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Pfarrer Christoph Kreitmeir: „Resilienz ist die Trotzdemkraft der Seele“

Zu seinem Impuls zum heutigen Sonntagsevangelium (Joh 1, 6-8.19-28) erklärt unser geistlicher Begleiter Pfarrer Christoph Kreitmeir: Trotz Corona und allen möglichen Einschränkungen sich auf Weihnachten freuen … das will eingeübt werden. Wir haben in uns eine „Trotzmacht des Geistes“ (Viktor E. Frankl), welche die Tatsachen und Realitäten des Lebens zwar sieht, daran aber nicht zerbricht, sondern eine andere Einstellung dazu einnimmt. Das Interessante dabei und daran ist, dass diese geistige Fähigkeit nicht nur auf psychosomatischer Ebene neue Kräfte mobilisiert, sondern sogar das innere Gefühl von Freude herausruft. Nicht eine laute und schnelle Freude, sondern eine leise und langanhaltende innere Freude, die aber Außenwirkung hat.

Hier die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und schließend im Textformat:

 

 

Es sind so vielfältige und auch widersprüchliche Gefühle in unserem Herzen. Das gilt grundsätzlich, das gilt in Coronazeiten aber noch mehr und ganz besonders gilt es um die Weihnachtszeit herum.

Seit jeher empfinden wir in der dunklen Jahreszeit besondere Bedürfnisse, wie Rückzug, Geborgenheit, Geselligkeit im kleinen Kreis. Neben diesen menschlich-sozialen Befindlichkeiten kommen bei nicht wenigen auch spirituell-religiöse hinzu. Krippendarstellungen, Maria, Joseph und das Jesuskind, Adventskranz, Christbaum, Plätzchenbackgeruch und –geschmack und vieles mehr nähren und verstärken die Weihnachtsfreude, deren psychologische Kraft die Kraft der Resilienz ist.

Resilienz ist die Trotzdemkraft der Seele!

  • Trotz Kälte und Nässe, Wärme und Geborgenheit.
  • Trotz zerbrochener Ideale und Familien das Urbild einer heilen Familie.
  • Trotz aller Lebensbedrohung und Zukunftsangst das Gegenbild eines neugeborenen Kindes, das Erlösung von allem Negativen schenken will.

Weihnachten im Coronajahr 2020 wird uns schmerzlich vor Augen führen, was alles nicht gehen wird. Wir suchen besondere Nähe in diesen Tagen und allüberall werden wir zu Abstand aufgefordert.

In der heutigen Lesung aus dem Propheten Jesaja (Jes 61, 1-2a. 10-11) heißt es sinngemäß: „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir. Er hat mich gesandt, um gebrochene Herzen zu heilen, Armen Gutes zu sagen, Gefangenen Freilassung und Gefesselten Befreiung zu verkünden.“

Diese Worte sind aus der „Trotzmacht des Geistes“ (Viktor E. Frankl), aus unserer Fähigkeit geboren, die Tatsachen und Realitäten des Lebens zwar zu sehen, daran aber nicht zu zerbrechen, sondern eine andere Einstellung dazu einzunehmen. Das Interessante dabei und daran ist, dass diese geistige Fähigkeit nicht nur auf psychosomatischer Ebene neue Kräfte mobilisiert, sondern sogar das innere Gefühl von Freude herausruft.

Nicht eine laute und schnelle Freude, sondern eine leise und langanhaltende innere Freude, die aber Außenwirkung hat.

Bei Jesaja heißt es interessanterweise ja weiter: „Von Herzen freue ich mich am Herrn. Meine Seele jubelt über meinen Gott.“

In der Bibel wird sehr häufig von der Freude gesprochen, im AT mehr als 200 mal, im NT an über 100 Stellen.

Die Freude an Gott ist biblisch gesprochen eine Kraft, die es ermöglicht, auch in unerfreulichen und negativen Situationen das innere Gleichgewicht zu bewahren. Freude ist eine Frucht des Heiligen Geistes.

Deshalb ist das Christentum auch nicht primär eine Religion des Leidens, sondern eine Religion der Freude, weil Jesus Christus Leid, Tod und Trauer besiegt hat. Friedrich Schiller spricht in seinem berühmten Gedicht „Ode an die Freude“, das von Ludwig van Beethoven auf geniale Weise vertont wurde, davon, dass die Freude ein göttliches Prinzip ist, das alles Leben antreibt.

Deshalb und genau darum sollten sich Christen auch in diesem durch alle möglichen Einschränkungen begleiteten Coronajahr vor allem in und um Weihnachten trotzdem freuen, weil „Weihnachten das Vollbad der Seele, die Immunabwehr gegen trübe Laune, die Wunderkur für verkümmerte Beziehungen“ ist, wie Alois Knoller in seinem Kommentar in der Augsburger Allgemeinen betont. Sicherlich werden wir vieles teilweise auch schmerzlich vermissen, über anderes sind wir nicht unfroh, dass Corona hier einen Strich durch die Rechnung macht.

Das Eigentliche von Weihnachten – religiös und sozial – will sich zeigen, es kann durch Abstandsregeln, 7-Tage-Inzidenz, Ausgangssperre oder Kontaktereduzierung nicht eliminiert werden.

Und was ist das Eigentliche von Weihnachten? Die Trotzdemkraft,

  • dass das Licht stärker als das Dunkel ist;
  • dass Liebe alle Bosheit besiegt;
  • dass Gott die Welt nicht verlassen hat und auch nicht verlassen wird;
  • dass Menschen am Rande nicht vergessen werden. Hier ist z.B. die große Benefizaktion „Sternstunden“ des Bayerischen Rundfunks zu nennen;
  • dass genauso aber auch in unserem Umfeld die Nachbarn, die vielleicht alleine, einsam oder pflegebedürftig sind, durch Zeichen der Nähe bedacht werden;
  • dass Kranke trotz Besuchsverbot fantasievoll „besucht“ werden durch die modernen Medien, durch Briefe, Päckchen, Telefon;
  • dass wir lernen, uns von Oberflächlichkeiten zu verabschieden und tiefer sehen lernen.

Vorfreude und Freude auf Weihnachten, trotz allem! Deshalb heißt der 3. Adventssonntag auch „Gaudete – Freut euch!“.

Amen.

Einen weiteren Impuls von Pfarrer Christoph Kreitmeir zum Sonntagsevangelium am 3. Advent gibt es unter

katholisch.de

 

Anbei noch ein passender Flashmob aus dem Jahr 2014: