Pater Dr. Peter Uzor: „Wo Jesus ist, da geschieht Leben“
Seine Predigt zu Allerseelen 2025 überschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Dr. Peter Uzor mit der Headline: Joh 11,17–27 „Ich bin die Auferstehung und das Leben…“. Dabei beschreibt er den Raum zwischen unserer menschlichen Ohnmacht und der Hoffnung, dass Gott stärker ist als der Tod.
Anbei die Worte seiner Predigt:
Der November hat seine eigene Sprache. Sie ist still, nachdenklich, manchmal schwer. Die Blätter fallen, die Tage werden kürzer, die Sonne steht tief, und unsere Schritte führen uns in diesen Tagen oft hinaus auf den Friedhof – zu den Gräbern derer, die uns einmal nahe waren.
Dort stehen wir – still, traurig, manchmal auch ratlos – und spüren, wie sehr die Fragen des Lebens uns ins Herz treffen: Was bleibt? Wo sind sie jetzt, unsere Verstorbenen? Und – wird am Ende wirklich alles gut?
Im Evangelium begegnet uns heute Marta, die Schwester des verstorbenen Lazarus. Ihr Bruder ist tot – und Jesus, von dem sie sich Hilfe erhofft hatte, ist zu spät gekommen. Und so sagt sie zu ihm: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“
Wie vertraut klingt dieses Wort! Es ist das Wort unzähliger Menschen, die am Grab eines geliebten Menschen stehen und fragen: Warum, Herr? Warum hast du nicht eingegriffen? Warum hast du ihn uns genommen?
Marta steht damit ganz auf unserer Seite. Sie klagt – aber sie bleibt nicht in der Klage stehen. Sie wagt das fast Unbegreifliche: Sie hält an ihrem Vertrauen fest.
„Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben.“ Das ist kein billiger Trost, kein „es wird schon wieder gut“. Das ist gelebter Glaube mitten im Schmerz. Ein Glaube, der weiß: Gott ist da – auch wenn ich ihn nicht verstehe.
Auf Martas Klage antwortet Jesus mit einem der größten Worte, die das Evangelium kennt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“
Nicht: Ich werde einmal die Auferstehung sein.
Nicht: Eines Tages wird das Leben siegen.
Sondern: Ich bin – hier und jetzt – die Auferstehung und das Leben.
Das heißt:
Wo Jesus ist, da geschieht Leben – trotz Tod, trotz Trauer, trotz Dunkelheit.
Er selbst ist der Ort, an dem Leben stärker ist als der Tod. Und wer sich an ihn hält, wer sich – wie Marta – auf ihn einlässt, der spürt schon jetzt etwas von dieser Kraft der Auferstehung.
Der heutige Tag – Allerseelen – ist genau dieser Raum dazwischen: zwischen unserer menschlichen Ohnmacht und der Hoffnung, dass Gott stärker ist als der Tod.
Wir besuchen Gräbern, wir stehen an Gräbern, wir entzünden Kerzen, wir sprechen Namen aus,
die uns heilig geworden sind. Und wir vertrauen sie dem an, der gesagt hat: „Niemand wird sie mir aus der Hand reißen.“ (Joh 10,28)
Allerseelen ist kein Tag der Verzweiflung, aber auch kein Tag des bloßen Vergessens. Es ist ein Tag des Erinnerns im Glauben – ein Tag, an dem wir das Dunkel benennen dürfen, aber zugleich das Licht nicht aus den Augen verlieren.
Die kleinen Flammen auf den Gräbern sind Zeichen dafür: Sie leuchten gegen die Nacht an, so wie unser Glaube gegen die Trauer leuchtet.
Marta hat geglaubt, auch wenn sie noch nichts sehen konnte. Und genau das ist der Weg des Glaubens: nicht immer sehen, aber dennoch vertrauen.
Wir wissen nicht, wie das neue Leben bei Gott aussieht. Wir können es nicht erklären – aber wir dürfen es glauben. Und dieser Glaube hat einen Namen: Jesus Christus.
Er ist nicht nur der, der Lazarus ins Leben zurückrief. Er ist der, der selbst den Tod durchschritten hat – und lebt. Und weil er lebt, dürfen auch wir hoffen, dass das Leben mit ihm niemals endet.
„Am Ende alles gut?“ Diese Frage bleibt – auch heute. Und vielleicht dürfen wir sie so beantworten:
Nicht alles, was uns widerfährt, ist gut. Aber Gott wird am Ende alles gut machen.
Nicht indem er unsere Vergangenheit auslöscht, sondern indem er sie vollendet – indem er aus allem, was zerbrochen ist, neues Leben schafft.
Und wenn wir eines Tages selbst durch das Dunkel des Todes gehen, dann dürfen wir glauben: Wir gehen ihm entgegen – dem, der uns beim Namen ruft, wie er einst Lazarus rief: „Komm heraus!“ Und seine Stimme wird stärker sein als alle Finsternis.
Der Glaube an die Auferstehung ist kein billiger Trost, sondern die tiefste Verheißung Gottes, dass nichts und niemand verloren geht, dass jede Träne in seine Hand fällt, dass am Ende – so Gott will – wirklich alles gut sein wird.
Und bis dahin? Bis dahin dürfen wir leben – aus der Hoffnung, die stärker ist als der Tod. Wir dürfen lieben – weil die Liebe bleibt. Und wir dürfen glauben – dass Christus uns und unsere Verstorbenen
einmal heimführt in sein Licht, wo es kein Dunkel mehr gibt. Amen.
Anbei der Song „Fürchte dich nicht“ von Samuel Harfst, der die Worte von Pater Peter nachklingen lässt:



