Bundeskanzlerin Angela Merkel verabschiedet sich mit Kirchenlied „Großer Gott wir loben dich“
Während der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz beim Start seiner Kanzlerschaft vermutlich auf den Gotteszusatz beim Amtseid verzichten wird (Quellen: evangelisch.de, domradio.de), wozu die Märkische Oderzeitung mit der Headline „Scholz verzichtet auf Gottes Hilfe“ titelte, wird die Kanzlerschaft von Angela Merkel beim großen Zapfenstreich mit dem Kirchenlied „Großer Gott wir loben Dich“ zu Ende gehen.
Wie beim großen Zapfenstreich üblich, wird wohl auch Angela Merkel drei Musikstücke auswählen, die das Stabsmusikkorps der Bundeswehr spielen wird. Laut Recherchen des „Spiegel“ hat sich die Bundeskanzlerin als musikalische Einlage das Lied „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef und den Song „Du hast den Farbfilm vergessen“, mit dem Nina Hagen 1974 in der DDR einen Hit landete, ausgesucht. Darüber hinaus sollen die Bundeswehr-Musiker gerade das Kirchenlied „Großer Gott, wir loben Dich“ für die evangelische Pfarrerstochter proben. Dazu titelte die BILD: „Humor, Glaube und ihre Herkunft: Merkels Kurz-Biografie auf einer Abschieds-Playlist“.
Dass sie sich der Präambel des Grundgesetzes, die auf die „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ verweist, verpflichtet fühlt, brachte die Kanzlerin zuletzt vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags zum Ausdruck, in dem sie wie etwa auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier oder der scheidende Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble an einem ökumenischen Gottesdienst in Berlin teilnahm, der den Abgeordneten sich ihrer Verantwortung vor Gott und dem verantwortungsvollem Umgang mit Macht bewusst werden ließ. Die führenden Köpfe der potentiell neuen Regierungs-Koalition von SPD, Grünen und FDP nahmen nicht teil (Quelle: katholisch.de).
Während nun die neue Führungsriege der Ampel-Koalition mehr Trennung zwischen Staat und Kirche anstrebt, zeichnete sich die Haltung von Angela Merkel gerade dadurch aus, dass ihr bewusst war, welchen wichtigen Beitrag die Kirchen für unsere Gesellschaft und die sie tragenden Werte leisten. Auch betonte sie die Bedeutung des schulischen Religionsunterrichts für unsere Gesellschaft, so etwa beim Diözesanempfang am 23. Januar 2017 im Congress Centrum Würzburg. Dabei machte sie bewusst, dass wir gerade in der heutigen Zeit spüren, dass wir oft von Voraussetzungen leben, die wir selbst nicht schaffen können. Dazu erklärte die Kanzlerin:
„Religionsunterricht ist in unseren heutigen Zeiten eher wichtiger als weniger wichtig, weil es hier um Gewissens- und Herzensbildung geht und um mehr als unser eigenes Leben, sondern um den großen Zusammenhang unseres Lebens als Geschöpfe Gottes.“
Ihren Amtseid legte sie stets mit der Formel „so wahr mir Gott helfe“ ab, was für sie weit mehr als eine Floskel ist. Dazu betonte sie einmal:
„Die Formel ‚So wahr mir Gott helfe‘ macht uns Menschen bewusst, dass all unser Handeln und Bestreben fehlbar und begrenzt ist.“
Und weiter:
„Die Trennung von Kirche und Staat darf niemals vergessen lassen, dass wir als Menschen ohne den Glauben an Gott schnell überheblich werden.“
Überhaupt bekennt sich Angela Merkel auf Nachfrage klar und deutlich zu ihrem Glauben, mit dem sie seit Kindheitstagen groß geworden ist. So sagte die promovierte Physikerin etwa im November 2012:
„Ich glaube an Gott, und die Religion ist auch mein ständiger Begleiter – eigentlich in meinem ganzen Leben – gewesen.“
Gegenüber dem Sonntagsblatt betonte sie vor Jahren die Bedeutung der biblischen Inhalte für ihr persönliches Leben. Damals sagte sie:
„Die Zehn Gebote sind genauso unverzichtbares Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens wie das Doppelgebot der Liebe. Das Christ-Sein ist für mich daher nicht nur ein Rettungsanker in schwachen Stunden, in denen man hofft, nicht weggetrieben zu werden, sondern vor allem Gestaltungskraft in den Lebensphasen, die Impulse setzen sollen und Veränderungen bringen – denn in diesen gestaltet christlicher Glaube das eigene Leben und das der anderen mit – Gott sei Dank.“
Der Halt im christlichen Glauben half ihr auch im politischen Geschäft besonnen und demütig zu bleiben. Ganz in diesem Sinne erklärte sie einmal:
„Vor Gott bin ich Mensch, nicht Kanzlerin.“
Dass es auch gut und ganz im Sinne des Grundgesetzes ist, wenn sich auch Abgeordnete, die nicht gläubig sind, mit der Eidesformel „so wahr mir Gott helfe“ zu einer höheren Verantwortung bekennen, darauf verwies aktuell der Moraltheologe Prof. Peter Schallenberg. Gerade weil es bei diesem Satz nicht primär um Gott, sondern um das Grundgesetz gehe, bedauert er es, wenn Olaf Scholz bei seiner Vereidigung auf den Gottesbezug verzichten würde. Im Interview mit domradio.de erklärte Prof. Schallenberg dazu:
„Ich denke an die Präambel unseres Grundgesetzes, der sich unsere Politikerinnen und Politiker verpflichtet wissen. Die Präambel lautet bekanntlich: ‚In Verantwortung vor Gott und den Menschen‘. Die ist nicht umsonst so formuliert worden und hat große Bedeutung für unser Grundgesetz, für unser gesamtes staatliches Leben.“
Der Amtseid führe mit der Zusatzformel „So wahr mir Gott helfe“ den Politikerinnen und Politikern vor Augen, dass sie sich „vor einer anderen Instanz verantworten und verantworten wollen, als vor einer demokratischen Mehrheit und schon gar vor etwas anderem als nur vor uns selbst und dem eigenen Interesse“. Dazu betonte Prof. Schallenberg weiter:
„Insofern kann ich das nur sehr bedauern, wenn ein Politiker auf die Idee kommt und sagt, ich verzichte darauf. Das hat nichts mit persönlicher Frömmigkeit zu tun, sondern das bedeutet, sich um die Präambel des Grundgesetzes zu stellen, wenn man diesen religiösen Zusatz wählt.“
Worte, die Kanzlerin Angela Merkel bewusst waren.
Quellen: domradio.de (1), bild.de, evangelisch.de (1), katholisch.de (1), evangelisch.de (2), katholisch.de (2), katholisch.de (3), promisglauben.de, domradio.de
Einen nachdenkenswerten Standpunkt zum aktuellen Koalitionsvertrag gibt’s
Anbei eine schöne Interpretation der Kirchen-Hymne „Großer Gott wir loben dich“, die Angela Merkel sich zu ihrem Abschied wünscht:
Hier das beschriebene Statement von Angela Merkel zum Religionsunterricht: