Pfarrer Christoph Kreitmeir: „In Jesus wird der Sinn des Lebens greifbar“

In seiner Auslegung der Lesung (Offb 1, 5-8) und des Evangeliums (Joh 18, 33-37) zum heutigen Christkönigsonntag beschreibt Pfarrer Christoph Kreitmeir, der Seelsorger im Klinikum in Ingolstadt ist, warum er seinem Idol und Top-Promi Jesus voller Bewunderung sein Autonummernschild widmet.

Hier die Worte seiner Predigt mit vorangestelltem Impuls:

„Es kommt die Zeit, es geht die Zeit, man stellt die Uhren nach der Zeit, es wechseln die Namen der Stunden. Doch, wenn auch die Zeiten verwehn, dein Wort bleibt bestehn“ (Lothar Zenetti)

Wenn auch die Zeiten verwehn und vergehn, Jesu Wort und Antwort auf die Frage des Pilatus „Bist du ein König?“ bleibt bestehn: „Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege“.

 

Ich wohne in Ingolstadt, der AUDI-Stadt. Die Nummernschilder hier heißen vorne IN, dann folgt eine Buchstabenfolge und dann eine Zahlenreihe.

Mein Autonummernschild heißt IN-RI-2512 und ich habe das bewusst so gewählt.

Warum? INRI ist die Abkürzung für Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum und 2512 ist das Datum von Weihnachten.

INRI: Jesus, der Nazarener, König der Juden. Ein Spottschild mit den Initialen INRI hing über dem Kopf des am Kreuz sterbenden Jesus. Es sollte die Gründe seiner Bestrafung zeigen: Hochstapler, politisch gefährlich, Aufwiegler, Terrorist. „König der Juden“ sollte noch ein Seitenhieb auf das bei den Römern wegen seiner permanenten Aufmüpfigkeit unbeliebte Volk der Juden sein.

„König der Juden“ … „Ja, ich bin ein König“, entgegnete Jesus Pilatus, „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“

Mit meinem Nummernschild möchte ich ganz bewusst Flagge zeigen, für wen ich unterwegs bin.

Manchmal werde ich sogar mit einem Augenzwinkern darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Zeichen wahrgenommen wurde.

Wer ist mein Idol, wen bewundere ich, wem will ich ähnlich sein, für wen gehe ich? Für wen gehst Du?

Diese Frage spielt eine sehr wichtige und lebensverändernde Rolle in einer Erzählung aus den Chassidischen Geschichten von Martin Buber: In Rabbi Naftalis Stadt, in Robschitz, pflegten die Reichen, deren Häuser einsam am Ende der Stadt lagen, Leute zu beschäftigen, die nachts über ihren Besitz wachen sollten. Als Rabbi Naftali eines Abends spät am Rande des Waldes ging, begegnete er solch einem auf und ab wandelnden Wächter. ´Für wen gehst du?´ fragte der Rabbi. Der andere beantwortete es. Danach stellte er die Gegenfrage: ´Und für wen geht ihr, Rabbi?´ Die Frage traf, wie ein Pfeil. Lange schritt der Rabbi schweigend neben dem anderen auf und ab. ´Willst du mein Diener werden?´, fragte er nach langer Zeit den Mann. ´Das will ich gern´, antwortete der andere, ´aber was habe ich zu tun?´ ´Mich zu erinnern´, sagte Rabbi Naftali.“

Für was lebe ich? Für wen gehe ich? Nur für mich alleine? Für meine Kinder und Enkelkinder? Für andere Menschen? Für eine bestimmte Aufgabe? Für einen Gott? Für den christlichen Gott, Jesus, den Nazarener, den König der Juden? Ist er der König meines Herzens? Ist er der König meines Strebens?

Der sonst oft so trockene Philosoph Nicolai Hartmann schreibt 1926 in seiner Ethik ein paar Sätze, die mich aufhorchen lassen: Es gibt die wunderbaren Menschen, denen wie durch einen geheimen Bann die Herzen zufliegen – oder richtiger vielleicht sagt es das andere Bild: in deren Nähe ‚alle Herzen weit werden’. Niemand geht unbeschenkt von ihnen und doch kann keiner sagen, was er empfangen hat. Man fühlt nur, dass sich in solchen Menschen der Sinn des Lebens irgendwie greifbar erfüllt, nach dem man sonst vielleicht vergeblich sucht. Und man fühlt, wie sich in der bloßen Teilnahme an ihnen etwas von diesem Sinn auf die eigene Person überträgt. Ein Strom von Licht, Glanz, Segen geht auf das eigene Leben über. Aber man fühlt das Mysterium nur, man durchschaut es nicht.“ (Nicolai Hartmann, Ethik, Berlin 1926, S. 506)

Ja, es gibt wunderbare Menschen, die irgendwie einen geheimen Bann auf unser Herz gelegt haben …

Ja, es gibt Menschen, in deren Nähe man fühlt, dass sich in solchen Menschen der Sinn des Lebens irgendwie greifbar erfüllt …

Ja, es gibt Menschen, wenn man irgendwie an ihnen teilhat, dass sich etwas von ihnen auf einen selber überträgt.

Jesus, der Nazarener ist so ein Mensch!

Gestaltest du dein Leben mit ihm? Ist dein Leben auf ihn hin ausgerichtet? Heißt du nur Christ oder bist du Christ? Bist du es halb oder ganz, nur irgendwie, je nach Lust und Laune oder mit Leib und Seele, aus ganzem Herzen, mit Eifer, mit allen deinen Kräften?

Als der Wächter den Rabbi fragt: „Was habe ich in deinem Dienst zu tun?“ – da antwortet jener: „Mich zu erinnern!“

Er weiß, dass er jemanden braucht, der ihn erinnert, für wen und für was er in seinem Leben gehen soll, denn mitten im Alltag hatte sogar der Rabbi es ganz vergessen, warum er tat, was er tat. Deshalb nahm er sich den Wächter in seinen Dienst.

Noch einmal: Für wen gehst du? Wozu arbeitest, betest, lebst … du?

Wenn Du Dir keinen Nachtwächter leisten kannst, der Dich erinnert, dann hilft Dir vielleicht das heutige Fest. Das Christkönigsfest ist so eine Erinnerung, denn wir vergessen im Trubel und Lärm der Zeit oft allzu leicht, für wen wir gehen, was wirklich wichtig ist, was unserem Leben wirklich Sinn und Ziel gibt und was es von Grund auf reich, froh und glücklich macht?

 

Pfarrer Christoph Kreitmeir ist geistlicher Begleiter von PromisGlauben. Aktuell arbeitet er an seinem neuen Buch, das im nächsten Jahr erscheinen wird.

Mehr Infos zu ihm sowie Gedanken und Impulse von ihm gibt’s unter christoph-kreitmeir.de