Michael Stahl im PG-Interview: „Man kann ohne Gott irgendwie leben, aber sterben kann man nicht ohne ihn“

Foto: privat
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Der ehemalige Promi-Bodyguard Michael Stahl, der heute als Fachlehrer für Selbstverteidigung, Gewaltpräventionsberater und Buchautor (u.a. „Kein Herz aus Stahl“) arbeitet, gab unserer Redakteurin Stefanie Maier ein Exklusiv-Interview für PromisGlauben.

Nach Mobbing-Erfahrungen in seiner Schulzeit machte Michael Stahl seinen Traum vom Starksein als Bodyguard wahr und schützte Stars wie Nena oder Boxlegende Muhammad Ali. Nach intensiven Jahren als Promi-Bodyguard, dem Tod von lieben Menschen, einem schweren Autounfall seiner Familie und einem Herzinfarkt im letzten Jahr ist sich der 48-jährige heute umso mehr gewiss, was im Leben wirklich trägt und wohin all seine Erfahrungen von Trauer, Trost, Dankbarkeit und Orientierung münden.

Im PG-Interview stand Michael Stahl, der mit seinem Team vom PROTACTICS e.V.  den Werte-Award und mehrfach die Auszeichnung „Sozial engagiert“ erhielt, Rede und Antwort zu seinem Glauben. Alles begann mit einer Herz-Jesu-Darstellung…

Stefanie Maier (SM): Hallo Michael, du hattest eine sehr bewegte Vergangenheit, wann und wie hast du zu einer Beziehung mit Jesus gefunden?

Michael Stahl (MS): Ich wuchs in großer Armut auf, wurde geschlagen, abgelehnt und bespuckt. Jesus lernte ich durch ein kleines Jesu–Bildchen kennen. Dies war so ein Herz-Jesu-Darstellung … und ich fragte mich, warum der Mann mit den Löchern in den Händen mich so liebevoll ansah. Ging ich nach rechts, so schaute er mich an. Auch wenn ich nach links ging, verfolgte mich sein liebevoller Blick. Eines Tages kroch ich unter das Bett meiner Eltern und schaute blitzschnell nach oben zum Bild und siehe da, sein Blick war immer bei mir. Das berührte mein kleines Herz. Meine Oma und meine Tante erzählten mir viel von Jesus und ich wusste, dass er mich immer versteht. Wenn man mich verletzte, sagte ich es ihm, wenn ich einsam war auch und als man mich bespuckte, zeigte ich ihm die Spucke meiner Verachter. Ich wusste ER versteht mich, weil er alles selbst durch- und erlebte. Oft verließ ich ihn, rannte weg und stürzte mich in so manches Unglück, doch er war treu. Er blieb und bleibt, wenn alle gegangen sind. Sein Name war und ist stets Programm „Rettung & Ich bin da“.

SM: Welche Bedeutung hat das Gebet für dich?

MS: Beten ist Kommunikation mit Gott, das Reden mit dem „Du“ gegenüber, mit meinem himmlischen Papa. Vor kurzem las ich in einem tollen Buch, dass jeder Mensch mit einer Frage auf die Welt kommt: „Wo bist Du?“. Mitten in diese Sehnsucht berührt mich Gottes Name „Jahwe“ so sehr, der bedeutet „Ich bin da“. Es gibt so sehr schlaue Leute, die behaupten sogar „Ich bin für Dich da“.

Not lehrt beten, heißt es im Volksmund. Auf der Titantic wurde gebetet und „Näher mein Gott zu Dir“ gesungen. In abstürzenden Flugzeugen wird gebetet. Als Schumi den schweren Skiunfall hatte, da las man in sämtlichen Zeitungen sogar auf der Titelseite „Betet für Schumi“. Beten ist etwas wunderbares, doch warum erst bei Tragödien? Wenn das Gebet die letzte Hoffnung, der Rettungsanker ist, … warum nicht heute im Hier und Jetzt? Ohne Katastrophen, einfach so mit Papa reden … Beten befreit, Beten schenkt Hoffnung, Beten gibt Kraft … Meine Familie erlitt 2010 einen schweren Autounfall, oft saß ich am Bett von Sterbenden … Beten ist das Atmen meiner Seele.

