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Pfarrer Kreitmeir: „Tiefer als alle Angst liegt das Urvertrauen, ins Leben, ins Gute, in Gott“

In seiner Auslegung zur heutigen Sonntagslesung und Sonntagsevangelium (Lesung: Jer 20, 10-13; Evangelium: Mt 10, 26 – 33) beschreibt unser geistlicher Begleiter Pfarrer Christoph Kreitmeir wie wir als Christen in einer gelebten Beziehung zu Gott, der sich uns in Jesus Christus gezeigt hat, ein Gegenmittel zu ANGST und FURCHT im Leben haben.

Hier die Worte seiner Predigt – als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

ANGST und FURCHT sind heute das Thema der Lesung aus dem Propheten Jeremia und dem Matthäusevangelium.

ANGST und FURCHT sind auch die uns im Leben immer wieder begleitende Themen, ob wir wollen oder nicht.

Wer fürchtet sich nicht vor diesem und jenem, vor vergangenen Verletzungen, die ihren Schatten bis heute auf die Gegenwart werfen? Wer fürchtet sich nicht vor den Anforderungen des Hier und Heute, die manchmal erdrückend und erstickend werden können? Und wer ängstigt sich nicht vor den Spukgeistern einer ungewissen Zukunft, deren Bedrohlichkeit immer greifbarer wird?

FURCHT hat immer ein konkretes Objekt, einen Ort, einen Bedroher – Mensch oder Tier – oder eine ganz konkrete Gefahr.

ANGST ist fast noch schlimmer, denn sie kommt objektlos daher, sie ist nebulös, nicht zu greifen, nicht zu fassen, nicht zu bekämpfen. Sie kommt mit Panikattacken, Herzrasen, Schweißausbrüchen, innerer und äußerer Unruhe, zerfahrenen Gedanken und Gefühlen daher und kann sich in unserer Seele richtig einnisten und dort ihr Unwesen treiben.

FURCHT und ANGST müssen ganzheitlich gesehen werden, also körperlich, seelisch, geistig, sowie psychologisch, soziologisch und spirituell. Ihre Heilmittel liegen auch in all diesen Dimensionen. Es wird immer wieder einmal nötig und not-wendend sein, dass wir Helfer aus den verschiedenen Helferberufen in der Bewältigung von FURCHT und ANGST benötigen.

Wir dürfen, nein, wir müssen aber, wenn wir im Laufe unseres Lebens halbwegs gut über die Runden kommen wollen, uns auch selbst helfen lernen.

Als Mensch und als Helfer bin ich immer wieder auf der Suche nach griffigem Material zu diesem Thema. Und so konnte ich wirklich einmal wieder fündig werden. Folgendes Buch kann und möchte ich sehr gutem Gewissens hier weiterempfehlen, denn es hat wirklich hilfreiche und sehr konkrete Lösungsstrategien: Mark A. Reinecke, Das kleine Anti-Angst-Buch. Die Notfallapotheke für Angstsituationen.

Folgende Auswahl von Kapitelüberschriften zeigen hilfreiche Schritte im Umgang mit der Angst auf:

  • Angst führt dazu, dass wir Risiken überschätzen
  • Die Zukunft liegt im Ungewissen
  • Sie haben die Macht, Ihren Angstpegel zu kontrollieren
  • Perfekte Lösungen gibt es nicht
  • Manchmal lässt sich etwas gegen schwierige Situationen ausrichten, manchmal aber auch nicht
  • Wer zu viel nachgrübelt, kann Probleme schlechter lösen
  • Sich Sorgen zu machen ist wenig zielführend
  • Geben Sie körperlichen Empfindungen nicht zu viel Bedeutung
  • Gedanken auf den Prüfstand
  • Vermeidung aus Angst macht alles nur schlimmer
  • Welches Kernthema könnte hinter Ihren Sorgen und Ängsten stecken?

In 20 Kapiteln werden dann jeweils auch sehr konkret Hilfestellungen und Weiterführungen mit  „Fragen an sich selbst“ und „Was können Sie tun?“ gegeben.

Wenn wir nun auf die heutigen Texte in Lesung und Evangelium schauen, dann geht es bei Jeremia und bei Jesus vor allem um die Furcht vor Menschen, die einem etwas antun wollen, die einen bedrohen. Diese Aggressoren haben auch einen bestimmten Grund: Ihnen passt die Lebensanschauung, die Religion dessen nicht, den sie bedrohen. Jeremia hat einen unbezahlbaren Helfer an der Seite, wenn er sagt: „Doch der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held. Darum straucheln meine Verfolger und können nicht überwältigen.“ (Jer 20, 11)

Und Jesus wiederholt immer wieder: „Fürchtet euch nicht vor den Menschen … vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können …“ (Mt 10, 26 u. 28)

Auch Christen haben Angst, aber sie können durch ihre Glaubenskraft weiter, tiefer und anders sehen, denken und fühlen lernen.

Wir Christen können diese Furcht vor Menschen, die uns übel wollen, wir können unsere Grundängste vor dem und im Leben wirklich meistern, wenn wir einen Helfer an unserer Seite, noch besser, in unserer Seele wissen. Die großen Theologen Eugen Biser und Eugen Drewermann sehen hinter aller Angst ein echtes und immer wieder eingeübtes Gottvertrauen als spirituelles Therapeutikum an. Existentiell erfahrener Glaube an einen Gott, der es gut mit uns meint – auch, wenn es oft anders erscheint – , sind tiefgreifende und wirklich heilende Arzneimittel gegen die existentielle Ur-Angst, die uns immer wieder anschleichen wird.

Tiefer als alle Angst liegt das Urvertrauen, ins Leben, ins Gute, in Gott.

Dieser Gott hat ein menschlich-liebendes Antlitz bekommen. Er hat einen Namen: Jesus Christus.

Ihm wollen wir unser Vertrauen schenken, denn er ist der, der alle Furcht und Angst vertreiben kann.

Meine Hoffnung und meine Freude,

meine Stärke, mein Licht.

Christus meine Zuversicht,

auf dich vertrau ich

und fürcht mich nicht,

auf dich vertrau ich

und fürcht mich nicht.

(Gesang aus Taizé, Gotteslob Nr. 365)

 

 

Hinweis:

Am kommenden Donnerstag, 25.05.2020 ist Pfarrer Christoph Kreitmeir mit einem Vortrag zum Thema „Rückzug, Alleinsein und Auftanken“ in der Sendung „Lebenshilfe“ auf Radio Horeb zu hören.