspektive betrachten. Wir werden etwas entdecken, das nicht mehr überboten werden kann und das manches in unserem Leben umkehrt.

Der mittelalterliche Mensch wusste: „Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen“. Kluge Christen drehen es um: „Mitten im Tod bist du vom Leben umfangen!“  Der Christ sieht den Tod mit anderen Augen. Gott sei Dank! Amen.

Hinweis: Einen aktuellen Live-Vortrag von Pater Kreitmeir zum Thema „Ist am Ende alles aus? Da muss noch was kommen“ gibt es auf seiner Webseite unter: www.christoph-kreitmeir.de

Anbei der Song „Ewig“ von Peter Maffay, der schön zum Ausdruck bringt, dass in der Liebe ein Stück Ewigkeit erfahrbar ist: