Harald Lesch: „Nach welchen Werten ich lebe, ist eine Sache der Religion und meines Glaubens“

Am gestrigen Fronleichnamsfeiertag startete der Astrophysiker Harald Lesch mit dem katholischen Priester Thomas Schwartz ein neues Fernsehformat im ZDF unter dem Titel „Lesch sieht Schwartz“. Zu christlichen Feiertagen sprechen die beiden über aktuelle brisante Themen des Zeitgeschehens.

Wie das christliche Medienmagazin Pro berichtet, erklärte Lesch vorab zur Sendung gegenüber der Presse:

„Die unterschiedlichen Perspektiven von Wissen und Glauben interessieren uns beide. Und auch vor und nach Corona wird sich dieses Duo ‚Wissen und Glauben‘ nicht trennen lassen. Wissen ist immer begrenzt, verweist auf das Viele, das geglaubt werden muss. Da kommen wir Menschen nie heraus. Also sollten wir das auch nicht als Problem, sondern als völlig normalen menschlichen Zustand akzeptieren.“

Schwartz ergänzte, dass sowohl er als auch sein Kollege Lesch zeigen wollten, „dass Naturwissenschaften und Glaube sich heute noch etwas zu sagen haben“. Weiter solle der Zuschauer sehen können, dass Christen „nicht in getrennten Denkwelten leben“. Überhaupt müssten sich Christen weder verstecken noch sich für ihren Glauben schämen. Dazu betont der Theologe: „Denn wir haben für alle Menschen eine ‚gute Nachricht‘ – oder biblisch: eine ‚Frohe Botschaft‘!“

 

Dass „Lesch sieht Schwartz“ immer an Feiertagen läuft, soll auch den Wert von Feiertagen hervorheben. Im Interview mit dem Journalisten Martin Weber, das im General-Anzeiger veröffentlicht wurde, äußerte Harald Lesch die Sorge, dass für viele Menschen Feiertage „nur noch Brückentage“ darstellen und weniger Tage der inneren Einkehr. Mit Blick darauf erklärte Lesch:

„Wir möchten mit unserer Sendung auch für den Feiertag in seiner ursprünglichen Bedeutung werben. Ich denke, dass es ab und zu wichtig ist, einen Sabbat einzulegen.“

Zumindest könnte das dann ein Tag sein, „wo man nichts macht, wo man sich anders verhält als sonst“, so der 61-jährige Naturwissenschaftler.

Darauf angesprochen, dass er „bekanntermaßen praktizierender Christ“ sei, berichtete der Physik-Professor, dass der Gottesdienst für ihn von Bedeutung ist. So gehe er, wenn ihm danach sei und wenn er wisse, wer die Predigt hält, in die Kirche. Dazu begründet Lesch:

„Ich bin ja ein evangelischer Christ und bei uns spielt die Predigt eine große Rolle.“

Er besuche aber auch „ab und zu“ die katholische Kirche, die direkt bei ihm um die Ecke liegt, wo er dann ganz für sich sei und „für all jene eine Kerze an[stecke], die mir etwas bedeuten“, erzählte er weiter.

 

Für Lesch stehen Glaube und Naturwissenschaft keinesfalls im Widerspruch. Bereits im Jahr 2010 betonte er im Interview mit dem christlichen Medienmagazin Pro:

„Auf das Argument, Naturwissenschaft und Glaube schlössen sich aus, antworte ich: Freund, Du hast keine Ahnung von Naturwissenschaft.“

 

Gegenüber dem Journalisten Martin Weber beschrieb Harald Lesch aktuell, wie sich sein wissenschaftliches Arbeiten von seinem Glauben unterscheidet. So spiele in seiner physikalischen Arbeit Gott keine Rolle, wohl aber in der Art, wie er mit den Menschen, mit sich selbst und mit der Welt umgehe. Dazu erklärt Lesch weiter:

„Was ich als Physiker mit den Mitteln der empirischen Wissenschaft erkennen kann, sind die Gesetze, nach denen die Natur funktioniert. Aber welchen Wert ich der Welt beimesse und nach welchen Werten ich lebe, ist eine Sache der Religion und meines Glaubens.“ 

 

Im Januar 2021 sprach Harald Lesch im Interview mit domradio.de auch über die ihm immer wieder gestellte Frage, wie Glauben und Naturwissenschaft für ihn zusammengehen. Diesbezüglich betonte er u.a.:

„Die Art und Weise, wie ich mit denen [den Mitmenschen] umgehe und wie auch mein Verhältnis zu der Welt ist – empfinde ich das als Schöpfung oder kann ich damit machen, was ich will – das entscheidet doch mein Christsein.“

Er könne es sich nicht erklären, warum „immer wieder hinterfragt“ werde, ob Glaube und Wissenschaft sich ausschlössen. Diesbezüglich stellte er klar:

„Ich hatte noch nie eine Sekunde lang irgendein Problem, Physiker und Christ zu sein.“

 

Im Jahr 2016 ging Harald Lesch im YouTube-Kanal „Terra X Lesch & Co“ in einem bemerkenswerten Beitrag auf die Zuschauerfrage ein, ob es Gott aus wissenschaftlicher Perspektive geben könne. Dabei erklärte er abermals, dass uns die Wissenschaften bei dieser Frage nicht weiterhelfen können, weil sie „gott-frei“ seien, was aber nicht bedeute, dass sie „gott-los“ sind. Auch näherte er sich der Gottesfrage aus philosophischer Perspektive und vermittelte schlussendlich die Erkenntnis, dass die Frage nach Gott eine Glaubensfrage bleibe.

Dabei verwies Harald Lesch, der selbst einen Lehrauftrag für Philosophie innehat, darauf, dass es doch „interessant“ sei, dass man von denjenigen, die an Gott glauben, „eine ganze Menge“ lernen könne. In diesem Zusammenhang zeigte sich der Astrophysiker, der sich einmal als „Protestant vom Scheitel bis zur Sohle“ bezeichnete, von Papst Franziskus beeindruckt. In dem Beitrag sagte er u.a.:

„Das ist wirklich großartig. Was Papst Franziskus leistet, ist ganz große Klasse, nicht nur für die Christen auf dieser Welt, sondern für alle. Weil er Punkte anspricht, die für uns alle lebenswichtig sind.“

Dabei zeigte sich Lesch von Stellungnahmen von Franziskus zu ökologischen und ökonomischen Zusammenhängen beeindruckt. Weiter betonte er, dass „in Zeiten der Selbstoptimierung, wo alle möglichen Leute, alle möglichen Geräte an sich tragen, wo Schritte gezählt werden, das Gewicht und die zu sich genommen Kalorien gemessen werden“, Papst Franziskus diesem Effizienzdenken ein Jahr der Barmherzigkeit entgegensetzt und im Zuge dessen auch darauf verweist, dass hierzu nicht nur die Barmherzigkeit gegenüber anderen zähle, sondern auch die Barmherzigkeit gegenüber sich selbst. Dies bewog Harald Lesch zu folgendem Resumee:

„Wenn es Gott nicht gibt, dann sollte man ihn erfinden.“

Gut wenn Wissenschaftler durch ihren Gottesbezug, gut mit sich, ihren Mitmenschen und der Welt umgehen.

Quellen: pro-medienmagazin.de (1), ga.de, pro-medienmagazin.de (2), domradio.de, youtube.com

Anbei das beschriebene Video, in dem Harald Lesch auf die Frage eingeht, ob es Gott aus wissenschaftlicher Perspektive geben könne: