Wim Wenders: „Ich fühle mich als ökumenischer Christ“

Dieser Tage erhielt der Regisseur Wim Wenders auf dem Filmfestival in Zürich einen Preis für sein Lebenswerk. Zudem erschien vor kurzem sein neuester Kino-Film „Papst Franziskus – ein Mann seines Wortes“ auf DVD. Mit kath.ch sprach der 73-jährige aktuell u.a. über seinen persönlichen Glauben und seine Meinung zu Papst Franziskus.

Wim Wenders, der heute die Bibel als das wichtigste Buch in seinem Leben bezeichnet, hatte in seiner Jugendzeit Probleme mit dem Glauben. Nachdem er im katholischen Glauben erzogen wurde und sogar den Berufswunsch des Priesters hatte, kam es im Zuge der 68-er Bewegung zum Austritt aus der katholischen Kirche im Jahr 1968. Ungefähr 20 Jahre später trat er wieder in die evangelische Kirche ein. Zu seinem Weg im Glauben sagte er im Jahr 2012 im Interview mit der Journalistin Isabelle Hofmann:

„Ja, ich bin wieder gläubig! War es lange nicht. Ich bin gläubig aufgewachsen und dann kam das Kino, Rock n‘ Roll, 68, der Sozialismus, die Psychoanalyse und Gott weiß was alles dazwischen. Und das hat 20 Jahre Suche und viele Reisen hervorgerufen, um irgendwann voller Freude zu merken: Da, wo ich aufgebrochen bin, mit meinem kindlichen Glauben, da kann ich auch wieder hin zurück.“

Der Gedanke, sich den menschlichen Geist, das Leben überhaupt vorzustellen, ohne dass es uns „jemand reingefunkt“ habe, sei für ihn undenkbar gewesen. So habe er versuchsweise wieder zu beten begonnen und mit der Zeit bemerkt, wie es ihn langsam veränderte und ihn an den Punkt führte, den er wie folgt beschrieb:

„Ich erinnere mich, wie ich weinte, als ich merkte, dass ich endlich heimgekommen war. Als ich fühlte, wiedergefunden zu sein. Und wie sich dieses Gefühl langsam in eine Gewissheit verwandelte. Ja, eine Gewissheit.“

Im aktuellen Interview mit kath.ch bestätigte er diesen Prozess und betonte auch in der Zeit der Glaubenskrise kein Atheist gewesen zu sein. Dazu sagte er:

„Aber ich bin kein Atheist geworden. Zwar habe ich die katholische Kirche 1968 als Soziologie-Student verlassen. Ich trat aber in den späten 80ern durch die andere Tür des Christentums wieder ein und konvertierte zum Protestantismus.“

Auf die anschließende Frage, warum er das getan habe, antwortete Wenders:

„Weil ich an Gott glaube.“

Weiter sagte er:

„Ich fühle mich als ökumenischer Christ.“

Kritisch äußerte er sich jedoch zur Kirche in ihrer organisierten Form, weil diese „viele Probleme“ mit sich bringen würde und „viele Menschen“ davon abhielte, „mit Gott in Verbindung zu treten“.

Vom Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, zeigte sich Wenders im Interview jedoch begeistert und geriet regelrecht ins Schwärmen. Er habe den Eindruck, dass Papst Franziskus seine Botschaften nicht ausschließlich an Katholiken oder Christen, sondern dass er vielmehr zu allen Menschen spreche. Dazu betonte er weiter:

„Ich glaube, dass Papst Franziskus nicht die Kirche repräsentiert, sondern Menschen, die guten Willens sind.“

Der Papst versuche den Frieden zwischen den Religionen wachsen zu lassen, was eine enorme Aufgabe sei, der er sich stelle. Diesbezüglich betonte Wenders weiter:

„Der Papst geht überall dorthin, wo es weh tut, und das ist mutig.“

Die Treffen mit Papst Franziskus rund um die Erstellung des Filmes hätten auch Einfluss auf seinen eigenen Glauben gehabt. Der Papst habe durch seiner Furchtlosigkeit seine Einstellung geändert, so Wenders:

„Er hat mich gelehrt, furchtloser zu sein.“

Dass Papst Franziskus gerade bei konservativen Kreisen in der katholischen Kirche so in der Kritik stehe, sieht Wenders darin begründet, dass Franziskus „ein Mann von unglaublicher Offenheit“ sei und viele seiner Kritiker „gegen Transparenz und gegen die Öffnung“ seien. Der Papst hingegen stehen für Offenheit und Zärtlichkeit.

Diese Offenheit und Zärtlichkeit von Papst Franziskus sieht Wim Wenders auch im Neuen Testament begründet. So äußerte er bereits im Jahr 2008 im Interview im Magazin chrismon, dass er an den Gott glaube, „der sich im Neuen Testament manifestiert, auf unglaublich großzügige, grenzenlos liebevolle Weise“. Weiter äußerte Wenders damals:

„Ich finde das Neue Testament so atemberaubend, weil es nur Möglichkeiten eröffnet und keinerlei Einengungen. Das ist kein abstrakter Gott. Sein Wesen kann ich heute spüren. Nicht nur beim Beten. Auch das Licht erlebe ich oft als eine Nähe Gottes, und jeden Akt von Freundlichkeit oder Brüderlichkeit unter Menschen.“

In Papst Franziskus scheint Wim Wenders genau das zu sehen, was er durch das Lesen im Neuen Testament der Bibel erfahren hat.

Quellen: kath.ch, kultur-port.de und chrismon.evangelisch.de

Autor: Markus Kosian