Pastor Andreas Engelbert: „Vergebung ist nicht leicht, aber überlebensnotwendig“
Am heutigen Sonntag hielt Pastor Andreas Engelbert, der seit kurzem unser Team als geistlicher Begleiter bereichert, in der Freien Evangelischen Gemeinde (FEG) München-Nord eine Predigt zum Thema Vergebung. Der berührende Gottesdienst, bei dem wir zu Gast waren und unser Teammitglied Martin Meyer die Lobpreisband leitete, stand unter dem Motto „Wie Du mir, so ich Dir – Vergebung ist (un)möglich!?“.
In den Worten seiner Predigt ging Pastor Andreas Engelbert auf die ambivalente Situation ein, die entsteht, wenn wir einerseits tief verletzt und betrogen wurden und wir uns nicht vorstellen können, ihm oder ihr jemals zu vergeben, andererseits aber merken, dass die Verletzung nicht besser wird und uns Kraft und Lebensfreude kostet.
Pastor Engelbert machte deutlich, dass Wut und Verletzungen unsere Lebenssituation beeinträchtigen und es dabei keine lebenswerte Alternative zur Vergebung gibt. Dazu betonte er:
„Wenn wir nicht vergeben, gehen wir langfristig selbst kaputt und berauben uns unserer eigenen Heilung.“
Pastor Engelbert machte dabei bewusst, dass Vergebung ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen eintritt, sondern nach und nach. Wichtig ist, dass zuallererst die Bereitschaft dazu vorhanden ist verbunden mit dem Bewusstsein:
„Vergebung ist nicht leicht, aber überlebensnotwendig.“
Wie kommt man aber aus dem Teufelskreis „Wie du mir so ich dir!“ mit der Folge „Was lange gärt, wird endlich Wut!“ heraus?
Dazu erinnerte Pastor Andreas Engelbert an die Vorleistung, die Gott erbracht hat, um uns zu befreien. Er ermunterte die Gemeinde, sich immer wieder vor Augen zu führen, was Jesus am Kreuz für uns getan hat, was mehr und mehr zu folgendem Perspektivwechsel führen kann:
„Wie Gott mir, so ich dir.“
Mit dem Blick aufs Kreuz kann uns Christen bewusst werden, dass uns Gott bereits unsere eigene Schuld vergeben hat und wir unsere Verletzung an Gott geben können in dem Bewusstsein:
„Ich vergebe es an Gott.“
Dabei erinnerte Pastor Engelbert aber, dass Vergebung eine Schöpfungstat ist, die nicht „verramscht“ werden darf in Form einer billigen Vergebung. Es kommt vielmehr darauf an von Herzen vergeben zu können in dem Bewusstsein, dass ich vergebe, weil Jesus mir vergeben hat.
Mit Blick auf den Kreuzestod Jesu umschrieb Jürgen Klopp als Reformationsbotschafter 2017 einmal treffend: „Es ist einfach für mich als Christ die einschneidenste Geschichte aller Zeiten, weil sich damit alles verändert hat. (…) Das ist die großartigste Tat, die je vollbracht wurde.“ Genau durch diese „großartigste Tat“ voller Liebe ist uns vergeben, was uns wiederum fähig werden lässt, selbst zu vergeben.
Pastor Andreas Engelbert ermutigte dazu, sich auf den Weg der Vergebung einzulassen, um dabei zu erfahren:
„Wenn wir bereit sind zu vergeben, dann werden wir befreit!“
Gleichzeitig machte er auch bewusst, dass wir uns im Vergeben nicht überfordern sollten, weil Vergebung ein Prozess ist, ein längerer Weg, der mit dem ersten Schritt beginnt, um dann auf lange Sicht tatsächlich Heil zu erfahren.
Wie weit die Fähigkeit zur Vergebung reichen kann und dass Vergebung auch nach schlimmsten Erfahrungen möglich und heilsam ist, verdeutlichte er am imposanten Beispiel von Eva Moses Kor, die in den Zwillingsexperimenten schlimmstes Grauen in Auschwitz erlebt hatte und die vor einigen Jahren in Essen auf Einladung des Kulturwissenschaftlichen Instituts sprach, worüber die WAZ vom 15.06.2005 berichtete: Diese Frau hat nicht nur den Todesengel von Ausschwitz Mengele, sondern allen Nazis vergeben. Bei der Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz erklärte sie dies in aller Öffentlichkeit. Ein ungeheuerlicher Vorgang. … Die damals 71-jährige erklärte ihre Gründe, die nicht überall und von jedem verstanden werden, wie folgt:
„Ich bemerkte, ich hatte die Macht zu vergeben. Ich, das kleine Mädchen, das schwache Opfer, habe die Macht, dem Todesengel von Auschwitz zu vergeben.“
Von diesem Moment an habe sie sich nicht mehr als Opfer gefühlt, … und ihre Seele (war) geheilt. Seither verbreitet sie ihr Erlebnis und betont dabei:
„Es ist meine große Hoffnung, dass die Opfer von Gewalt in aller Welt lernen werden, ihre Seele zu heilen und frei zu werden.“
Pastor Engelbert betonte mit Blick auf dieses gewaltige Zeugnis einer Vergebung, dass es Zeit braucht, bis man sich zu einem Vergebungsakt durchringt. Entscheidend sei es, den ersten Schritt zu wagen. Dieser erste Schritt kann dann Schritt für Schritt befreien, vom Unheil des Hasses und der Verbitterung, denn:
„Irgendwann wittert man den Duft von Morgenluft und Freiheit.“
Anschließend zeigte Pastor Andreas Engelbert noch Schritte auf, wie ein Ausweg aus der Verletzung konkret möglich ist.
Autor: Markus Kosian
Hier ein wunderschöner Song, der die Heilstat Jesu am Kreuz zum Ausdruck bringt: