Astronaut Reinhold Ewald: „Gottes Präsenz spüre ich unabhängig vom Raumflug“
Am 7. Juni 2024 verstarb der ehemalige Astronaut der Apollo 8, William „Bill“ Anders, der am Morgen des 24. Dezember 1968 das berühmte Earthrise-Foto aufgenommen hatte und am Abend des selben Tages zusammen mit seinen Apollo-8-Kollegen Frank Borman und Jim Lovell bei einer Live-Übertragung aus der Apollo-8-Kommandokapsel in der Mondumlaufbahn die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel vorlas (wir berichteten). Ein Naturwissenschaftler, der die Bewegründe dieses geschichtsträchtigen Funkspruchs nachvollziehen kann, ist der deutsche Physiker und Astronaut Reinhold Ewald. Vor einem Jahr sprach er im Podcast „Himmelklar“ über zwei Arten von Himmel, die es dabei zu unterscheiden gilt.
In der Phönix-Dokumentation „Himmelsstürmer- Woran Astronauten glauben“ wurde berichtet, dass sich für Reinhold Ewald der Glaube an Gott und naturwissenschaftliche Erkenntnis nicht ausschließen. Vielmehr betrachte er Religion und Naturwissenschaft als zwei getrennte Bereiche.
Im Umgang mit existenziellen Lebenssituationen und -fragen findet er Zugang in seinem Glauben. Im „Himmelklar“-Podcast erzählte Reinhold Ewald im vergangenen Jahr von Einsichten aus dem All, zwei Arten von Himmel und einem Stoßgebet, das er dort oben schon gesprochen hat. Reinhold Ewald war im Jahr 1997 fast drei Wochen auf der russischen Raumstation „Mir“. Damals erlebte er einen Brand auf der Raumstation, akute Lebensgefahr und die Rettung.
Zum Verhältnis von Glaube und Naturwissenschaft erklärte Ewald, dass es zwei Arten von Himmel zu unterscheiden gilt, so wie es der Engländer tut, wenn er für den räumlichen Himmel das Wort „Sky“ und für den Himmel als spirituellen Ort das Wort „Heaven“ verwendet. So habe er bei seiner Weltraummission „nicht erwartet, in den ‚Heaven‘ zu fliegen“ und „dort den Englein näher zu kommen oder sogar mystische Erlebnisse zu haben“. Vielmehr war dabei sein Blick auf den räumlichen Himmel gerichtet, der durch die Entfernung von der Erde gekennzeichnet ist. Weiter beschrieb er, dass es für seinen Glauben auch nicht von Bedeutung gewesen sei, im Weltraum eine Glaubenserfahrung machen zu müssen. Dazu erklärte Reinhold Ewald:
„Im Gegenteil, man nimmt das sozusagen innen mit und man erwartet nicht, dass die äußere Umgebung einen in irgendeiner Form da religiös inspiriert.“
Er habe im Weltall nicht nach Gott gesucht und auch auf seine Religiosität habe die Weltraum-Mission keinen Einfluss gehabt. Warum nun die Apollo-8-Astronauten im Jahr 1968 die Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis aus dem Weltall auf die Erde funkten, lässt sich erahnen, wenn Reinhold Ewald zu seinen Erfahrungen im Weltall folgendes darlegt:
„Was ich aber mitgenommen habe, ist, dass ich viel eindrücklicher jetzt schildern kann, was zum Beispiel im Buch Genesis beschrieben wird, die Trennung von dunkel und hell. Diese ganz scharfen Kontraste, die man also beim Blick auf die Erde und beim Blick in den dunklen Himmel oder das Universums als solches dann hat. Oder diese Scheidung von Land und Wasser, die man aus unserer Orbitalperspektive wunderbar sieht.“
Die „ganz scharfe Trennlinie“, die man beim Übergang vom Ozean auf das Festland erkenne, erscheine „wunderbar geformt und mit ganz vielen Farbänderungen“, beschrieb Reinhold Ewald die Schönheit und Ordnung der Schöpfung weiter. Dazu fügte er an:
„Das sind natürlich Eindrücke, gerade wenn man die Schöpfungsgeschichte dann noch mal liest, wo man sagt: Aha, da hat der Schreiber dieser Erzählung dann doch richtige Worte gefunden, die sich plastisch mit den Bildern aus dem All belegen lassen.“
Einen weiteren Aspekt, bei dem sein Glauben im Weltall relevant wurde, schilderte der Physiker und Astronaut im Himmelklar-Podcast, als er den Gefahrenmoment beschreibt, wo ein Feuer an Bord der Raumstation ausbrach. Dies sei „eine der kritischsten Situationen, die man sich in so einem geschlossenen Raum vorstellen kann“, hob Ewald den Ernst der Lage hervor. Zu dem Umstand, dass sie das Feuer bekämpfen konnten und keiner zu Schaden kam, erklärte er:
„Das war auch ein Moment, wo ich durchaus zugebe, mal ein Stoßgebet abgesetzt zu haben.“
Zum Inhalt seines Gebets ließ er wissen, dass er nicht einen direkten Eingriff Gottes annahm, sondern vielmehr Dankbarkeit zum Ausdruck brachte, dass die Mission gut ausgegangen ist. Dabei habe er folgendes empfunden:
„Ich habe mir etwas zugetraut und es ist gut gegangen.“
Bereits 2021 sprach Reinhold Ewald in einem Interview, das bei reformiert.info veröffentlicht ist, über biblische Momente im All und seine katholische Prägung. Der Astronaut erklärte zur Frage, ob auf der auf der russischen Raumstation „Mir“ auch Religion ein Thema gewesen sei, dass man dies aufgrund von „über 80 Jahre Säkularisierung und Unterdrückung von gelebter Religion“ nicht erwarten konnte, aber:
„Auf der Mir hing eine Ikone. Und über die hat sich zumindest niemand beschwert.“
Zu dem bekannten Spruch des sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin, dass er Gott im Weltraum nicht gesehen habe, erklärte Reinhold Ewald nüchtern:
„Gottes Präsenz spüre ich unabhängig vom Raumflug.“
Zu der Tatsache, dass die Astronauten von „Apollo 8“ die biblische Schöpfungsgeschichte lasen, als sie den Mond umrundet hatten und die Erde über der Mondoberfläche aufging, sagte Ewald:
„Ob man bibeltreu ist oder nicht, da stehen tolle Sätze drin.“
Die Beschreibung, wie Licht und Dunkel voneinander getrennt werden, habe man „plastisch vor Augen, wenn man auf die felsigen Küstenlinien im arabischen Raum zufliegt. Oder wenn man in einem Moment Sonne im Raumschiff hat und in der nächsten Sekunde ist es stockdunkel“, so der Astronaut.
Zu seinem Glauben ließ er wissen:
„Ich bin von der Erziehung her im besten Sinne rheinischer Katholik.“
In seiner Kindheit sei er Messdiener gewesen und habe die Erstkommunion empfangen und „das volle römisch-katholische Programm“ genossen. Als entscheidend für seinen Glauben beschreibt er die Phase in seinem Leben, als er für sich „Schöpfungsgeschichte und Physik miteinander versöhnen“ musste. Zudem erklärte er zu seinem persönlichem Weg im Glauben:
„Irgendwann hat man dann Kinder und muss sich fragen, wie man ihnen den Glauben vermittelt, wohinter man als Vater steht.“
Er fühle sich mit der Kirche „vor allem auf karitativer Ebene“ verbunden und sei „auch in der ein oder anderen kirchlichen Organisation aktiv“, fügte Reinhold Ewald an.
Quellen: katholisch.de, domradio.de, phoenix.de, reformiert.info, livenet.ch
Hinweis: Den Himmelklar-Podcast mit Reinhold Ewald zum Nachhören gibt es: