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Pater Christoph Kreitmeir: „Das heutige Evangelium ist eigentlich eine große Provokation“

In seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium (Lk 17, 11-19) schildert unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir, wie bedeutend Lob und Dank für ein erfülltes Leben sind.

 

Anbei die Worte der Predigt von Pater Kreitmeir als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Ich möchte das heutige Evangelium nun etwas weiterführen …

Als die 10 Aussätzigen bemerkt hatten, dass sie geheilt waren, kannte ihre Freude keine Grenzen. Einer lief sofort zu seinen Freunden und konnte nicht aufhören, seine Heilung zu feiern.

Der zweite, ein Familienvater, konnte es nicht erwarten, seine Frau und seine Kinder in die Arme zu schließen.

Der dritte, ein Kaufmann, nahm sofort seine Geschäfte wieder auf, die inzwischen im Argen lagen.

Alle drei wollten Jesus danken, doch sie verschoben es auf morgen, immer wieder auf morgen.

Der vierte war zu schüchtern, um allein zu Jesus zu gehen, und niemand ging mit ihm.

Der fünfte konnte kein angemessenes Geschenk finden, um gebührend zu danken.

Der sechste fand sein Haus inzwischen von anderen bewohnt und stritt um sein Recht.

Der siebente wollte an seine Krankheit und seine dunkelsten Stunden einfach nicht mehr erinnert werden.

Alle dachten sich: auf einen einzigen wird es doch nicht ankommen.

Der achte musste erfahren, dass sein Mädchen inzwischen einen anderen Freund hatte. Er war sauer auf Jesus, dass er ihn dabei im Stich gelassen hatte.

Der neunte befürchtete, Jesus könnte von ihm verlangen, ihm nachzufolgen.

Nur der zehnte ging spontan zu Jesus zurück und sagte ein von Herzen kommendes DANKE.

 „Wann haben Sie Ihr Kind das letzte Mal gelobt?“ Das war vor vielen Jahren ein Autoaufkleber. Und wann haben Sie das letzte Mal Ihren Ehepartner, Ihre Mitarbeiterin, Ihre Mitbewohner gelobt und ihnen gedankt, statt einfach alles als selbstverständlich zu nehmen?

Wie viel schneller gehen uns Kritik und auch Spott als Lob und Dank über die Lippen! Auch Erwachsene wachsen noch an Lob und Dank, durch dauernde Kritisierei werden sie Stück für Stück kleiner und kleiner …

Und wann haben wir das letzte Mal Gott gedankt und ihn gelobt?

Nicht nur routinemäßig, weil es in der Hl. Messe üblich ist, sondern aus tiefster Überzeugung: Weil ich mehr oder weniger gesund bin, weil es uns gut geht und weil wir nicht in einem Land mit Hunger, Naturkatastrophen oder Krieg leben müssen, weil es hier bei uns so schön ist, dass uns in diesen schönen Herbsttagen wieder das Herz aufgeht, weil wir so gesunde Luft haben, weil einem die Kinder oder Enkel so froh und glücklich machen, weil, weil, weil …

Das heutige Evangelium ist eigentlich eine große Provokation.

Sie wissen sicherlich, wie übergenau Juden, insbesondere die Pharisäer in Sachen Reinheitsgebote waren und wie oft sich Jesus mit ihnen darüber gestritten hat. Genau an dieser Empfindlichkeit hatten die Samariter angesetzt und einmal heimlich bei Nacht und Nebel ausgerechnet eine Ladung Totenknochen in den Tempel von Jerusalem gekippt. Danach stand es für jeden Juden endgültig fest: Jeder Samariter ist eine Ausgeburt des Unreinen und des Teufels. Mit solchen Leuten durfte man keinen Umgang haben, mit ihnen konnte man nur im kalten Krieg leben.

Und gerade einer von denen, ein Samariter, wird jetzt von Jesus den jüdischen Zuhörern als das große Vorbild vorgestellt …

Doch auch uns können Fremde oder Kinder, ganz einfache Menschen beschämen, weil für uns alles so selbstverständlich ist, weil uns Lob und Dank so schwer über die Lippen kommen, weil wir dabei oft Gott vergessen.

Er braucht unser Lob nicht, um sich als Gott groß und anerkannt „zu fühlen“, aber uns helfen Lob und Dank nicht zur zum Glück, sondern zur Zufriedenheit, die ein sehr wertvolles Gut ist.

Jesus will uns mit seinem Gleichnis von dem einen Dankbaren aufrütteln, nicht alles so selbstverständlich zu nehmen, offen und achtsam zu bleiben und dabei lebendig und menschenfreundlich zu werden. Amen.

Anbei ein bekanntes Danklied:

siehe HIER