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Pater Kreitmeir: „Wer über das Bedrückende hinaussehen kann, sieht weiter“

In seiner Auslegung zur heutigen Sonntagslesung (Mal 3, 19-20) und zum Sonntagsevangelium (Lk 21, 5-19) schaut unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir auf die Endzeit, aber nicht resignativ.

 

Anbei die Worte der Predigt von Pater Kreitmeir als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Irgendwie kann man es nicht mehr hören. All das Negative, das Herunterziehende, das Deprimierende. Und dann spricht das Evangelium von heute auch von Kriegen und Unruhen, die geschehen müssen, dass kein Stein auf dem anderen bleibt, von Erdbeben, Hungersnot und auch Verfolgung, Christenverfolgung. Ach Mensch, ich will doch die Frohbotschaft unseres Herrn Jesus Christus hören und muss diese warnenden Worte vernehmen.

Aber, wenn ich ehrlich bin, dann stimmen diese Worte Jesu ja, alles und leider noch viel mehr ist eingetreten. Die Urkatastrophe für Juden und Christen, die Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch die Römer im Jahre 70 nach Christi Geburt war bis dahin unvorstellbar. Er galt als eines der sieben Weltwunder der Antike und unverrückbar für die Ewigkeit gebaut. Mit der Zerstörung dieses herrlichen Bauwerkes bricht eine ganze Welt zusammen. Das religiöse Zentrum war nicht mehr Sinnbild des Bundes Gottes mit seinem Volk, sondern eine Stätte der Verzweiflung.

Wo war Gott? Gelten seine Verheißungen nicht mehr?

Das Evangelium spricht neben Naturkatastrophen auch die Verfolgungssituation der Christen an. Sie werden angefeindet und sind Verdächtigungen und Vorverurteilungen auch in der eigenen Familie ausgesetzt. Sie werden bloßgestellt und sogar getötet.

Dieses Evangelium ist nicht wirklichkeitsfremd, wirklich nicht. Es bietet auch keine Flucht in eine reine Innerlichkeit an, die äußere negative Dinge nicht selten gerne ausblendet.

Wir erleben ja seit vielen Jahren auch unzählige Umbrüche und Krisen in der Welt, in unserer Gesellschaft und auch in unserer Kirche. Nichts scheint mehr zu sein wie es war. Die unerschütterliche Kirche als Garantin für Stabilität in allem Hin und Her von Meinungen und Moden ist selbst im Kern angegriffen. Strukturdebatten, Priester- und Gläubigenmangel, massiver Glaubensverlust, Kirchenskandale, Kirchenaustritte … Ach, ich höre mit dieser Aufzählung auf. Wir wissen es nur zu genüge.

Interessant ist für mich, dass das heutige Evangelium am Ende sogar von Hoffnung spricht. Lasst euch nicht erschrecken! Dann könnt ihr Zeugnis ablegen. Kein Haar wird euch gekrümmt werden.

Der Glaube an den Lebendigen, der da kommen soll, der da kommen wird, gibt Kraft. 

Kein goldener Tempel, keine noch so gut strukturierte Kirche können Halt geben, ER gibt diesen Halt.

Johannes, der Autor des letzten Buches des Neuen Testamentes sieht in Tod und Auferstehung Jesu den Sieg gegen die feindlichen Mächte dieser Welt. Aber dieser Sieg muss erst noch in der Welt offenbar werden. Die Erlösung in Jesus Christus ist zwar schon geschehen. Doch sie kann sich in ihrer Fülle erst zeigen, wenn diese Welt mit ihren ungerech­ten und zerstörerischen Strukturen und Mächten zugrunde geht.

Bevor uns das Heil geschildert wird, werden uns erst Schreckensbilder vor Augen geführt. Man könnte auch sa­gen: Die Erlösungsbotschaft der Offenbarung will gerade die erreichen, die von einer katastrophalen inneren Hal­tung geprägt sind, die pessimistisch, depressiv, hoffnungslos und verzweifelt sind, für die diese Welt im Argen liegt und keine Zukunft mehr hat.

Wer über all das Bedrückende hinaussehen kann, der sieht weiter.

Er kann dies tun, weil mitten in diese Welt hinein Gott sein rettendes Wort gesprochen hat: „Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen. Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe“ (Lk 21, 27+28)

Die Botschaft von der Erlösung wird als Trost verkündet für die, in deren Seele es dun­kel geworden ist, deren innere Sonne sich verdunkelt hat, die also ohne Sehnsucht und Hoffnung sind.

Trotz aller Bedrängnisse, Fragen und Sorgen gibt es diese Hoffnung und auch die zupackende Zuversicht. Viele kennen dies aus eigener Erfahrung: Die Hoffnung kann in schlimmen Situationen wirklich weitertragen und die Zuversicht, gepaart mit Mut, innerer Stärke, Gottvertrauen und Widerstandskraft das, was dran ist, anpacken und gestalten.

Der Glaube an Christus und seine Auferstehungskraft macht Mut, trotz allem zu handeln und nicht zu resignieren. Unser Glaube ist eine Trotzdemkraft unseres Geistes.

Diese christliche Haltung ist nicht einfach, sondern eine Herausforderung und ein hoher Anspruch. Aber wo steht geschrieben, dass das Evangelium etwas ist, bei dem wir uns gemütlich und bequem zurücklehnen können? Es will uns Kraft geben, sich in der Welt mit ihren Anforderungen zu bewähren und Zumutungen bestehen zu können, weil der Anker des Glaubens außerhalb dieser Realität liegt. Amen.

Hinweis: Der Astrophysiker Heino Falcke hat aktuell das beeindruckende Buch „Zwischen Urknall und Apokalypse“ veröffentlicht, indem er die Offenbarung des Johannes als große Hoffnungsschrift bezeichnet.

Anbei unser Interview, das die Worte von Pater Kreitmeir nachspüren lässt:

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