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Pater Christoph Kreitmeir: „Wir können nur verstehen, wer Jesus ist, wenn wir in seine Atmosphäre eintauchen“

In seiner Auslegung der Sonntagslesung und des Sonntagsevangeliums (Jes 49, 3.5-6 und Joh 1, 29-34) geht unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir der Frage nach: „Wer ist Jesus?“

 

Anbei seine Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format:

 

 

Wer ist Jesus?

Komische Frage. Wir haben als Christen doch klare Antworten auf diese Frage: Sohn von Maria, Prophet, Wanderprediger, Heiland und Erlöser, Sohn Gottes, Überwinder und Besieger des Todes und einiges mehr. Johannes der Täufer benennt ihn im heutigen Evangelium so, wie wir ihn kaum nennen würden: „Das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“. Er bezeugt ihn als „Sohn Gottes“, auf den der Geist Gottes herabgekommen sei.

Er ist der Sohn Gottes! Gut, aber damit ist die Frage noch lange nicht gelöst, wer Jesus für mich persönlich ist. Wer ist er für mich? Was bedeutet er für mich? In welcher Weise wirkt er heute in unserer gegenwärtigen Welt? Tut er das überhaupt? Wenn er Gottes Sohn ist, dann stellt sich die weitere Frage, wer dann Gott eigentlich ist? Darüber gehen die Vorstellungen weit auseinander.

Von Theologen werden uns Antworten angeboten, die uns letztlich nicht weiterhelfen. Gott wird zum Beispiel als das letzte, absolute Prinzip und das personale Wesen definiert und beschrieben, das in der Geschichte handelt. Theologische und andere theoretische Gottesbeschreibungen kommen oft so hölzern, steif, theoretisch und blutleer daher.

Wie können wir Menschen aber, denen Gott fremd ist, über IHN lebendig und nicht langweilend Auskunft geben? Das geht nur, davon bin ich mittlerweile überzeugt, wenn wir selbst religiöse Erfahrungen haben. Angelesenes wird intuitiv als solches erkannt, selbst Erfahrenes, wenn es echt ist, zieht in Bann und macht neugierig. Wer von Gott berührt wurde, stimmt folgender Erfahrung zu: Es ist das Schönste, Kostbarste und Wichtigste, das mein Leben seitdem geprägt hat. Wir können es nicht definieren, wir können nur beschreibend von Gott reden: „Es ist wie oder es ist zu vergleichen mit”

Deshalb sprach Jesus am liebsten in Bildern, Vergleichen und Gleichnissen, wenn er etwas von Gott oder vom Reich Gottes darlegen wollte.

Vom Säen, Wachsen und Ernten, von der Kraft des Sauerteigs, vom Schatz im Acker, von der kostbaren Perle sprach er. Wenn wir diese Bilder ernst nehmen und sie an uns heranlassen, dann werden wir angeregt, sie nachzuempfinden. In uns wird unsere spirituelle Sehnsucht wach.

Sie will uns helfen, die Schwierigkeiten und Brüche des Lebens nicht wegzubeten, sondern sie auf einer anderen, einer höheren und gleichzeitig tieferen Ebene anzunehmen und dadurch zu wandeln.

Was hat sich bei Menschen ereignet, die Jesus begegnet sind? Sie waren fasziniert von dem, was Jesus sagte, wie er es sagte und vor allem wie er war. Einer von ihnen ist dieser Johannes, der zur Bußtaufe aufgerufen hatte und Jesus zu ihm kam. Als Johannes sagt: „Er ist der Sohn Gottes!” (Joh 1, 34), dann steht da eine ganze Geschichte dahinter.

Man darf annehmen, dass der Mann aus der Wüste selbst erfahren hatte, was es heißt, Gott begegnet zu sein. Er war wach geworden für die Ausstrahlung Jesu. Zu Beginn der heutigen Evangeliumstelle hörten wir Johannes rufen: Dies ist das „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt”.  Jesus hat nicht erst durch seinen Tod Menschen von der Sünde befreit. Wir lesen in den Evangelien, dass eine als Sünderin bekannte Frau in der Nähe Jesu vor Glück weinte und ein geiziger Zöllner nach dem Mahl mit Jesus die Hälfte seines Vermögens verschenkte und dies aus absoluter Freude machte. Sie wurden in seine Atmosphäre hineingezogen, man könnte auch sagen „mit seinem Geist getauft“. Jesus hat die Sünde von ihnen weggenommen, indem er sie innerlich und äußerlich verwandelte.

Am Anfang dieser Predigt stellte ich die Frage: Wer ist Jesus? Wer ist er für mich?

Wir können nur verstehen, wer Jesus ist, wenn wir in seine Atmosphäre eintauchen und dabei andere Menschen werden.

Nicht theologische Erklärungen, erst die Auseinandersetzung mit uns selbst und dem Leben öffnet den Raum Gottes in uns und entwickelt ein besonderes Sinnorgan, um wie Johannes Jesus erkennen zu können: Seht, das ist Gottes Sohn, für dich, für mich, ganz konkret und dein Leben verändernd. Dann wächst eine Gewissheit in uns. Amen.

Hinweis: Mehr spirituelle Impulse von Pater Kreitmeir gibt es:

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