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Pfarrer Kreitmeir: „Jesus führt uns weniger vom Kopf, sondern viel mehr vom Herzen her“

Seine Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium „Die Erscheinung Jesu vor allen Jüngern am Osterabend“ (Joh 20, 19-31verbindet unser geistlicher Begleiter Pfarrer Christoph Kreitmeir mit drei Titelgeschichten führender deutscher Nachrichtenmagazine wie Focus, Spiegel und Stern, die eindeutig christliche Symbole, Worte und Inhalte verwenden.

Hier die Predigt von Pfarrer Kreitmeir:

Es gibt Situationen, wo man einen Text, den man schon oft gelesen hat, wieder liest und auf einmal mit ganz anderen Ohren hört. So geht es mir gerade immer wieder mit den biblischen Texten, denen wir in der Fasten- und nun auch in der Osterzeit begegnen. Das hängt eindeutig mit der Corona-Krise zusammen, in der wir uns seit Wochen befinden.

Als ich vor kurzem wieder einmal beim Einkaufen gewesen bin, war ich nicht wenig überrascht, führende deutsche Nachrichtenmagazine, wie Focus, Spiegel und Stern mit Titelgeschichten und Überschriften zu finden, die eindeutig christliche Symbole, Worte und Inhalte verwenden.

 

„Die Gläubigen hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten …“, so heißt es in der heutigen Lesung (Apg 2, 42-47). In diesen Tagen spüren immer mehr Christen, dass ihnen die konkrete Glaubensgemeinschaft fehlt, die Eucharistie oder das Abendmahl, das Miteinandersingen und –beten. Die beiden großen christlichen Glaubensgemeinschaften in unserem Land haben Mittel und Wege gefunden, digitale Brücken zu bauen, aber jede Oma und jeder Opa weiß, dass die besten technischen Geräte den persönlichen Kontakt zu den kleinen Enkeln nicht ausgleichen können.

Die Gefühls- und Spürebene, das Berühren und Berührtwerden fehlen. Genauso spüren es gläubige Christen von Woche zu Woche schmerzlicher.

Thomas – so heißt es im heutigen Evangelium – , der beim Treffen der Jünger, wo der auferstandene Jesus Christus ihnen erschienen war, nicht dabei war, spürt auch sehr schmerzlich, dass ihm da etwas, dass ihm da etwas Entscheidendes fehlt. Er will Jesus nicht nur sehen, er will ihn berühren, ihn spüren. Immer wieder wird Thomas als der Zweifler dargestellt, als der, der Auferstehungsbeweise möchte. Mir kommt er heute mehr als der vor, der weniger vom Kopf, sondern viel mehr vom Gefühl her „wissen“ und spüren will, dass sein Erlöser lebt.

Die Jünger – außer Thomas – befanden sich aus Furcht vor den Juden hinter verschlossenen Türen, gleichsam in Quarantäne, wie es in diesen Tagen und Wochen auch Tausende und Abertausende sind. Wir befinden uns heute aus Furcht vor dem Coronavirus und aus Rücksicht gegenüber den Schwächeren in Hausisolation hinter verschlossenen Türen.

Durch diese Absperrungen hindurch kam Jesus damals, durch diese Absperrungen hindurch kommt Jesus auch heute, und richtet niedergedrückte und angstbesetzte Seelen auf.

Schön, wenn man da dabei sein kann. Nicht schön, wenn einem das verwehrt wird.

Jesus selbst aber macht es möglich, dass wir ihm wirklich begegnen können. Er lässt sich von uns berühren und führt uns, ähnlich wie Thomas zu echtem Glauben, der nicht vom Kopf her, sondern aus dem Herzen heraus sagen kann: „Mein Herr und mein Gott.“

Thomas und die anderen Jünger – und ich erinnere hier nochmals ganz bewusst an deren Isolation und deren kleine Zahl – erlebten in diesen schweren Zeiten eine Zuversicht, deren Kraftquelle im Glauben, der Liebe und der Hoffnung lagen. Sie lebten ihren Glauben und ihre Liebe in Zeiten von Isolation und Patchwork. Sie überwanden tapfer die Psychologie der Angst und meisterten ihre jeweils persönliche Krise sowie die große Krise ihrer Glaubensgemeinschaft.

Diese wenigen, welche die Bedrohung durch Verfolgung und Tod überwunden hatten, wurden zu Hoffnungsträgern für all die, die noch nicht von der alles überwindenden Trotzmacht des Glaubensgeistes positiv angesteckt worden waren.

Diese kleine Jüngerschar wurde zur Keimzelle einer Resistancebewegung gegenüber allem, was sinnlos, leer und tot macht und ihre Auferstehungskraft wirkt bis heute weiter – in Krisenzeiten ganz besonders stark.

Damit diese Kraft neue Nahrung bekommt, möge dieser Segenszuspruch dabei helfen: Segenszuspruch von Josef Mayer: „Gott wohnt in deinem Herzen“, in: Mein Weg durch die Fastenzeit 2005 (KLB), S. 100

„Gott, der dich sein lässt, wie du bist,
schenke dir immer wieder neu ein achtsames Herz,
damit du deinen inneren Reichtum entdeckst
und deine Gaben zu deinem Wohl
und zum Wohl aller,
die dir begegnen dürfen,
entfalten kannst.

Gott, der die Liebe ist,
lasse dich immer wieder spüren,
dass er in deinem Herzen wohnt.
Gerade, wenn es dir mal nicht so gut geht,
möge er dir Kraft geben für deinen Weg.

Gott – in dir und durch dich,
er lasse dich dein Leben leben.
Ohne Worte stehst du oft vor ihm.
ER versteht dich auch so,
da ER in dir zu Hause ist.
ER wirke in dir,
und über dich hinaus.“

Als Hoffnungsträger, AMEN.

 

Mehr spirituelle Impulse von Pfarrer Kreitmeir gibt es auf seiner Homepage HIER