Pfarrer Christoph Kreitmeir: „Egal, ob arm oder reich, entscheidend ist ANSTAND“

Zum heutigen Sonntagsevangelium (Mk 9, 38-48) liefert unser geistlicher Begleiter, der Autor und Klinikseelsorger, Christoph Kreitmeir eine Predigt mit mehreren interessanten Wendungen, deren Grundtenor ist: egal, ob arm oder reich, es kommt darauf an, wer du in deinem Innern bist und was du mit dem, über das du verfügst, machst. Der ANSTAND spielt dabei eine wichtige Rolle und das Sich-Ausrichten auf den, der wie kein anderer Anstand, Klarheit, Würde und echtes Leben ausstrahlte: Jesus, der Christus.

Hier die Worte der Predigt von Pfarrer Kreitmeir:

Immer wieder diese Schelte der Reichen, die wir im Alten und im Neuen Testament permanent finden können.

Der im Leben Benachteiligte kann hier vielleicht einen gewissen Trost finden, wenn das heiligste aller Bücher, die Bibel, sich so eindeutig und immer wieder auf die Seite der Armen schlägt.

Ich muss aber gestehen, dass mich das schon immer etwas aufgeregt hat, „die Reichen“ so zu verallgemeinern und immer zu kritisieren.

Reichtum ist doch nicht immer gleich mit Unanständigkeit, mit Ungerechtigkeit oder gar mit krimineller Energie gleichzusetzen. Jede Verallgemeinerung ist falsch.

In meinem Leben habe ich wunderbare Menschen kennengelernt, die begütert und reich waren, aber es waren auch echte Geizhälse und engherzige Pfennigfuchser dabei. Bei den sog. Armen habe ich erfahren, dass es heiligmäßige Menschen und richtig fiese Typen gibt. Es ist halt nicht so einfach mit den Verallgemeinerungen. Viktor E. Frankl, ein weltberühmter Psychiater mit 27 Ehrendoktorwürden, über den ich mein erstes Buch schreiben durfte, musste als Jude durch die Hölle von vier KZs gehen. Dieser Mann, dem einfachste Dienste nicht zu gering waren, sagte einmal:

Wenn es auf dieser Erde überhaupt Rassen geben muss, dann gibt es nur zwei Rassen: Die Rasse der unanständigen und der anständigen Menschen.“

So eine Aussage ist mir lieber als grundsätzliche Verallgemeinerungen, die schwarz-weiß malen. Viktor Frankl betonte auch immer wieder:

Wenn wir den Menschen so nehmen, wie er ist, dann machen wir ihn schlechter. Wenn wir ihn aber so nehmen, wie er sein soll, dann machen wir ihn zu dem, der er werden kann.“

Und deshalb ist es dann auch nicht verwunderlich, wenn er sagt: „Menschliches Verhalten wird nicht von Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft, sondern von Entscheidungen, die er selber trifft.“

Und hier finde ich eine seelenverwandte Brücke zum heutigen Evangelium, welches ja betont, dass es nicht darauf ankommt, welcher Weltanschauung oder Gruppe jemand folgt, sondern wem er in seinen Werten nachfolgt.

Jesu Jünger beschweren sich nämlich bei ihm, weil einer ihnen Fremder in Jesu Namen böse Geister austreibt, der Gruppe der Jünger aber nicht folgen will. Die Jünger Jesu fordern ihren Meister auf, diesen Fremden daran zu hindern.

Darauf folgt dann Jesu verblüffende Reaktion: „Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns…“

Und dann wird Jesus sehr deutlich, ja richtiggehend hart in seiner Wortwahl. Worte, die uns verunsichern, Worte, die Angst machen können, Worte, die herausfordern.

Jesu Worte sind ambivalent: tröstend und herausfordernd zugleich. Höre ich primär den Trost oder zuerst die drohende Andeutung von Konsequenzen.

Worum geht es hier?

Es geht um direkte Jesusnachfolge mit den gleichzeitigen Konsequenzen von Mahnung und Trost. Jesus fordert Ernsthaftigkeit, weil das Leben ernst genommen werden will. Das Leben ist kein Wunschkonzert und findet auch nicht auf der Wohlfühlcouch statt. Es ist eben nicht gleichgültig, was man tut, und auch nicht, wie man es tut. Man soll es aus einer Grundanständigkeit heraus tun. „Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört – Amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen.“

Die richtige innere Haltung und die daraus folgenden Taten können einem den Weg zum Himmel öffnen. Und sei es nur ein Becher Wasser…

Es stimmt zwar, dass man von Reichen das Sparen lernen kann (Extrembeispiel: Die Gebrüder Albrecht als Gründer von ALDI) und viele, weil sie mit ihren materiellen Gütern geizen, Geld, Gold und Aktien horten können. Es wird ihnen aber nichts bringen für das eigentliche Leben, das auf dieses irdische Leben folgen wird.

Wenn jemand aber kapiert hat, dass er auch mit seinen irdischen Gütern im Einsatz für Gottes- und Nächstenliebe wuchern kann, der wird nicht nur während seiner Lebenszeit eine echte Chance zu großem Glück haben, er wird auch im zweiten und ewigen Leben auf der Seite derer sein, die in der Nähe der göttlichen Liebe leben. Denn, so sagen es alle Glücksforscher:

Geben ist seliger denn nehmen, es macht einfach glücklicher.“

Es gibt eindeutige Verbindungen zwischen Religiosität und Spendenverhalten, zwischen Spenden-, Gebebereitschaft und Lebenszufriedenheit. Es gibt wissenschaftlich erforschte Erkenntnisse über die Ausschüttung von Glückshormonen im Gehirn, wenn man im Geben über den eigenen Tellerrand hinaussieht.

Wohltätigkeit macht glücklich. Geiz macht unglücklich.

Unternehmer wie der Babynahrungshersteller Claus Hipp zeigen dies: Reich, erfolgreich, christlich-religiös, hochspendenbereit, wohltätig, fair und glücklich. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass er z.B. ein Buch über Anstand geschrieben hat: Achtung Anstand!: Vom Wert eines respektvollen Miteinanders.

Auch der Bayern-Trainer Niko Kovac plädierte vor kurzem in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung für Anstand und sagte:

„Ich bin gläubiger Christ und versuche, mich dementsprechend zu verhalten. (…) Meine Eltern waren immer hinterher, dass wir anständige Bürger werden, es wurde viel Wert auf Anstand gelegt.“

 

Deshalb:

redet nicht von freiheit

seid frei und befreit

redet nicht von hoffnung

seid unsere hoffnung

redet nicht von freude

seid unsere freude

redet nicht von gott

zeigt uns euren gott (nach Wilhelm Wilms)

 

Gott, der so ist:

Gott, deine Liebe reicht weit,

du hüllst sie ein in ein Kleid

aus Bäumen, Blumen und Ähren,

die schön sind und uns ernähren.

Wir wurzeln in ihr von Zeit und Zeit:

Gott, deine Liebe reicht weit.

 

Gott, deine Liebe ein Lied,

das mich seit je zu dir zieht.

Singt, Vögel, Wellen und Winde,

dass meinen Ursprung ich finde.

Dein Atem belebt, die Schwermut flieht:

Gott, deine Liebe, ein Lied.

 

Gott, deine Liebe hält warm.

Sie ist der schützende Arm,

mit dem wir Mensch uns geben,

was jeder braucht für sein Leben.

Wir schöpfen aus ihr Hoffnung und Charme:

Gott, deine Liebe hält warm. (Eugen Eckert)

 

AMEN.

 

Mehr Impulse von Pfarrer Kreitmeir gibt’s unter www.christoph-kreitmeir.de