Palliativmediziner Dr. Dirk Hennesser: Den Zeitpunkt des Todes „weiß nur der liebe Gott“

Die Schlagzeile ging um die Welt: Papst Benedikt XVI. betet für eine gute Sterbestunde. Viele Menschen hat der Palliativmediziner Dr. Dirk Hennesser bereits in ihrer letzten Lebensphase begleitet. Er weiß, was beim Sterben geschieht. Im Interview mit domradio.de spricht er aktuell über seine Erfahrungen.

Das Gebet in dieses Lebensphase ist für Hennesser durchaus von Bedeutung. Dazu sagt er u. a.:

„Als Katholik muss ich sagen: Natürlich ist das Erbitten einer guten Sterbestunde etwas Sinnvolles. Wir alle knüpfen doch an ein Gebet die Hoffnung, erhört zu werden und – in diesem besonderen Fall – friedlich von der einen Lebenswirklichkeit in die andere übergehen zu können.“

Zum Thema Sterbehilfe hat er eine klare Haltung. Denn das scheint ihm heutzutage „ein verdammt kommerzialisiertes Problem geworden zu sein“.

„Dabei kann auch ein Leben mit Krankheit sinnerfüllt sein.“

Lebensqualität bemesse sich nicht nur an der Tatsache, ob man gesund oder krank und Letzteres womöglich in fortgeschrittenem Stadium sei. Es bleibe oft noch eine Zeitspanne, in der – wenn man es positiv sieht – das Leben auch noch gestaltet werden könne. Im Wissen und Vertrauen auf die vielen Möglichkeiten der Palliativmedizin würde sich für manchen Menschen der Gedanke an Sterbehilfe gar nicht stellen. Für Hennesser müsse der öffentliche Fokus für ein würdiges Sterben klar in Richtung Sterbebegleitung gehen:

„Wenn wir uns in Talkshows und auf politischer Bühne so sehr um das sogenannte Wohl kranker Menschen kümmern, dann verstehe ich darunter den Auftrag, hier Betreuungsmöglichkeiten zu erweitern und die Menschen darüber aufzuklären, aber nicht, ihnen ein letztes Glas anzureichen.“

Der Palliativermediziner Dirk Henneser erkennt, dass der Tod einer jeden Menschen höchst individuell sei und den Zeitpunkt Gott bestimme.

„Jeder Mensch stirbt anders, und doch sind die letzten 24 bis 48 Stunden bei vielen Patienten ähnlich.“

Bis zum letzten Atemzug bleibe es unkalkulierbar, wie viel Zeit wirklich noch bleibe.

„Oft genug haben wir auf Station erlebt: Der Tod liebt die Überraschung. (…) wann es dann wirklich soweit ist, weiß nur der liebe Gott. Und manchmal ist es auch gut, nicht alles zu wissen.“

Das komplette Interview über die vielen Gesichter des Todes gibt’s unter domradio.de

 

Einen Bericht über einen Patienten von Dirk Hennesser im Sterbeprozess gibt’s unter ksta.de