Foto: Jaqueline Godany, A. Zeilinger, CC BY 4.0

Anton Zeilinger: „Es wird immer Fragen geben, die wir nur philosophisch diskutieren können“

Der österreichische Quantenphysiker und Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger erklärte bereits in der Vergangenheit, dass sich naturwissenschaftliche Erkenntnis und der Glaube an einen personalen Gott nicht ausschließen (wir berichteten). Nun hat er im Interview mit den Salzburger Nachrichten erneut ein Bekenntnis zu seinem christlichen Glauben gegeben.

Das Verständnis, dass sich Glaube und Naturwissenschaft ausschlössen, welches sich heutzutage tief ins gesellschaftliche Bewusstsein ausgebreitet hat, kann der österreichische Naturwissenschaftler, der 2022 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, nicht teilen. Im Oktober 2014 sprach Univ.-Prof. Dr. Anton Zeilinger beim Tag der Linzer Hochschulen in der Katholischen Hochschulgemeinde Linz über das Verhältnis von Naturwissenschaften und Religion und legte seine Sicht auf die Grenzen der naturwissenschaftlichen Erklärbarkeit dar. Wie auf der Homepage der Diözese Linz zu lesen ist, erklärte er:

„Der Konflikt zwischen Naturwissenschaft und Religion tritt nur dann auf, wenn eine der beiden Seiten ihre Kompetenz überschreitet.“

Im August 2012 erklärte Zeilinger im Interview mit dem österreichischen Magazin Profil:

„Den lieben Gott kann man nicht entdecken. Das ist eine Frage des Glaubens und nicht des Wissens.“

Einen Zugang zu Gott erkennt er in den Naturwissenschaften an der Stelle, „wo es grundsätzlich nichts Erklärbares gibt“. So könne man zum Beispiel nicht erklären, warum es Naturgesetze wie zum Beispiel die Schwerkraft gebe. Sie seien „einfach da“.

Der Glaube an Gott bleibe immer eine persönliche Entscheidung, die er als unabhängig von wissenschaftlicher Erkenntnis ansieht. Dazu sagte er:

„An Gott zu glauben oder nicht ist für einen Naturwissenschafter genauso eine persönliche Frage wie für einen Laien. Gott kann nicht nachweisbar sein, aber er kann auch nicht nicht nachweisbar sein.“

Weiter erklärte Zeilinger im Profil-Interview 2012, dass auch Wissenschaftler „einiges in ihrer Wissenschaft glauben“ müssten, wie etwa die Gültigkeit der Naturgesetze, die man eben nicht beweisen, sondern „höchstens widerlegen“ könne. Dazu betonte er:

„Und Atheist sein heißt ja auch glauben eben daran, dass es keinen Gott gibt. Auch das ist keine beweisbare Position.“

 

Im Jahr 2016 äußerte Anton Zeilinger im Interview mit der Zeitung „Der Sonntag“:

„Es gibt Naturwissenschaftler, die sind in der Wolle gefärbte Atheisten. Genauso gibt es Naturwissenschaftler, die religiös sind.“

Es sei „jedermanns eigene Position“, ob man angesichts des Staunens wie etwa über die „Schönheit der Naturgesetze“ zum Schluss komme, dass diese Schönheit „von irgendwoher“ gekommen sein müsse oder ob man für sich nüchtern feststelle, dass die Welt halt so sei und es folglich keine weiteren Ursachen brauche. In diesem Kontext gab Zeilinger zu bedenken:

„Wenn man behauptet, dass Wissenschaft atheistisch macht, dann ist das genauso falsch wie die umgekehrte Position.“

 

Dass der Glaube an Gott auch in modernen Zeiten lebensbereichernd und vernünftig ist, brachte Zeilinger im Dezember 2013 im Interview mit der österreichischen Zeitung Kurier wie folgt zum Ausdruck:

„Wenn jemand sagt, er brauche keinen Gott, weil man den Urknall entdeckt hat, dann ist das ein sehr naives Gottesbild.“

Im März 2013 äußerte sich Anton Zeilinger im Interview mit der österreichischen Tageszeitung Die Presse, das unter der Headline „Zufall ist, wo Gott inkognito agiert“ veröffentlicht wurde, zu seinem Gottesbild. Diesbezüglich erklärte er:

„Für mich persönlich gibt es sehr wohl einen persönlichen Gott. Einen Gott, mit dem ich sprechen kann.“

 

Wie kathpress.at berichtet, äußerte sich Anton Zeilinger aktuell in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ zur Gretchenfrage und gab dabei ein deutliches Bekenntnis zu seinem christlichen Glauben. Dabei brachte der emeritierter Professor an der Universität Wien zum Ausdruck, dass sein Glaube keine Frage der Vernunft, sondern vielmehr eine Willensentscheidung ist, was der 78-Jährige wie folgt erklärte:

„Das ist weder eine rationale Überlegung noch eine Intuition. Das ist einfach so. Ich habe schon immer an Gott geglaubt.“

Mit Verweis auf den großen Theologen Karl Rahner (1904 – 1984) warnte Zeilinger, der am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der österreichischen Akademie der Wissenschaften forscht, mit Blick auf fortschreitende wissenschaftliche Erkenntnis davor, Gott zu sehr konkrete Eigenschaften zuzuschreiben. Dazu sagte der 78-Jährige:

„Der Theologe Karl Rahner hat gesagt, der Fromme der Zukunft werde ein Mystiker sein oder er werde nicht mehr sein. Das heißt, dass wir uns von vielen allzu genauen Vorstellungen von Gott verabschieden müssen.“

Zugleich verwies Zeilinger aber auch darauf, dass die Möglichkeiten wissenschaftlicher Begründbarkeit nicht endlos ausgedehnt werden könnten. Dazu sagte er:

„Irgendwann hört die Begründbarkeit auf. Es wird immer Fragen geben, die wir nur philosophisch diskutieren können.“

Wie die Religion seien auch Kunst und Kultur Bereiche, die der Wissenschaft nicht entgegenstünden. Vielmehr seien dies Orte, die ihn inspirieren. So komme es bei einem gemeinsamen Konzertbesuch mit seiner Frau dazu, dass er seine Frau nach einem Kugelschreiber frage, „weil mir eine Idee gekommen ist, die ich mir schnell aufschreiben möchte“. Ideen neu zu entwickeln, „kann nicht aus dem Rationalen kommen“, betonte Anton Zeilinger, der am 10. Dezember 2022 in der Schwedischen Akademie in Stockholm gemeinsam mit dem Franzosen Alain Aspect und seinem US-Kollegen John Clauser den Physik-Nobelpreis erhielt.

Quellen: sn.at, kathpress.at, dioezese-linz.at, profil.at, erzdioezese-wien.at, kurier.at, diepresse.com