Foto: privat (mit freundlicher Genehmigung von Pfarrer Rainer Maria Schießler)

Pfarrer Rainer Maria Schießler: „Das Christentum ist keine Butterbrot-Religion“

In seiner Auslegung des heutigen Sonntagsevangeliums (Gleichnis von den Winzern, Mt 21,33-44) erklärt der Bestseller-Autor und Münchner Stadtpfarrer Rainer Maria Schießler, in dessen Leben heute um 17.30 Uhr eine Doku in der ARD Einblick gibt, dass das Christentum keine Butterbrot-Religion ist, sondern ein grundlegender Lebensentwurf.

Hier die Worte seiner Auslegung zum Gleichnis von den Winzern (Mt 21,33-44):

Die Früchte des Reiches Gottes

Was für eine „Frohbotschaft“! Am Ende bleiben nur Leichen und ein strafender Gutsbesitzer übrig.

Die Kleinen, Sklaven und Knechte, bleiben auf der Strecke. Sogar der eigene Sohn wird dem Unternehmen geopfert, der Gewinn aber bleibt aus. Der Weinbergsbesitzer nimmt nichts selber in die Hand, interessiert sich scheinbar gar nicht dafür, warum seine Winzer so böse sind. Wieso lässt Gott solches Leid zu, fragen dann die Menschen zu Recht. Und wer sind jetzt eigentlich die anderen, die guten Winzer mit den guten Früchten?

Mit dem Gleichnis vom Weinberg versucht Jesus, der selbst seinem Tod ins Auge sieht, die Menschen wachzurütteln.

Natürlich muss der Gutsbesitzer den schlechten Winzern am Ende den Weinberg wegnehmen, denn mit ihnen wird es niemals die Früchte geben, die wir wirklich brauchen: Versöhnung, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Frieden. Davor aber steht die schier unendliche Geduld Gottes, auch seinen Widersachern und Feinden einen freien Raum zur Besinnung und zum Sinneswandel zu gewähren: #

Gott zwingt nicht, er wirbt, begeistert, will jeden von uns für sich gewinnen.

Dafür stehen die Propheten (Knechte) und schließlich der eigene Sohn, den der Vater in die Welt gesandt hat, nicht um sie zu richten, sondern um zu retten. Er leistet auf seine Weise Widerstand, konsequent gewaltlos, passt sich aber nicht einfach an, geht nicht den Weg des faulen Kompromisses mit den Mächtigen seiner Zeit. Es gehört sehr viel Mut dazu, in aller Eindeutigkeit dazu zu stehen – ohne sich dabei in eine fragwürdige Opferrolle drängen zu lassen. Weder die Ablehnung in seiner Familie („Wer ist mir Vater, Mutter, Brüder?“) noch der Konflikt mit der überlieferten Religion seines Volkes und damit verbunden mit unantastbaren, oft menschenfeindlichen religiösen Verordnungen („Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat“) oder auch die Konfrontation mit den römischen Besatzern hielten ihn davon ab, sich konsequent für die Außenseiter der Gesellschaft einzusetzen. Seine Bergpredigt kann darum niemals von ihren sozialen Aspekten losgelöst zu einer lediglich geistlichen Botschaft umgedeutet werden. Madeleine Delbrel (+1964), drückt es so aus: „Wer Gott umarmt, findet in seinen Armen immer die Welt.“

Das Christentum ist keine Butterbrot-Religion, sondern ein grundlegender Lebensentwurf, der ganz bewusst und leidenschaftlich zugleich die Leiden und Konflikte des Lebens annimmt.

Es ist aber auch keine bloße Opferreligion mit einem Gott, der ständig nach Sühneopfer verlangen würde. Die drastischen Bilder des Gleichnisses wollen uns selbstbewusst machen in all den Auseinandersetzungen dieser Welt und zugleich unsere Überzeugung stärken, dass wir auf dem Weg Jesu die besten Früchte und das richtige Leben dazu erhalten. „Freiwillig übernommenes Leid hat eine verändernde Kraft“, sagt dazu Martin Luther King.

Amen.

 

Hinweis: Heute läuft um 17.30 Uhr in der ARD eine Doku über Pfarrer Schießler mit dem Titel „Der widerspenstige Pfarrer – Weihrauch, Weib und Widerworte“.