Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), Maischberger - 2019-08-14-7365, CC BY-SA 4.0

Publizist Wolfram Weimer: „Je weiter man sich von Gott entfernt, desto größer wird die Sehnsucht“

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Der Journalist Wolfram Weimer hat ein Buch mit dem Titel „Sehnsucht nach Gott“ im Bonifatius-Verlag veröffentlicht, in dem er akzentuiert, dass die Rückkehr der Religion unserer Gesellschaft nur gut tun kann. Bereits in der Vergangenheit mahnte der 56-Jährige des Öfteren an, was mit einem Verlust des christlichen Glaubens in unserer Gesellschaft einhergeht.

Wolfram Weimer war u.a. Chefredakteur der Welt  und der Berliner Morgenpost , des von ihm gegründeten Politik-Magazins Cicero und des Nachrichtenmagazins Focus. 2012 gründete er die Weimer Media Group, in der The European, WirtschaftsKurier, Pardon und Börse am Sonntag verlegt werden.

Wie Johannes Blöcher-Weil im christlichen Medienmagazin Pro zu Weimers neuen Werk „Sehnsucht nach Gott“ berichtet, kommt dieser darin zum Ergebnis, dass eine Gesellschaft von Gott und religiösen Aspekten nur profitieren kann. Für diese Erkenntnis macht Weimer eine „tour d’ horizon“ durch die Philosophie- und Politikgeschichte.

Eine neue Sehnsucht nach Gott macht Wolfram Weimer vor allem da aus, wo die Beschleunigung am intensivsten zu erleben ist, nämlich in den Städten. Dort sei zum Beispiel feststellbar, dass Eltern ihre Kinder auf kirchliche Schulen schickten, weil sie um den Zusammenhang von kultureller Kraft und religiösem Bewusstsein wüssten.

Weiter betont Weimer, dass Religion geholfen habe, kommunistische Diktaturen zu überwinden und auch dazu beitragen könne, in ethischen Fragen zur Abtreibung, Genforschung oder Sterbehilfe Dinge gut zu reflektieren oder ethisch zu deuten. Auch wenn ihre Positionen nicht immer per se richtig seien, sorgten sie aber dafür, dass Diskussionen zu manchen Fragen stattfinden würden.

Die Genderideologie benennt er dagegen als Hinderungsgrund für ein Erstarken des religiösen Bewusstseins in der Gesellschaft.

 

Dafür, dass die Religion wieder eine größere Rolle in der Gesellschaft spielen soll, plädierte Wolfram Weimer in der Vergangenheit des Öfteren. Mit Veröffentlichungen wie „Credo. Warum die Rückkehr der Religion gut ist.“ (2006), Freiheit, Gleichheit, Bürgerlichkeit. Warum die Krise uns konservativ macht.“ (2009) oder Das konservative Manifest. Zehn Gebote der neuen Bürgerlichkeit. (2018) verwies Wolfram Weimer immer wieder auf das grundlegende Fundament und die nachhaltige Orientierung unserer Gesellschaft.

Zudem warnte er einmal mit folgenden Worten:

„Wer sich wie manche Religionskritiker eine Befreiung vom Christentum in Staat und Gesellschaft wünscht, verachtet die Gefahr, die von einer gottlosen Politik ausgeht.“

Vor zehn Jahren erklärte er in seiner Zeit als „Focus“-Chefredakteur: Wenn man Gott aus Politik und Leben verbanne, gerate man in ein anderes Extrem. Dies sei zum Ende des 19. Jahrhunderts geschehen, und die Folgen habe man im darauf folgenden Jahrhundert gesehen: Verblendung von Rassen- und Klassenideologien. Diesbezüglich betonte Weimer:

„So war das 20. Jahrhundert im doppelten Sinne eines der gottlosesten der Menschheitsgeschichte.“

Die „großen ideologischen Ersatzreligionen“ hätten die Hölle über Europa gebracht.

Weimer betonte damals, dass gerade die Demokratie einen Rückbezug auf Religion brauche, was sich etwa an der „Würde des Menschen“ zeige, die auf einer Grundannahme des Christentums fuße. In der christlichen Religion sehe er wie der Verfassungs- und Steuerrechtler Paul Kirchhof die „aktuelle Wirkungsgrundlage“ für die freiheitliche Demokratie. Dazu gab Weimer folgendes Beispiel: „Wenn die Mehrheit nichts daran findet, dass man Menschen klont, ältere Kranke ’sterbehilft’, Behinderte abtreibt, wie kommt sie dann zur kollektiv-ethischen Erkenntnis, dass das trotzdem nicht in Ordnung ist?“ Er fügte hinzu:

„Unsere Kultur sagt uns, dass christliche Werte wie Demut, Würde, Nächstenliebe mehr sein sollten als niedliche Accessoires einer Welt, in der das Eigentliche nur das Machbare und Moralfreie sein soll.“

Religion sei eine Gegen-Macht, die selbst Diktaturen zu Fall bringen könne, ergänzte der Journalist.

Im September 2011 mahnte Weimer bei eine Rede beim Medienempfang des Kölner Erzbischofs an, dass wir Wahrheiten nicht mehr genug schätzen. In diesem Zusammenhang verglich er die damalige Schuldenkrise mit einer kulturellen Krise, bei der die Wahrheit auf der Strecke bleibt. Dazu sagte er:

„Die Schuldenkrise ist eine Chiffre unserer Zeit, wir haben Schulden der Identität, weil wir Wahrheiten nur noch fremd entlehnen, sie uns leihen, und zwar von der Masse.“

An anderer Stelle warnte er fast schon prophetisch:

„Wer aus der Religion austritt, tritt ins Nichts ein. Wer aus religiöser Bildung austritt, tritt in die Kulturlosigkeit ein.“

Religion sei „die Poesie der Völker“, in  der sich „sich die Sehnsüchte und Ängste, die Träume und Mythen, die Geheimnisse und Visionen einer Kultur“ bündelten. Weiter betonte er:

„Sie [die Religion] macht den spirituellen Kern jeder Gesellschaft aus. Wer diesen Kern schon in den Schulen erkalten lässt, der lässt die Kultur eines Landes erkalten. Es gibt keine Zukunft ohne Herkunft.“

Mit Blick auf die Situation in Berlin, wo etwa der Religionsunterricht kein ordentliches Lehrfach ist, erklärte Weimer:

„Berlin sollte keine Heimstatt von religiösem Analphabetismus werden. Denn als religiöse Analphabeten wären unsere Kinder zu gar keinem Dialog der Kulturen mehr fähig.“

In einem Beitrag im Magazin Focus zur Debatte mit dem Titel „Die Lücke, die Gott lässt“ resümierte Wolfram Weimer im November 2013:

„Wem die freiheitliche Demokratie lieb ist, dem sollte die christliche Religion teuer sein.“

 

Mit seinem aktuellen Debattenbuch analysiert der Publizist Wolfram Weimer, weshalb wir derzeit Zeuge einer weltweiten Renaissance der Religion werden, die kaum einer für möglich gehalten hätte und warum das 21. Jahrhundert ein Zeitalter der Religion wird, denn:

„Je weiter man sich persönlich oder als Gesellschaft von Gott entfernt, desto größer wird die Sehnsucht.“

Die Ereignisse der letzten Jahre wie etwa Pandemie und Klimawandel verstärkten diesen Prozess, so dass plötzlich der Blick frei werde für Themen wie den Tod und die Endlichkeit, für Kategorien wie Schicksal und Glaube und für Werte, die unseren Kulturkreis prägen.

Quellen: bonifatius-verlag.de, pro-medienmagazin.de (1), soulsaver.de, pro-medienmagazin.de (2), pro-medienmagazin.de (3), focus.de

 

Update: Im Deutschlandfunk Kultur erklärte Wolfram Weimer am 10.9.21, dass er in der Gesellschaft ein „Heimweh nach Gott“ ausmache, was er auf unsere materialistische und rationale Welt zurückführt. Durch mehr Transzendenz werde die Gesellschaft ethisch feinfühliger, prognostiziert er.

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