SM: Wieso ist es dir so wichtig, von deinem Glauben bei Veranstaltungen und öffentlichen Auftritten zu erzählen?

MS: Ich erlebte mit meinem Papa 2007 eine wunderbare Versöhnung. Dabei wurde das, was in mir verbittert und hart war, völlig verändert. Mein Papa war Alkoholiker, war ein harter Mann. Er war verletzend und ich wollte ihn verändern, anstatt ihn einfach zu lieben so wie er ist. Als ich ihn für meine Fehler um Vergebung bat und ihm meine Liebe aussprach, wurden unsere beiden Herzen lebendig. Wir öffneten beide unsere Herzen. Gott schenkte uns noch fast drei Jahre, in denen er sich mit vielem und auch mit Gott versöhnte und mit dem Trinken aufhörte. Vier Wochen bevor er in den Himmel ging, gab er mir die Erlaubnis unsere Geschichte zu erzählen. Sein Wunsch war es, dass Menschen die Macht der Versöhnung untereinander erleben und Gott, den Papa, kennenlernen. Nun gerade wird mein Herz wieder aufs Neue berührt. Es tut gut, Zeugnis abzulegen für das, was Gott getan hat.

Ich bin immer noch in einem Heilungsprozess und kann nur staunen über die Macht der Liebe. Ich möchte, dass dieser Funke um sich greift und die Welt in Brand setzt und unsere Herzen neu entzündet werden.

Foto: Bernhard Weichel (www.weichel21.de)

SM: Wie lebst du privat deinen Glauben?

MS: Ich lebe einfach. Habe meine Herz geöffnet, stehe zu meinen Schwächen und Ängsten. Ich bin einfach Mensch. Denn wenn selbst Gott Mensch wurde, dann darf ich das auch.

SM: Wie gibst du den Glauben an deine Kinder weiter?

MS: Siehe die Frage zuvor – dazu bete ich mit und für meine Kinder und segne sie.

Michael Stahl in seiner Zeit als Promi-Bodyguard mit Muhamad Ali
Michael Stahl und Muhammad Ali
(Foto: privat)

SM: Wie siehst du heute diese Glamourwelt, in der du dich als Bodyguard bewegt hast?

MS: Ich habe viele Stars erlebt, wenn die Scheinwerfer und die Kameras aus waren, und ich sah von vielen ihre „Einsamkeit“, den Druck „gefallen zu müssen“ …. aber um ehrlich zu sein, damals war ich selbst kaputt … mein Herz war hart und unversöhnt. Den Schmerz der anderen sah ich, meinen nicht bzw. wollte ihn nicht sehen. Für so manchen bete ich und ich segne sie, wir sind ja zum Segnen berufen – Gutes zusprechen.

SM: Wie kam es dazu, dass du deine Organisation PROTACTICS gegründet hast?

MS: Na ja mein Leben war ein Kampf, also betrieb ich Kampfsport. Ich hatte Sehnsucht nach Sicherheit, also ging ich in den Sicherheitsdienst. Früher betrieb ich das, um meine Minderwertigkeit zu kompensieren. Heute tue ich es aus Spaß an der Bewegung und um Menschen in ihrem Selbstwert zu stärken. Weiter möchte ich Möglichkeiten aufzeigen, dass sie erst gar nicht in gefährliche Situationen kommen, und wenn doch, wie man sich richtig verhält. Das Kämpfen selbst soll das allerletzte Mittel sein. Oft wurde ich gefragt, ob man als Christ kämpfen darf. Es ist eine Sache des Herzens! Welcher Mann schaut zu, wenn seine Frau überfallen wird? Welcher Vater, wenn seine Kinder entführt oder zusammengeschlagen werden? Und: Sollte sich eine Frau wehren oder vergewaltigen lassen?

Oft ist es so, dass verletzte Menschen andere verletzen oder ihr Mangel an Liebe sie dazu treibt. Und oft sind die Schwächeren das Ziel von Gewalt. Ich finde, wir alle sind Personenschützer, für uns selbst und für den Nächsten.

In diesem Dienst wurde und werde ich so oft mit Grauenvollem konfrontiert, deshalb bin ich so dankbar, ein wunderbares Netzwerk zu haben, welches aus Polizisten, Psychologen, Seelsorgern, Trainern, Profisportlern, Beratern besteht.

Daraus wurde: INTERNATIONAL PROTACTICS FEDERATION e.V.

Gewaltprävention, Selbstbehauptung, Inklusion, Opferhilfe u.v.m.

Eine wunderbare Truppe …. wir wissen ja, dass es nicht gut ist, wenn der Mensch alleine ist, deshalb bin ich so dankbar für dieses großartige Team, einen Verband mit christlicher Satzung, den es bereits in mehreren Ländern gibt. Dabei arbeiten wir mit allen Altersklassen, besonders auch in Gefängnissen, mit Straßenkinder, Jugendbanden usw. … mittlerweile auch im Heiligen Land, Indonesien, Dom. Rep. und bald auch in Kanada und China …. Gott ist gut.

SM: Was hat dir der Herzinfarkt im letzten Jahr gezeigt?

MS: Wie zerbrechlich mein kleines Leben ist und ich mich in Gott geborgen weiß. Ein Freund sagte mir vor kurzem, dass er unheilbar krank ist. Er hat nur noch kurze Zeit, während wir weinten und uns drückten (das konnte ich übrigens früher nicht), da sagte er mir: „Man kann ohne Gott irgendwie leben, aber sterben kann man nicht ohne ihn.“

Ich verstehe meinen Freund so gut. Im Nachhinein bin ich dankbar für diesen Infarkt, ich habe ihn angenommen und werde mit Gottes Hilfe das Beste daraus machen. Seit dem Infarkt gehe ich mit dem Begriff „Herz“ viel achtsamer um. Etwas von „Herzen“ schenken … sein „Herz“ ausschütten oder gar sein „Herz“ zu verschenken … all dies hat nun eine viel tiefere Bedeutung für mich als je zuvor.

SM: Welches ist deine Lieblingsstelle in der Bibel und warum genau diese?

MS: Vor 2000 Jahren fand das schönste Frühstück der Menschheitsgeschichte statt. Petrus, der seinen Herrn dreimal verleugnet hatte, ging seiner alten Gewohnheit, dem Fischen nach. Wie einsam, voller Schuld und Scham muss er dort gewesen sein. Was muss er empfunden haben, als er seine Füße ansah, die ihm (und den anderen) der Heiland noch gewaschen hatte, obwohl er wusste, dass sie weglaufen würden. Hände, die die Sterne an den Himmel setzten und Planeten ihre Bahn gaben, wuschen den Dreck von seinen Füßen. Gedankenverloren, einsam, schuldig und in Scham vernahm er den Geruch Frühstück. Sein HERR war gekommen, nicht um anzuklagen oder zu richten, nein um Frühstück zu machen und um dreimal nach seiner Liebe zu fragen. Was für ein Gott, der Füße wäscht und Frühstück macht und nach unserer Liebe fragt.

Immer wieder ergeht es mir wie Petrus damals, ich schäme mich, bin schuldig geworden und manchmal bin ich sogar mitten unter Menschenmassen einsam … wie gut den Einen zu kennen und zu lieben, der mich kennt und bedingungslos liebt.

SM: Lieber Michael, wir von PromisGlauben danken dir für dieses Gespräch und deine Offenheit. Vergelt’s Gott!

MS: Von Herzen danke, dass ich Euch mit dem Interview ein wenig dienen darf. Vor einiger Zeit sagte mir ein Mann Folgendes: „Hätte ich Deinen Vortrag früher gehört, dann bräuchte ich jetzt nur noch eine Minute.“ Später erklärte er mir, dass sein Papa kurze Zeit davor starb. Nie hat er ihm die Liebe ausgesprochen, nie gedankt für all das Gute.

Jesus fragte Petrus nach seiner Liebe. Ich frage manchmal meine kleine Tochter, ob sie mich lieb hat. Ich weiß es definitiv, aber es tut so gut, es manchmal zu hören. Ich glaube darum geht es, die Liebe sollte man nicht nur sehen und fühlen, sondern auch hören.

So lasst uns die „eine Minute“, die jeder von uns bei einem Menschen noch hat, nützen und das tun, was in Ewigkeit bleibt.

Hier ein Einblick in die werte-volle Arbeit von Michael Stahl…