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Marcel Reif: „Glaube ist etwas Konkretes, durchaus etwas Vernünftiges“

Der Sportkommentator Marcel Reif, der am 27. November 1949 als Sohn einer schlesischen, deutschstämmigen Katholikin und eines polnisch, jüdischen Vaters in in Wałbrzych (Polen) geboren wurde, emigriete 1956 mit seiner Familie infolge von neu aufkommendem Antisemitismus in Polen nach Israel. In Jaffa besuchte Reif das von belgischen Mönchen geleitete Collège des frères. Als Reif acht Jahre alt war, zog seine Familie von Tel Aviv nach Kaiserslautern, wo Marcel Reif als Jugendlicher u.a beim 1. FC Kaiserslautern Fußball spielte. Im Lauf der Jahre wurde er zu einem der renommiertesten Sportkommentatoren in Deutschland.

Im Interview mit der Katholischen Sonntagszeitung (Ausgabe vom 19.9. / 20.9.20) sprach der 70-jährige mit Blick auf sein Leben über Gott und die Fußball-Welt, wobei er sich auch gegen Rassismus und Homophobie unter Fans wendete.

Auf die Frage, ob er gläubig sei, antwortete Marcel Reif:

„Ja, auch wenn ich keinem ‚Verein‘ angehöre.“

Ihn ziehe es weder im Berufs- noch im Privatleben „in einen Klub“, so Reif weiter.

Dabei brachte er zum Ausdruck, dass sein Glaube aber keineswegs abstarkt, sondern vielmehr eine innere Überzeugung sei:

„Der Glaube an Gott oder eine höhere Instanz hat für mich nichts Abstraktes. Glaube ist etwas Konkretes, durchaus etwas Vernünftiges.“

Ein Mensch, der sich auf Werte besinne und danach lebe, könne „sehr wohl an die höhere Instanz glauben“. Dazu betonte der Sportjournalist:

„So gesehen steht der Glaube an Gott für die innere Überzeugung.“

Dankbar ist er heute insbesondere für seinen Beruf als Sportjournalist, für den er sich berufen fühlt. Überhaupt wünsche er  jedem Menschen, dass er seine Berufung erkennt und „das in seinem Beruf auch so erlebt“. Als ihm wichtige Werte bezeichnete Reif gegenüber der katholischen Sonntagszeitung „Fairness, Respekt, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit“.

Dass für viele Menschen heute der Fußball zu einer Ersatzreligion geworden ist, sieht Marcel Reif sehr kritisch. Bei einer Sicht der Stadien als Fußballtempel und dergleichen mehr steige er aus. Weiter erklärte er:

„Wird der Fußball mit Religion gleichgesetzt, wird er überdreht und die Religion als solche entwertet. Das ist unsinnig. Wer dies nicht erkennt, geht in die Irre.“

Diese Sichtweise bekundete Marcel Reif bereits im Juni 2019 gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) sowie der Evangelischen Zeitung.

Im epd-Interview sagte er, dass er damit nichts anfangen kann, wenn der Fußball überhüht wird und „etwas Pseudoreligiöses, fast schon Fanatisches“ daraus wird. Überhaupt habe Gott „Wichtigeres zu tun“, als sich um den Fußball zu kümmern.

Im Interview mit der Evangelischen Zeitung erklärte Marcel Reif damals in ähnlicher Weise, dass er ein Problem damit habe, wenn der Fußball zu ernst genommen werde:

„Der erhält dann eine religiöse Überhöhung, wird möglicherweise zum einzigen Lebenssinn und Lebenszweck, das ist mir zu viel.“

Den Glauben an Gott verorte er „woanders“ als im Fußballstadion. Dazu erklärte die Kommentatoren-Legende:

„Glaube geht tiefer. Auch die Seele soll tiefer sitzen, sagt man mir. Wenn Spitzensportler ihre Kraft aus dem Glauben holen – sie wollen immerhin Spitzenleistungen erzielen –, finde ich das großartig.“

Ein solcher tiefer Glaube sei ihm nicht gegeben. Er beziehe aber „Kraft und Stärke aus meinem Inneren“. Weiter berichtete er:

„Dass es in mir Dinge gibt, aus denen ich Stärke beziehe, halte ich für selbstverständlich.“

Dies gehe dann „über den Radau im Stadion weit hinaus“, so Reif.

Quellen: Katholische Sonntagszeitung (Ausgabe 19.9. / 20.9.20), evangelisch.de, evangelische-zeitung.de