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Pater Christoph Kreitmeir: „Vertrauen lebt von einem Aufgehobensein in Gott“

Nach Vortragsmarathon zu seinem neuen Buch „Welche Farbe hat der Tod“ und damit verbundenen Interviews (Anmerkung: Einen sehr lesenswerten Beitrag gibt es HIER) gibt es heute bei uns wieder die Auslegung von unserem geistlichen Begleiter Pater Christoph Kreitmeir zum Sonntagsevangelium vom „Gleichnis von den anvertrauten Talenten“ (Mt 25,14-30), das er unter die Headline „Gottes Therapie bei mangelndem Vertrauen“ stellt.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat: 

 

 

Das „Gleichnis vom anvertrauten Geld“ ist für uns sehr gut nachvollziehbar: Drei Verwalter bekommen Geld, mit dem sie wirtschaften sollen. Zwei machen das ihren Fähigkeiten entsprechend gut und erhalten bei der „Abrechnung“ mit dem Geldgeber nicht nur Lob, sondern noch mehr Geld, um gut weiter zu wirtschaften. Der Dritte aber tut nichts mit dem Anvertrauten! Der genannte Grund ist seine Angst vor dem Herrn. Dieser tadelt ihn als faul und schlecht, lässt ihm das Geliehene wegnehmen und bestraft ihn mit Ausstoßung bis in die äußerste Finsternis.

Hinter dem Wort „anvertraut“ verbirgt sich eine Realität, die nicht nur Geschäftsbeziehungen belastbar und ausbaufähig macht, sondern das ganze Leben: Das Vertrauen.

Ohne Vertrauen zerbricht über kurz oder lang jede Beziehung zwischen Menschen und – das ist der tiefere Sinn dieses Gleichnisses – auch zwischen Menschen und Gott.

Alle Bereiche zwischenmenschlichen Zusammenlebens bauen letztlich auf Vertrauen auf. Man muss sich darauf verlassen können. Unvorstellbar, dass Ärzte, Schwestern, Sanitäter, Feuerwehr oder Polizei sich nicht für das Leben und den höheren Wert eines Allgemeinwesens einsetzen würden. Wenn so ein Vertrauen gebrochen wird, dann löst dies eine Lawine von Misstrauen aus. Deshalb ist es ja so erschütternd, wenn Banken Milliarden unserer Gelder „verbrennen“, Ärzte mit Organen Handel betreiben oder Priester Kinder missbrauchen, um nur einige schlimme Beispiele aus einer Vielzahl zu nennen.

Da zerbricht etwas Wesentliches zwischen den Menschen, der „soziale Kit“ zerbröselt. Seit ein paar Jahren geht in fast allen gesellschaftlich relevanten Bereichen ein Ungeist durch unser Land und unsere Welt, der alles auf unsichere Füße stellen will. Misstrauen und Angst wachsen wie ein immer größer werdendes Krebsgeschwür und machen alles mürbe.

Das „Gleichnis vom anvertrauten Geld“ darf nicht schön gelesen oder geredet werden. Jesus bringt es auf den Punkt: Wenn du mit dem dir Anvertrauten schlecht, faul oder angstbesetzt umgehst, dann wirst du zur Rechenschaft gezogen werden. Wie bei einer Operation wird das „Faule“ weggeschnitten, damit Gesundes nachwachsen oder zumindest gesundes Gewebe nicht weiter geschädigt werden kann.

Es ist wichtig und richtig, gegen den Zeitgeist des Schlendrians, der Weltuntergangsstimmung und des „jeder nur für sich“ anzugehen.

Diese Allgemeinstimmung lässt nämlich Negatives wachsen und hemmt die positiven Gegenkräfte. Anfang letzter Woche hörte ich im Radio, dass das Vertrauen in die katholische Kirche rapide gesunken ist. Neue Umfragen ergaben ein verheerendes Stimmungsbild bzgl. der Kirchenbindung und des religiösen Bezuges in Deutschland. Wen wundert´s? Seit 12 Jahren geistern permanent die Negativnachrichten durch die Medien. Dies hinterlässt Spuren und macht es all den guten Verwaltern und Verwalterinnen wirklich nicht leicht, wahrgenommen zu werden. Wer sein Vertrauen einmal verspielt hat, der hat es unendlich schwer, es wieder zu erlangen.

Der hl. Johannes Don Bosco sagte einmal einen klugen Spruch mit Hintersinn: „Gutes tun, fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen.“ Gegen den Zeitgeist, gegen Negativerfahrungen und lähmende Skandalnachrichten nicht aufgeben, das Gute tun, dabei in sich ruhend aus tieferen Quellen der Kraft schöpfen und dadurch eine positive Gegenrealität schaffen.

Die moderne Gesundheitspsychologie spricht vom dreifachen Vertrauen, das wahrgenommen und geübt werden will: Selbstvertrauen, soziales Vertrauen und spirituelles Vertrauen.

Als erstes das Selbstvertrauen, mit dem Wissen der „Selbstwirksamkeit“, also der vertrauenden Erfahrung, dass ich einen Einfluss auf mein Leben und meine Umgebung habe. Dann das soziale Vertrauen, das Sich-vertrauend-auf-andere-Einlassen ergänzt und stärkt die Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung. Nicht nur negative Erfahrungen, Taten und Berichterstattung, sondern eben auch die positiven ziehen ihre eigenen Kreise.

Die dritte wichtige Säule des Vertrauens ist das spirituelle Vertrauen. Es lebt von dem Vertrauen eines Aufgehoben- und Behütetseins in etwas Größerem, in Gott.

Deshalb ist es immer wieder wichtig, sich an diesen Gott vertrauensvoll hinzugeben, die Beziehung zu ihm zu pflegen und dadurch die „Trotzdemkraft“ zu bekommen, gegen das „Geläut der Leute“ das Gute zu sagen und zu tun. Amen.

Hinweis: Pater Christoph Kreitmeir hat kürzlich ein beeindruckendes Buch voller Trost, Hoffnung und „Trotzdemkraft“ veröffentlicht. Artikel zu seinem neuen Buch „Welche Farbe hat der Tod?“ gibt es unter folgenden Links:

 

domradio.de

mk-online.de

aussicht.online

„Die dritte wichtige Säule des Vertrauens ist das spirituelle Vertrauen“ (Pater Christoph Kreitmeir) – Anbei der Song „Trust in you“ von Lauren Daigle, der diese Worte nachklingen lässt: