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Solidarnosc-Aktivistin Bozena Rybicka: „Es war etwas Metaphysisches in dieser Revolte“

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Im Sommer 1980 erschütterte ein Streik auf der Danziger Leninwerft die Welt des Sowjetkommunismus. Die Solidarnosc wird zur Wiege der friedlichen Revolution in Osteuropa. Neben dem späteren Friedensnobelpreisträger Lech Walesa ist Papst Johannes Paul II. (Karol Wojtyla) eine Leitfigur für den Beginn der Freiheitsbewegung im damaligen Ostblock. Die „Solidarnosc-Aktivistin der ersten Stunde“ Bozena Rybicka erinnerte sich anlässlich der 40. Jährung dieses Ereignisses zurück und erkennt im Geschehenen „etwas Metaphysisches“.

Aus der Streikbewegung der Werft-Arbeiter im Sommer 1980, die bald das halbe Land erfasste, entstand die Gewerkschaft Solidarność („Solidarität“), deren Vorsitzender mit der offiziellen Gründung am 17. September 1980 Lech Walesa wurde. Von Anfang an wurde die Arbeiterbewegung von regimekritischen Intellektuellen  und weiten Teilen der katholischen Kirche, besonders durch Papst Johannes Paul II., unterstützt.

Wie in einem Artikel vom Journalisten Ulrich Krökel aktuell zu lesen ist, erkannte die Aktivistin Bozena Rybicka, dass es in dem damaligen Streik der Werft-Arbeiter von Anfang an um mehr ging als um Wiedereinstellung, nämlich um den Wert der Freiheit. Dazu betonte die heute 62-Jährige eine Kraft, die außerhalb des Menschen liegt, mit folgenden Worten:

„Es war etwas Metaphysisches in dieser Revolte.“

Und weiter:

„Es gab eine ungeheure Konzentration auf diesen einen Punkt. Hier und Jetzt. Alles oder nichts.“

Wie Ulrich Krökel dazu berichtet, war bald das halbe Land in der Revolte. Neben Hunderten von Betrieben schlossen sich auch Universitäten, Symphonieorchester und nicht zuletzt katholische Priester dem Streik an. Denn der Aufstand hatte zwei Leitfiguren. Neben dem späteren polnischen Friedensnobelpreisträger Lech Walesa war dies Karol Wojtyla (1920- 2005), der 1978 zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde und seither den Namen Papst Johannes Paul II. trug. Als er 1979, im Jahr nach seiner Wahl, durch seine polnische Heimat pilgerte, verinnerlichten Millionen gläubige Katholiken in Polen folgende Worte des Papstes:

„Fürchtet euch nicht.“

Der große Einfluss von Johannes Paul II. auf die Demokratisierung seines Heimatlandes Polen wird auf Wikipedia wie folgt beschrieben:

Mit seinen philosophischen Werken und insbesondere in „Person und Tat“ (1969) hat er wichtige Denkanstöße zur Konsolidierung der polnischen Dissidentenbewegung gesetzt. Im stark katholisch geprägten Polen (95 % der Polen sind römisch-katholisch, davon sind ca. 70 % praktizierend) besaß seine Meinung sehr hohes moralisches Gewicht. Entsprechend stärkte er mit seiner offenen Parteinahme für die antikommunistische Gewerkschaft Solidarność die Opposition. Ihr ehemaliger Anführer Lech Wałęsa sagte an den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum der Organisation, Johannes Paul II. habe seinerzeit mit der Aufforderung an die Polen, alle Angst zu vergessen, das Land aufgeweckt.

Schon die Wahl zum Papst sorgte für Ermutigungswellen in Polen und Beunruhigung beim Kreml.

Von Bedeutung waren insbesondere die Polenbesuche des Papstes. Die erste Reise 1979, bei welcher rund ein Viertel der polnischen Bevölkerung den Papst sah, wurde faktisch zu einer politischen Kundgebung. Am 15. Januar 1981 empfing Johannes Paul II. eine von Lech Walesa angeführte Delegation der Solidarność im Vatikan zu einer Audienz. Auf der zweiten Polenreise 1983, welche während des Kriegsrechts stattfand, forderte Johannes Paul II. von der Staatsspitze die rasche Umsetzung der Sozialreformen und traf wiederum Lech Walesa, obwohl dieser faktisch unter Hausarrest stand und Solidarność inzwischen verboten war. Bei seiner dritten Polenreise 1987 erteilte der Papst Lech Wałęsa und seiner Familie die Kommunion. Vom Staats- und Parteichef Wojciech Jaruzelski verlangte er bei diesem Besuch die Einhaltung der Menschenrechte und kritisierte in einer Rede das Verbot der Solidarność. 

Die Stadt Berlin schenkte Johannes Paul II. zum Dank für seinen Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs ein Stück der Berliner Mauer, das heute in den Vatikanischen Gärten ausgestellt ist. (Quelle: wikipedia.org)

Der ehemalige Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, schrieb in seinen Memoiren, dass die Geschehnisse in Osteuropa ohne Johannes Paul II. nicht möglich gewesen wären.

Schon während des historischen Treffens am 1. Dezember des Jahres 1989 im Vatikan, drei Wochen nach dem Mauerfall in Berlin, gestand Gorbatschow dem Papst außergewöhnliche Fähigkeiten zu. Damals sagte er:

„Ohne Sie, Heiliger Vater, wäre die Berliner Mauer nicht gefallen.“

Papst Johannes Paul II. lehnte dieses Lob Gorbatschows aber stets ab. Gegenüber der BILD-Zeitung sagte Johannes Paul II. im November des Jahres 1999:

„Es war nicht ich, es war die Hand Gottes, die die Berliner Mauer eingerissen hat.“

Im Mai 2009 setzte sich Gorbatschow im Seligsprechungs-Prozess für Papst Johannes Paul II. ein. Wie die BILD damals berichtete, erhielt der Chef des Seligsprechungs-Prozesses Slawomir Oder eine Aussage Gorbatschows, in der er erklärte, dass auch er in der Nähe des Jahrtausendpapstes den “unerklärlichen Hauch” des Heiligen Geistes gespürt habe.

Quellen: rp-online.de, badische-zeitung.de, mdr.de, wikipedia.org, katholisch.de, vaticannews.va, die-tagespost.de (1), die-tagespost.de (2), abendblatt.de, sueddeutsche.de, bild.de