Schriftsteller Martin Mosebach: „Zeitgemäß ist das Christentum auch vor 2.000 Jahren nicht gewesen“

Für sein neues Buch „Die 21. Eine Reise ins Land der koptischen Martyrer“ hat der katholische Schriftsteller Martin Mosebach, den die Wochenzeitung Die Zeit aktuell als „Schreiber des Herrn“ betitelte, die Familien der 21 Männer besucht, die 2015 von IS-Terroristen aufgrund ihres christlichen Glaubens an einem Strand von Libyen ermordet worden waren. In Interviews mit idea und der Zeit sprach Martin Mosebach über den höheren Sinn des Leidens im Christentum, authentisch gelebtes Christentum und warum für einen Christen die Bibel über der Verfassung steht.

Die Art, wie dieses Martyrium durch ein beispielloses Video bekannt wurde, habe ihn dazu bewogen habe, ein Buch über die koptischen Märtyrer zu schreiben, betont Mosebach im Interview mit der Zeit und:

„Was IS-Propaganda sein sollte, wurde zu einem Dokument der Standhaftigkeit der Ermordeten und ihres Bekenntnisses zu Jesus Christus.“

Um mehr über diese Männer zu erfahren, ist er nach Ägypten in deren Herkunftsdörfern gefahren. Er zeigte sich tief beeindruckt vom starken Bekenntnis der koptischen Christen. Dazu sagte er u. a.:

„Die Vorstellung eines derart unbedingten Bekenntnisses ist uns ein bisschen peinlich, weil wir in einer Welt leben, in der Diskussion, Dialog, Toleranz, Kompromissfähigkeit bis hin zur Indifferenz große soziale Werte sind. Wer bis zum Tod bei einer Sache bleibt, ist kein Vorbild, sondern der wirkt starrsinnig, unbeweglich, fast bedauernswert vernagelt. Aber wir müssen uns klarmachen, dass die große Zahl der Martyrer der Grund für die frühe und schnelle Ausbreitung des christlichen Glaubens war.“

Das komplette Interview mit Martin Mosebach über den höheren Sinn des Leidens im Christentum und warum die koptischen Martyrer auch in der katholischen Kirche verehrt werden sollten, gibt’s unter zeit.de

 

Im Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea zu seinem neuen Buch sagte Martin Mosebach, dass in Europa die Kosten der Nachfolge Jesu im Vergleich zu anderen Ländern derzeit geringer, seien.

Ein christlicher Standpunkt könne aber auch hierzulande die soziale Achtung kosten, da sich die Gesellschaft gerade zu einer Zivilreligion entwickle.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir habe unlängst gesagt, dass kein heiliges Buch über dem Grundgesetz stehe. Dazu Mosebach:

„Für Christen ist das inakzeptabel. Selbstverständlich steht die Bibel über der Verfassung.“

Das Grundgesetz sei ein „schönes, sinnvolles und praktikables Papier, gegen das ich nichts einzuwenden habe. Aber es ist für mich kein letzter Wert – das ist auch dezidiert nicht sein Anspruch, sonst befände sich keine Anrufung Gottes in seiner Präambel.“

Weiter zeigte er sich tief beeindruckt, vom Bekenntnis zum christlichen Glauben der Kopten in Ägypten.

Der Glaube an die Auferstehung ist für Mosebach zentral:

„Ohne Auferstehung gibt es keinen Christus-Glauben.“

Christen machten heute allerdings einen großen Fehler:

„Wir glauben, dass wir uns die christliche Botschaft nach unseren Bedürfnissen und Zweifeln zurechtschneiden dürfen.“

Er empfinde das als unredlich:

„Man muss ja kein Christ sein – aber man sollte auf jeden Fall der Versuchung widerstehen, sich ein Christentum zurechtzumachen, das als zeitgemäß empfunden wird. Zeitgemäß ist es nämlich auch vor 2.000 Jahren nicht gewesen.“

Ihm selbst falle das Glauben mal mehr und mal weniger leicht. Aber er sei nicht dazu bereit, sich etwas vorzumachen und es in „ermäßigter Form“ zu akzeptieren. Dazu sagt er weiter:

„Für die Frage, wieweit zeitgenössische Theologie dem Evangelium standhalten kann, sind die Märtyrer ein wunderbarer Maßstab: Man muss sich bei jeder Dekonstruktion des biblischen Textes, bei jeder Entmythologisierung, Symbolisierung und Allegorisierung nur immer fragen: Wäre ein Mensch bereit, dafür zu sterben?“

Quelle: idea.de