Physiker Stephen M. Barr: „Glaube und Wissenschaft ergänzen sich gegenseitig“
Der US-amerikanischer theoretischer Physiker Stephen M. Barr, der sich mit Elementarteilchentheorie und Kosmologie befasst, veröffentlichte in der Vergangenheit auch Bücher über das Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft. Im Dezember 2023 erklärte der gläubige Katholik, der Präsident der Society of Catholic Scientists und Mitglied der Amerikanische Physikalische Gesellschaft ist, im Interview mit dem Magazin Omnes, dass die These vom Konflikt zwischen Wissenschaft und Glaube „ein Mythos“ sei.
Zusammen mit Jonathan Lunine gründete Stephen Barr die Gesellschaft der katholischen Wissenschaftler, die über tausend Mitglieder aus mehr als 50 Ländern hat. Im Omnes-Interview erklärte Barr, dass einer der Bewegründe zu dieser Gründung darin gelegen habe, „der Welt zu zeigen, dass die moderne Wissenschaft und der katholische Glaube im Einklang stehen“. Zu der heutzutage gläubigen Naturwissenschaftlern regelmäßig gestellten Frage, ob es vernünftig sei, als Naturwissenschaftler gläubig zu sein, betonte der emeritierter Professor am Fachbereich Physik und Astronomie der Universität von Delaware:
„Viele große Wissenschaftler waren gläubig, ja fast alle, von Kopernikus im 16. Jahrhundert bis zu Faraday und Maxwell im 19.“
Besonders hob Barr hervor, dass der Begründer der Genetik, Gregor Mendel, sowie der Begründer der kosmologischen Urknalltheorie, Georges Lemaître, Priester waren. Des Weiteren bezeichnete er den 55-jährigen Juan Martín Maldacena als einen „der besten Physiker der Welt“, der das Verständnis der Beziehung zwischen Quantentheorie und Schwerkraft revolutioniert habe und Mitglied der Gesellschaft Katholischer Wissenschaftler ist.
Zum Verhältnis von Glaube und Wissenschaft verweist Stephen Barr auf „viele gemeinsame Wurzeln“ dieser beiden Disziplinen wie etwa „ein Gefühl des Staunens über die Existenz der Welt und ihre Schönheit und Ordnung, die Überzeugung, dass es endgültige Antworten gibt und dass die Realität einen Sinn hat, und der Glaube, dass der Mensch die Fähigkeit hat, zur Wahrheit zu gelangen, und die Verpflichtung, sie zu suchen“. Dazu betont er:
„Glaube und Wissenschaft ergänzen sich gegenseitig, so könnte man es ausdrücken.“
Ganz in diesem Sinne hätten Papst Johannes Paul II. sowie der Rabbiner Jonathan Sacks hervorgehoben, „dass die Wissenschaft uns zeigt, wie die Welt funktioniert, während unser Glaube uns sagt, was die Welt bedeutet“. Insbesondere stellt Barr eine große Überschneidung von Glaube und Naturwissenschaft fest, „wenn es um die Natur des Menschen geht“, was er damit begründet, dass der Mensch sowohl Teil der Natur ist als auch über diese hinausgehen könne.
Wenn Menschen auf die Ausschließlichkeit eines atheistischen und materialistischen Weltbildes beharren, zeigt sich Stephen Barr überzeugt, dass eine solche Auffassung „oft das Ergebnis ungeprüfter intellektueller Vorurteile oder ererbter falscher Vorstellungen“ sei. Weiter erklärte er, dass sich „zeitgenössische Wissenschaftshistoriker“ einig seien, dass die These eines Konflikts zwischen Glaube und Naturwissenschaft, „ein Mythos [sei], der größtenteils auf die Polemik des späten 19. Jahrhunderts zurückgeht“, so Barr. Heute gebe es aber „viele Akademiker, die religiös sind oder Respekt vor der Religion haben“, fügte der ehemalige Direktor des Forschungszentrums des Fachbereichs Physik und Astronomie der Universität von Delaware an.
Die Angst von gläubigen Menschen, dass die Naturwissenschaft dem Glauben im Weg stehen könnte, sieht Stephen Barr als weit verbreitet an. Diese sei „aber eine völlig unberechtigte“ Befürchtung. Der theoretische Physiker, der im Jahr 2007 von Papst Benedikt XVI. die Benemérita-Medaille erhielt, legte zuversichtlich dar, dass die Wissenschaft die Welt untersucht, die Gott geschaffen hat.
Quellen: omnesmag.com, stephenmbarr.weebly.com