Journalist Georg Löwisch: „Christen brauchen sich nicht so zu verstecken, wie sie es heute oft tun“

Von September 2015 bis April 2020 war der Journalist Georg Löwisch Chefredakteur der linken Tageszeitung (taz). Nun ist er Chefredakteur der redaktionell eigenständigen ZEIT-Beilage „Christ & Welt“. Löwisch ist selbst gläubiger Christ. Zu seinem persönlichen Christsein äußerte sich der 46-Jährige aktuell im Interview mit katholisch.de. Auch in der ersten Ausgabe von „Christ & Welt“ unter seiner Leitung schrieb er über seine Motivation für den christlichen Glauben einzustehen.

In „Christ & Welt“ berichtet Löwisch aktuell, dass er als Protestant im „großzügig-katholischen Freiburg“ aufwuchs. Dabei berichtete er, dass der christliche Glaube damals ganz selbstverständlich zum Leben der Menschen dazu gehörte.

Dagegen werde ihm heute die Frage, ob er Christ sei, gerade von Christen „ziemlich schüchtern“ gestellt, wie Löwisch an anderer Stelle seines Beitrags schreibt. Seiner Ansicht nach wähnen sich Christen heute „gar nicht mehr unbedingt unter ihresgleichen“ und seien „vorsichtig“ geworden. Dazu stellte er fest:

„Christentum in Deutschland 2020: das Paradox einer Nische von mehr als 40 Millionen Menschen.“

Als seine neue Aufgabe als Chefredakteur von Christ&Welt? bekannt wurde, habe er in Berlin, wo er seit fast 20 Jahren wohnt, erlebt, wie Menschen „manchmal distanziert“ reagierten, und gespürt, dass in deren Leben „die Kirche nichts Gutes war“.

Er habe dann in seinem Umfeld „ein wenig herumexperimentiert“. Bei seinem Bekenntnis zum Glauben an Gott hätten „selbst freundliche Agnostiker (…) besorgt bis schockiert“ reagiert. Sein Bekenntnis „Ich bin evangelisch“ laufe so durch, „irgendwo zwischen Alpenverein und Führerscheinklasse II“. Hingegen erzeuge sein Einstehen dafür, dass er „ganz gern in die Kirche“ gehe, Interesse und führe zum Dialog. Da passiere etwas, „auch dann, wenn das Gegenüber gar kein Christ oder keine Christin ist“, so Löwisch.

Seinen Beitrag abschließend entschuldigt sich der neue „Christ & Welt“-Chefredakteur dann aber selbst fast etwas mit der Frage, ob er zu viel über sich selbst geschrieben habe. Denn Christsein sei für ihn persönlich „nichts, das man vor sich herträgt“. Das wäre ihm sogar „unangenehm“. In seiner Tätigkeit für „Christ & Welt“ möchte er als Journalist wahrgenommen werden. Und dennoch freue er sich als „ein gelassener Christ“ darauf, „mehr von diesen Begegnungen zu erleben“ und davon zu erzählen, „wenn sich zwei Christen treffen“.

So sieht Löwisch, wie er in seinem Beitrag bereits einleitend schrieb, sein Tun bei „Christ & Welt“ als eine sehr besondere Gelegenheit: die Welt aus einem christlichen, aus vielen christlichen Blickwinkeln zu betrachten“. Dabei gehe es ihm auch darum, das Christentum mit dem unabhängigen Journalismus zu konfrontieren, den er als streng weltliches Konzept bezeichnet.

 

Im Interview mit katholisch.de sprach Georg Löwisch auch über seinen Antrittstext in „Christ & Welt“ sowie über sein neues Aufgabengebiet und sein persönliches Christsein. Dabei erklärte er, dass er die christliche Einstellung der „Einkehr“ in den letzten Wochen erlebt habe, in denen er nach fünf Jahren als „taz“-Chefredakteur eine Pause einlegte, was ihm „sehr gutgetan“ habe. So habe er viel Zeit für sich und seine Familie gehabt und habe „ein bisschen in mich reinhorchen“ können.

Zur Motivation über seinen Antrittstext, in dem er auch über seine christliche Prägung schrieb, erklärte Löwisch, dass er die Verwunderung, die er mit seinem Bekenntnis zum christlichen Glauben bei einigen Menschen auslöste, aufgreifen wollte. In diesen Reaktionen erkennt er, „dass der Glaube eines Menschen in unserer Gesellschaft offenbar doch noch eine große Rolle spielt“. Weiter betonte er:

„Hinzu kommt der für mich interessante Eindruck, dass sich viele Christen in Deutschland offenbar gar nicht mehr unter ihresgleichen wähnen. Daraus erwächst eine gewisse Schüchternheit, über den eigenen Glauben zu sprechen.“

Diese Situation beschrieb er in seinem Antrittstext als „Paradox einer Nische von mehr als 40 Millionen Menschen“ (siehe oben). Dagegen zeigt sich Georg Löwisch vielmehr überzeugt:

„Christen brauchen sich nicht so zu verstecken, wie sie es heute oft tun.“

In diesem Zusammenhang betonte er erneut, dass er von einem aufdringlichen Bekenntnis derart, dass man den Glauben vor sich herträgt, nichts hält und er sich vielmehr als „gelassenen  Christen“ sieht. Dazu erklärte Löwisch:

„Ein gelassener Christ muss das Christentum nicht vor sich hertragen, auch wenn es ein relevanter Teil seines Lebens ist. Er kann in den Gottesdienst gehen, ohne sich am Montagmorgen damit zu brüsten. Und genauso wenig droht er permanent mit dem Kirchenaustritt, nur weil ihm in der Institution irgendwas nicht passt.“

In seiner Tätigkeit bei „Christ & Welt“ sieht er sich in erster Linie dem Journalismus verpflichtet, im Rahmen dessen es aber wichtig sei, „dass man sich für den Gegenstand seiner Berichterstattung interessiert und motiviert ist, Neues zu erfahren“. So sei es für seine neue Aufgabe „sicher hilfreich, dass ich auch selbst weiß, wovon hier die Rede ist“, so Georg Löwisch.

Zeit-Chef Giovanni die Lorenzo adelte den neuen Christ&Welt-Chef mit folgenden Worten: „Georg Löwisch ist einer der besten Blattmacher in Deutschland, ein besonders kluger und umsichtiger Kollege, auf den ich mich sehr freue.“ Wie Löwisch steht auch di Lorenzo zu seinem christlichen Glauben. 2011 schrieb Giovanni di Lorenzo zusammen mit Axel Hacke das Buch „Wofür stehst du“, worin sich beide auf die Suche nach den unsere Gesellschaft tragenden Werte begeben. Dabei brachte di Lorenzo auch zum Ausdruck, dass sein Leben ohne Kirche nicht zu denken ist.

Quellen: zeit.de, katholisch.de, jesus.de, wikipedia.org