Pater Christoph Kreitmeir: „Durch die Abschaffung des Jenseits ist das Diesseits gnadenloser geworden“
Seine Auslegung zur Sonntagslesung (1 Kor 15, 12.16-20) und zum Sonntagsevangelium (Lk 6, 17.20-26) stellt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir unter die Überschrift „Entscheidende Konsequenzen“ und geht dabei auf die Auferstehung von den Toten als Kern des christlichen Glaubens ein.
Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format:
Wenn du nicht weißt, wohin, dann musst du dich nicht wundern, wenn du umher irrst und kein Ziel findest.
Wenn du nicht weißt, wofür, dann musst du dich nicht wundern, wenn du dein Leben zwar lebst, es aber keinen Sinn und keine Tiefe hat und somit dich nichts wirklich glücklich macht.
Wenn du nicht weißt, für wen du lebst, dann musst du dich nicht wundern, wenn du nur um dich selbst kreist, es dir dabei übel wird und das Leben dir keine Kraft und keine Energie gibt.
Und wenn du im Laufe deines Lebens keine tragende Grundeinstellung, Lebensphilosphie, Spiritualität und einen Werterahmen gefunden hast, dann wirst du zum Spielball von Meinungen, Modeströmungen und vor allem von Verführern.
Warum ich all diese ernsten „Wenn-dann-Aussagen“ heute so deutlich an den Anfang meiner Predigt stelle? Ganz einfach, weil Paulus in der heutigen Lesung das A und das O unseres christlichen Glaubens – die Auferstehung von den Toten – in das Zentrum seiner Worte stellt.
Jetzt ist es aber so, dass statistisch gesehen wohl nur noch ein Drittel der Christen in Deutschland an die Auferstehung oder Auferweckung von den Toten glaubt. Wer an ein Leben nach dem Tod nicht mehr glaubt oder glauben kann, auch wenn er wollte, der schafft gleichsam das Jenseits ab. Und wenn es kein Jenseits mehr gibt, worauf setzen wir Christen dann eigentlich das Ziel unserer Hoffnung? Der Glaube ist dann nutzlos, wie Paulus sagt (1 Kor 15, 17). Und dann stirbt dieser Glaube, weil er keine Gestaltungskraft mehr für das ganz persönliche Leben und das Leben in einer Gesellschaft hat. Und genau das geschieht in rasanter Weise in unserem Land.
Wenn du den langen Atem der Hoffnung hast, dann kannst du Dinge auf dich nehmen, wo du vorher gar nicht geahnt hattest, dass du die Kraft dafür hast.
Wenn du die Weitsicht über die eigenen Bedürfnisse und den eigenen Tellerrand hinaus hast, dann entsteht eine Atmosphäre des Miteinander und nicht des Gegeneinander.
Und wenn du gelernt hast, mit Jesus zusammen deinen Weg durch´s Leben zu gehen, dann wirst die heute im Evangelium gehörten Seligpreisungen nicht nur verstehen, sie werden dir von Innen heraus Kraft geben.
Denn, wer glaubt, hofft und liebt, braucht nicht den Applaus der anderen, er spürt im Inneren den Mehrwert von tieferen Werten, die Quellen von Energie und Einsatz sind.
Dies gilt aber nicht nur für dieses Leben mit seiner beschränkten Lebenszeit. Wer auf Jesus baut, der baut auf seine Auferstehung von den Toten, der sieht über dieses Leben hinaus in ein jenseitiges. Wie sagt Paulus so richtig: „Wenn wir allein für dieses Leben unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben, dann sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen.“ (1 Kor 15, 19)
Warum? Weil wir dann auf´s falsche Pferd gesetzt haben. Wir haben dann vielleicht zwar Gutes getan, nicht nur an uns gedacht und eventuell auch sinnvolle Werke hinterlassen. Wenn es aber dann nach dem Tod kein Leben in Christus gibt, dann wären andere Wege auf der Suche nach Sinn und Glück wahrscheinlich ertragreicher gewesen.
Der krank und schwach gewordene Glaube an die Auferstehung/Auferweckung ist wohl mit ein Grund auch dafür, dass Christen heute wohl eher eine Bastelreligion haben: Ein bisschen Jesus, etwas Buddha, Homöopathie, Schamanentum und den Dalai Lama nicht zu vergessen.
Für mich wirklich existentiell bedeutsam ist die Frage nach dem vielfältig gebrochenem Leben, wenn es keine Auferstehung von den Toten gäbe? Wenn Christus nicht auferweckt worden ist, dann gibt es für die Christgläubigen auch keine Auferstehung. Dann gibt es kein Wiedersehen mit unseren verstorbenen Lieben, dann gibt es keine Heilung von Verletzungen, keine Wiedergutmachung von Unrecht, keinen Trost für alle, die in diesem Leben auf der Schattenseite leben mussten: Die Armen, Behinderten, Schwer- und Langzeitkranken, die Zu-früh-Gestorbenen, die Benachteiligten, Unterdrückten, Gefolterten, Missbrauchten und und und.
Wenn es keine Auferweckung/Auferstehung gäbe, dann müssten wir wirklich alles in dieser Lebensspanne herausholen. Durch die Abschaffung des Jenseits ist das Diesseits gnadenloser geworden. Und genau das erleben wir in unserer Jetztzeit immer mehr.
An den Beginn meiner Predigt setzte ich wichtige „Wenn-Dann-Sätze“ und ging dann auf die Lesung und das Evangelium ein. Und dann kam ich zum Kernstück unseres Glaubens, die Auferstehung von den Toten.
An das Ende dieser Predigt möchte ich gleichsam Jesus, den vom Tode auferstandenen Christus sagen lassen:
- Wohl dem, der über seinen eigenen Tellerrand hinausschauen kann, der die Benachteiligten nicht übersieht und sich für sie einsetzt. Er wird nicht vergessen werden …
- Wehe dem, der nur sich und seinen Vorteil kennt. Er wird darüber hinaus nichts hinzubekommen.
- Wohl dem, der über die Grenze des Todes hinausdenkt, -fühlt und –glaubt. Ihm werden dann nicht nur die Augen übergehen, sondern er wird mit seinen Lieben und Gleichgesinnten neues und überreiches Leben erfahren.
- Wehe dem, der nur das Diesseits kennt. Er wird nach seinem Tod nur Kälte, Leere, Schwärze und Nichts erfahren. Besser gesagt, er wird es nicht erfahren, denn er wird ja voll und ganz tot sein.
Beim christlichen Gottesglauben geht es nicht um einen allgemeinen Glauben, nicht allein um das Gefühl der Geborgenheit in einer unsicheren Welt, sondern es geht um mehr, um viel mehr. Es geht um eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus.
Diese persönliche Beziehung zwischen Jesus und mir vom Anfang meines Lebens bis zum Ende und darüber hinaus schenkt ein Gefühl der Geborgenheit in einer unbehausten Welt. Sie gibt Heimat, wo es kein Zuhause mehr zu geben scheint und schenkt Zuversicht trotz allem.
Selig, wer in Jesus Christus ist und bleibt, er wird nie allein sein und ewig leben. Amen.
Hinweise:
Einen geistlichen Impuls von Pater Christoph zur Kraft der Auferstehung gibt es:
Mehr geistliche Impulse gibt es auf seiner Webseite: