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Pater Peter Uzor: „Die Nacht kann uns nicht besitzen! Wir gehören zu Christus, dem Licht der Welt“

Zu seiner Auslegung zum „Gleichnis von den anvertrauten Talenten“ (Mt 25, 14-30) sowie zur Aufforderung Paulus‘ zur „Wachsamkeit angesichts des Kommens Christi“ (1 Thess 5,1-6) erinnert unser geistlicher Begleiter Pater Peter Uzor zunächst daran, dass das Kirchenjahr langsam zu Ende geht und mit dem Christkönigsfest am kommenden Sonntag der letzte Sonntag des Kirchenjahres begangen wird: „Das Ende des Kirchenjahres lenkt unseren Blick auch auf das Ende der Welt. Dass die Welt noch nicht vollendet ist, daran erinnert uns der Volkstrauertag, an dem wir der Opfer der Kriege gedenken. Dass die Welt noch nicht vollendet ist, daran erinnert uns auch der von Papst Franziskus eingeführte Welttag der Armen. Kriege und Armut bestimmen das Bild in vielen Regionen der Welt. Was wir tun können, um die Welt zu verändern, sagt uns Jesus im ‚Gleichnis von den anvertrauten Talenten‘. Wenn wir die Talente, die Gott uns geschenkt hat, in seinem Sinne einsetzen, helfen wir mit, Kriege zu verhindern und Armut zu lindern, und letztlich die Welt zu verändern.“

Hier die Worte der Predigt von Pater Peter Uzor zum Evangelium (Mt 25, 14-30) und zur Lesung ( 1 Thess 5,1-6) vom vergangenen Sonntag, die er mit „DIE NACHT KANN UNS NICHT BESITZEN! WIR GEHÖREN ZU CHRISTUS“ betitelte:

Das hört sich doch gut an! Wir sind Kinder des Lichts! Eine Überraschung? Paulus schreibt. „Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis.“ Es ist sein erster Brief überhaupt. Etwa eineinhalb Jahrzehnte nach Jesus. In Thessalonich ist eine kleine christliche Gemeinde entstanden. Von Paulus – und zwei weiteren Mitstreitern – gegründet. Die Hauptstadt der römischen Provinz Mazedonien war weit entfernt von Jerusalem, von Bethlehem und den vielen anderen Orten, in denen Jesus wirkte. Aber von ihm ging ein Licht aus, das immer weitere Kreise zog. Was Jesus gesagt hat, was er getan hat – jetzt ist es schon in Thessalonich angekommen. Und dann geht es weiter. Immer weiter. Bis es bei uns ankommt. Damit wir Kinder des Lichts sein können. Geliebt und angenommen.

Von Anfang an gehört das zum Geheimnis und zur Schönheit der Taufe. Die Nacht kann uns nicht besitzen! Wir gehören zu Christus. Dem Licht der Welt.

Einfache, aber doch mutige Worte! Wenn ich an die Finsternis denke, die sich über uns legt, die uns einzufangen droht, könnte ich kleinlaut werden. Corona macht finster. Die Herzen wie die Aussichten. Tatsächlich werden viele Menschen müde. Die Spannkraft lässt nach. Wir merken das auch. – Und dann gibt es den Terror, der in unsere geordnete Welt einbricht. Mitten in dem Herzen einer Stadt. Wir verstehen die Menschen nicht, die Gewalt anwenden und sie sogar religiös verbrämen. Wenn das an vielen Orten aufbricht, merken wir nicht nur die Angst, sondern auch die eigene Aggressivität. Es fällt schwer, nüchtern abzuwägen, was geschieht. – Und dann sehen wir auch noch, wie in der großen politischen Welt Mächtige mit ihrer Macht umgehen und sich hinter Verschwörungstheorien verschanzen. Wir sehen Menschen drum herum, die an etwas Großes glauben wollen und dann doch nur dunkle menschliche Seiten ins helle Licht bringen. Nur drei Beispiele – beliebig ließen sie sich ergänzen oder verlängern.

Paulus hat den Kindern des Lichts zwei Worte, zwei Verheißungen, zwei Aufträge anvertraut, die ihnen wie Schlüssel dienen, die Welt aufzuschließen: „Darum wollen wir nicht schlafen wie die anderen, sondern wach und nüchtern sein.“

Hellwach und nüchtern. Eben: Wie Kinder des Lichts.

Dazu erzählt Jesus eine Geschichte. Sie ist aus dem Börsenmilieu genommen. Es geht um gute Geldanlagen. Mit Talenten haben wir es heute nicht mehr so. Müßig auch, die Gegenwerte zu suchen von 5 Talenten, 2 Talenten und 1 Talent. Sagen wir: 500.000 €, 200.000 €, 100.000 €. Wenn Sie wollen, können Sie auch Millionen daraus machen.

Schließlich geht es gar nicht um Geld – es geht um eine Strategie. Geld steht für etwas. Es weist von sich weg.

Die beiden ersten legen das ihnen vertraute Geld gut an. Die Zinsabrechnung lässt sich sehen! Sie verdoppeln den Einsatz. Das waren noch Zeiten! Der dritte im Bunde vergräbt das ihm anvertraute Geld und legt es auf seine Weise sicher an. In der Erde geschützt. Neugierigen Augen verborgen. Wie ein Hund, der einen Knochen verbuddelt. Warum der Herr das so gemacht hat, erzählt Jesus nicht. Nur, dass er sich für längere Zeit verabschiedete. Hätte er nicht alles auf seinem Konto lassen können? Wollte er seine Diener, seine besten Mitarbeiter, vielleicht testen? Eine Personalentwicklungsmaßnahme der besonderen Art? Womöglich sogar außerhalb aller Normen? War das nicht auch ein Risiko, soviel Geld in fremde Hände zu geben und dann abzuhauen?

Die Offenheit, wohl beabsichtigt, hat schon ihren Sinn:

Wir sollen mit unseren eigenen Augen sehen, was mit dem Geld passiert. Nein, nicht nur mit dem Geld: Mit dem Mut, mit der Hoffnung, mit dem Glauben.

Schließlich legen die von dem Erzähler so genannten Diener ihre eigenen Gedanken offen: Die beiden ersten mehren, verdoppeln das ihnen anvertraute Geld. Ihr Vertrauen, das jetzt auch richtig gut zu machen, leuchtet geradezu auf. Der dritte glaubt nur, bloß nichts Falsches zu machen – sicher ist sicher. Übrigens: keiner von den dreien hatte einen Auftrag! Es wird nicht einmal erzählt, dass sie ein Schriftstück, einen Vertrag oder eine Quittung ausgefertigt hätten. Wie kann man nur so mit so viel Geld umgehen? Oder mit Vertrauen? Oder mit Hoffnung? Merkwürdig genug: Wenn etwas an der Börse zählt, dann ist es – Vertrauen. Kaum huscht die Nachricht durch die Medien, ein Impfstoff sei gefunden – und schon steigen die Börsenwerte.

Wie die Geschichte weitergeht? Die beiden ersten werden sehr belobigt! Auf die Vermögenswerte kommt es jetzt auch nicht mehr an. Der Herr, der zurückgekommen ist, spricht schon fast despektierlich von dem „Wenigen“, dass er ihnen überlassen hat. Aber: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!

Die Worte „tüchtig“ und „treu“ drücken aus, worauf es angekommen ist, worauf es ankommt.

Dass Gottes Gaben, so wird man diese Geschichte lesen können, vermehrt, verdoppelt werden, dass der Wagemut, das Vertrauen, die Hoffnung sich lohnen, dass am Ende eine große Freudenfeier stattfindet – das ist das Silber, das in der Sonne glänzt.

Ist es nicht schön, von Talenten zu reden? Nein, jetzt nicht von alten Münzen – jetzt reden wir von uns!

Über den dritten, eigentlich einfallslosen und langweiligen Diener, ist nicht viel zu sagen, außer, dass er durchgefallen ist. Für ihn ist der Herr ein Schacherer, ein Börsenhai, jemand, der erntet, wo er nicht gesät hat und sammelt, was er nicht hingelegt hat. Welches Bild die beiden anderen von ihrem Herrn hatten, erzählt die Geschichte nicht. Warum wohl?

Sie entdecken ihre Freiheit! Ihre Spielräume! Und: Sie entdecken ihren Mut, ihr Vertrauen, ihre Hoffnung.

Ich sehe sie verschmitzt verfolgen, wie es wächst und wächst und wächst. Sie werden reich belohnt! Jesus sagt: Es gibt eine Einladung zum Leben, wo du Leben vermehren kannst und zwar je nach deinen Fähigkeiten. Vertrau’ auf das, was in dir steckt! Mach’ was aus dir! Geh’ nicht auf in deinem Alltagstrott, wo sich das Rad nur um sich selbst dreht, aber nichts bewegt!

Das Festmahl – so ganz nebenbei – steht für das Reich Gottes, für die vollendete Welt, für die Welt Gottes. Um Geld geht es jetzt schon lange nicht mehr. Was hier geschieht, lässt sich nicht bezahlen.

Ob Paulus diese Geschichte kannte? Er verrät nichts. Die Evangelien sind erst später zusammengestellt und weitergegeben worden. Aber die kleine Gemeinde in Thessalonich hat ganz viel davon mitbekommen:
Ihr aber, Brüder und Schwestern, lebt nicht im Finstern,
            so dass euch der Tag nicht wie ein Dieb überraschen kann.
            Ihr alle seid Söhne des Lichts und Töchter des Tages.
Wie gut doch die Stichworte zusammenpassen: wach und nüchtern – tüchtig und treu. Wir könnten daraus eine Kette knüpfen und staunen über viele Lichterfahrungen und Lichtbegegnungen.

Am Schluss denke ich an den armen Tropf, der sein „Vermögen“, sein „Können“, seine „Hoffnung“ vergräbt. Glaubt er wirklich, dass er, wenn er alles ausbuddelt, wieder so hat, dass er es übergeben kann? Dass er wenigstens selbst davon leben kann? Dass ein anderer glücklich wird? Für ihn war der Glaube ein Risiko, ein Risiko auch seine Leidenschaft – jetzt riecht sein ganzes Leben nach Erde und nach Nacht. Die Finsternis muss ihn dann am Ende auch noch aufnehmen. Da verschwindet dann alles in der Finsternis.

Nein, die Finsternis hat schon genug Anwälte, Interpreten und Verschwörungstheoretiker.

Mir gefällt die Geschichte – mit den vielen Talenten. Mit dem Fest. Mit der neuen Welt.

Ich sehe dann auch ein Licht aufgehen. Was Jesus gesagt hat, was er getan hat – jetzt ist es schon in Thessalonich angekommen. Und dann geht es weiter. Immer weiter. Bis es bei uns ankommt. Damit wir Kinder des Lichts sein können. Geliebt und angenommen.

Von Anfang an gehört das zum Geheimnis und zur Schönheit der Taufe. Die Nacht kann uns nicht besitzen! Wir gehören zu Christus. Dem Licht der Welt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.

Amen.