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Pater Christoph Kreitmeir: „Wir brauchen einen belebenden Geist außerhalb von uns“

Seine Predigt zum Pfingstsonntag 2024 (Lesung: Apg 2, 1-11; Evangelium: Joh 15, 26-27; 16, 12-15) überschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir mit den Worten: „Mut ist die Angst, die gebetet hat“.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Schon lange geht es irgendwie im Leben nicht voran, schon lange tritt man auf der Stelle und sehnt sich nach Veränderung. Diese Sehnsucht ist zwar eine ganz wichtige Kraft, wenn sie aber nur in der Vorstellung bleibt, dann verpufft sie. Es wird nichts aus diesem Veränderungsimpuls. Noch mehr: Wenn ein Mensch meint, sein Leben nur aus eigener Kraft bewältigen zu können, dann wird er eines Besseren belehrt. Wir brauchen andere Kraftquellen als nur die eigenen. Der Pallotinerpater und Psychotherapeut P. Jörg Müller brachte das einmal gut auf den Punkt:

„Ein Christ, der an den Heiligen Geist zwar glaubt, doch seine Hilfe meist verdrängt und nur aus eig´ner Kraft an seinem Leben schafft, erreicht es nie, dass er sich wandelt im Leben, weil er geist-los handelt.“ (siehe: Jörg Müller, Ein Christ …: Gereimte Ungereimtheiten eines Betroffenen, Stuttgart 1995)

Wir brauchen einen belebenden Geist außerhalb von uns! Für uns Christen ist das der Heilige Geist, der Leben schafft, der uns mit seiner heiligen Kraft erfüllt.

Den Stillstand, das Nicht-mehr-Können und Nicht-mehr-weiterkommen darf und soll der Christ Gott im Gebet hinhalten, damit er es wandeln kann. Irgendwo habe ich vor kurzem gelesen:

Mut ist die Angst, die gebetet hat.

Dieser Satz hat es in sich. Ich habe ihn einmal durchgefühlt und durchgedacht.

Manchmal gibt es im Leben dann auf einmal eine Klarheit, einen Mut, ein Wagnis, auf-zu-brechen, sich aufbrechen zu lassen. Der Impuls dafür kommt nicht aus einem selbst, das spürt man ganz deutlich. Man ahnt, dass Gott einem am Kragen packt und an der Hand nimmt und herausführt aus der Enge in die Weite.

Der Heilige Geist ist Dynamik, ist Energie, kommt manchmal wie ein Sturm mit einem Brausen daher, wie wir es in der Apostelgeschichte gehört haben.

Die Wirkung ist Aufbruch, Bewegung und Verständnis untereinander und füreinander. Auf einmal legt man selbst Zeugnis ab für diese Kraft des Heiligen Geistes, wie Jesus es seinen Jüngern im soeben gehörten Evangelium zugesagt hat.

Oft kommt der Heilige Geist aber versteckt und leise daher. Wir dürfen das nicht unterschätzen, sollen dafür beten und darauf vertrauen.

Der vertrauende und geduldige Christ stellt sich dem Tun des Heiligen Geistes nicht in den Weg, er rechnet mit ihm.

Wie ein inneres Licht, das nie erlöscht, wie ein inneres Feuer, das Kraft und Wärme gibt, wie ein Freund, der an deiner Seite geht, dich aufrichtet, stärkt, tröstet, ermahnt und deinen Weg mit dir geht, so ist der Heilige Geist. Und noch viel mehr. Warum aber meinen wir immer, alles alleine machen zu müssen?

Ich kenne mehrere besondere Zeiten in meinem Leben, wo ich nicht mehr weiter wusste, wo mir die Kraft, die Vision, die Hoffnung ausgingen und wo ich nicht mehr weiter konnte. Diese Zeiten waren nicht schön und ich möchte sie nicht wieder erleben müssen. Die Erfahrung hat mich aber gelehrt, dass es dann Dank der Hilfe Gottes – davon bin ich nun überzeugt – manchmal langsam sich entwickelnd, manchmal wie ein Lichtblitz aus dem Dunkel führend einen Ausweg, einen Aufbruch, einen Neuanfang gab.

Dank des Heiligen Geistes lies ich mich auf Wege ein, die ich nicht kannte und die mir neue Freiheit schenkten. Dank des Heiligen Geistes wuchsen mir Kräfte zu, von denen ich vorher nicht ahnte, dass sie in mir schlummerten.

Menschen, die das Wirken des Heiligen Geistes, eines unsichtbaren aber höchst wirksamen Freundes erfahren haben, lernen mit ihm zu leben und für ihn und sein Wirken Zeugnis abzulegen. Genau das taten die Apostel und die Jünger nach der Erfahrung des Pfingstgeschehens. Und genau das versuche ich tagtäglich im Krankenhaus, wo ich ein Mitarbeiter des Heiligen Geistes sein darf im Trösten und Aufbauen, im Beistehen und Dasein.

Und ich versuche das in einer Welt, die immer komplizierter, chaotischer, undurchsichtiger und angstmachender wird.

Ich lasse mir meine Zuversicht nicht nehmen, ich glaube an das Gute gegen alle Erfahrung des Bösen!

Wie war das nochmal mit diesem Satz „Mut ist die Angst, die gebetet hat“? Im Heiligen Geist zum Heiligen Geist beten, vertrauen und gegen alle Unkenrufe Wohnungen der Hoffnung zu bauen beginnen.

Und genau deshalb wollen wir mit alten Worten gegen die Angst von Heute anbeten:

„Komm herab, o Heil’ger Geist,
der die finstre Nacht zerreißt,
strahle Licht in diese Welt.

Komm, der alle Armen liebt,
komm, der gute Gaben gibt,
komm, der jedes Herz erhellt.

Höchster Tröster in der Zeit,
Gast, der Herz und Sinn erfreut,
köstlich Labsal in der Not.

In der Unrast schenkst du Ruh,
hauchst in Hitze Kühlung zu,
spendest Trost in Leid und Tod.

Komm, o du glückselig Licht,
fülle Herz und Angesicht,
dring bis auf der Seele Grund.

Ohne dein lebendig Wehn
kann im Menschen nichts bestehn,
kann nichts heil sein noch gesund.

Was befleckt ist, wasche rein,
Dürrem gieße Leben ein,
heile du, wo Krankheit quält.

Wärme du, was kalt und hart,
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.

Gib dem Volk, das dir vertraut,
das auf deine Hilfe baut,
deine Gaben zum Geleit.

Lass es in der Zeit bestehn,
deines Heils Vollendung sehn
und der Freuden Ewigkeit.

Amen. Halleluja.“

(Pfingstsequenz, um 1200, zugeschrieben Stephan Langton, Erzbischof von Canterbury, Übertragung von Maria Luise Thurmair und Markus Jenny 1971, in: https://www.pfingsten.de/gebete-impulse/gebete/pfingstsequenz/)

Anbei eine moderne Interpretation der Pfingstsequenz „Komm herab, o Heil’ger Geist“ von Johannes Hartl und Freunden: