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Pfarrer Schießler: „Ein Gott, der unter uns Mensch wird, verändert das Menschen- wie das Gottesbild“

In seiner Auslegung zum Evangelium am 4. Adventssonntag (Mt 1,18-24) beschreibt Pfarrer Rainer Maria Schießler, warum die Botschaften von der Menschwerdung Gottes aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken ist.

 

Anbei der Impuls, den Pfarrer Schießler auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat:

Damit das Weihnachtsfest keine bloße nostalgische Erinnerung oder gar zur billigen Mogelpackung wird, dürfen die Botschaft und der Glutkern dieses Festes niemals verloren gehen. Zusammen mit dem Osterfest sind sie in unserer Gesellschaft nicht wegzudenken und beide haben nur ein Thema: Neues Leben!

Zweifellos sind die Botschaften von der Menschwerdung Gottes und von der Auferweckung von den Toten für den Normalbürger eine echte Zumutung. Die Frage lautet doch: Soll da in der Person und Gestalt eines Jesus aus Nazareth wirklich Gott menschliche Wirklichkeit geworden sein? Unglaublich! Der Verstand kann das nicht begreifen. Auch einem hl. Josef geht es da nicht anders.

In den Erzählungen vom Unterwegssein, der Herbergssuche, der Geburt in einem Stall, kommt so sehr deutlich zum Ausdruck, was die Menschwerdung Gottes bedeuten soll: Menschen, die am Rande der Gesellschaft, auch die, die am Rande der Kirche stehen, wird ein Reich Gottes, ein Land des Friedens und der Gerechtigkeit angesagt. Es soll im Leben eines jeden Einzelnen spürbare Wirklichkeit werden. Wenn uns das gelingt, wäre schon sehr viel gewonnen.

Ein Gott, der unter uns Mensch wird, verändert sowohl das Menschen- wie das Gottesbild des Menschen von Grund auf.

Der Mensch bekommt eine besondere Würde, die er in vielen Teilen der Welt noch immer nicht hat. Diese Würde wird in keiner an-deren religiösen Überzeugung so deutlich gemacht.

Paulus spricht in seinem ersten Korintherbrief sogar vom Menschen als einem Tempel Gottes. Jeder Mensch ist demnach ein heiliger Ort.

Das soll unseren Blick auf unsere Mitmenschen schärfen, besonders auf jene, die unter Vorurteilen verschiedenster Art zu leiden haben. Auch in ihnen wohnt Gott, vielleicht sogar bevorzugter, und er sollte von uns nicht leichtfertig übersehen werden. „Gott ist auf unseren Straßen anzutreffen. In den dunkelsten Kellern und einsamsten Kerkern des Lebens werden wir ihn treffen“ (Alfred Delp). Jesus wird dann als Erwachsener seinen Jüngerinnen und Jüngern ganz bewusst auftragen: „Geht hinaus auf die Straßen, an die Hecken und Zäune!“

„Gott ist im Fleische, wer kann dies Geheimnis verstehen?“ (Gerhard Tersteegen), singen wir an Weihnachten. Dieser unsagbare und unnahbare Gott der Geschichte wird handgreiflich.

ER macht uns durch Jesus vor, wie das Leben gelingen kann, selbst wenn es durch das Leiden in den Tod führt.

Seit Weihnachten dürfen wir völlig getrost dem Leben wieder trauen, weil diese Nacht das Licht bringen musste, weil wir es nicht mehr allein zu leben haben, sondern weil Gott es mit uns lebt (Alfred Delp).

Hinweis: Vor kurzem hob der Staatsrechtler Paul Kirchhof die immense Bedeutung der Menschwerdung Gottes für das Freiheitsverständnis in unserer Gesellschaft hervor. Mehr dazu gibt es

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Anbei der Song „One of us“ von Joan Osborne: