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Heinrich Deichmann: „Ich versuche, auch als Unternehmer meinen christlichen Glauben zu leben“

Der Unternehmer und Firmenchef der größten Schuhhandelskette Europas, Heinrich Deichmann, bezeichnet sich selbst als christlicher Unternehmer (wir berichteten). Bereits 2010 zitierte ihn die Zeitung „Die Welt“ im Beitrag „Christliche Manager – Diese Unternehmer finden Profite nicht gottlos“ mit folgenden Worten: „Deichmann ist kein christliches Unternehmen. So etwas gibt es nicht. Aber ich bin ein christlicher Unternehmer.“ Im Jahr 2015 nahm die Süddeutsche Zeitung in ihrem Report mit dem Titel „Im Geschäft mit Gott“ darauf Bezug und berichtete wie folgt über Deichmann: Die Eigentümerfamilie gilt als sehr christlich. Von Heinrich Deichmann ist der Satz überliefert, ein christliches Unternehmen gebe es nicht. „Aber ich bin ein christlicher Unternehmer.“

Nun erklärte Heinrich Deichmann, der wie bereits sein Vater und sein Großvater Mitglied einer evangelischen Freikirche ist, im Interview mit der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) genauer, was er darunter versteht, ein christlicher Unternehmer zu sein und wie das mit den Gesetzen der Marktwirtschaft zusammengeht.

Das Unternehmen Deichmann erzielte im vergangenen Jahr 8,7 Milliarden Euro Umsatz und ist damit der mit Abstand größte Schuhhändler in Europa. Im NZZ-Interview berichtet Heinrich Deichmann, dass sein Unternehmen durch betriebswirtschaftliche Maßnahmen im Laufe der Jahre immer mehr finanziellen Spielraum gewonnen habe und seit rund 25 Jahren keine Bankkredite mehr benötige. Die Unternehmensgruppe sei heute in 34 Ländern vertreten und beschäftige allein in Deutschland rund 17.000 Mitarbeiter. Zur Kompatibilität dieses wirtschaftlichen Erfolges und seinem christlichen Glauben erklärte Heinrich Deichmann, dass er „ein großer Anhänger der sozialen Marktwirtschaft“ auf Grundlage der ordoliberalen Schule sei. Damit die soziale Marktwirtschaft funktioniere, sei es zum einen notwendig, die „Marktkräfte wirken [zu] lassen, weil dies die effizienteste Form ist, Angebot und Nachfrage in Übereinstimmung zu bringen und Wohlstand zu erzeugen“. Zum anderen müsse eine soziale Absicherung für die schwächeren Mitglieder der Gesellschaft vorhanden sein, schilderte der Top-Unternehmer. Dazu betont er:

„Diese Kombination ist mit dem christlichen Glauben gut vereinbar.“

Danach gefragt, was das für ihn persönlich bedeute, sagt der 61-Jährige:

„Ich versuche, auch als Unternehmer meinen christlichen Glauben zu leben.“

Dabei verweist Deichmann auf die Philosophie seines Unternehmens, das sich auf die Fahne geschrieben hat, den Menschen zu dienen. Bereits vor Jahren sagte er, dass er sein Unternehmen „nicht nur als Vehikel zum Geld verdienen, sondern als Dienst am Menschen“ verstehe (wir berichteten). Gegenüber der Neuen Züricher Zeitung erklärt er nun weiter, dass diese grundlegende Überzeugung, die sich auf die Kunden, die Mitarbeiter sowie Menschen in Not beziehe, seine Familie schon „von Anfang an“ vertreten habe. Dazu erklärt Heinrich Deichmann weiter:

„Als Christ bin ich der Überzeugung, dass Unternehmer eine Verantwortung gegenüber den Menschen haben, die ihnen anvertraut sind.“

Als Beispiel für die Umsetzung dieser Grundhaltung führt der 61-Jährige an, dass sie sich bei Deichmann keine Dividende, sondern Gehälter für ihre Funktion ausbezahlen und ihr Vermögen „nicht nur für unser eigenes Wohlergehen“ nutzen wollen. Diesbezüglich verweist Heinrich Deichmann darauf, dass man eine solche Haltung „nicht gesetzlich regeln“ könne. Weiter erklärt er:

„Den Geist von Unternehmern kann man nicht verordnen.“

Zum sozialen Engagement von Deichmann ließ er wissen, dass sein Unternehmen „besonders über seine Stiftung soziale Projekte in den Bereichen Bildung, Medizin und Sozialpädagogik“ unterstütze. Das dahinterstehende Anliegen sei es, „eine umfassende Hilfe“ zu leisten.

Auf der Startseite der Deichmann-Stiftung „Wort und Tat“ heißt es: „Gott liebt die Menschen. Wir zeigen es ihnen – in Wort und Tat!“ (Mehr Infos unter: www.wortundtat.de)

Im Lauf des NZZ-Interviews mit Heinrich Deichmann wird an einigen Stellen ersichtlich, dass die christliche Grundhaltung das unternehmerische Denken und Handeln des Top-Unternehmers beeinflusst. So etwa, wenn er mit Blick auf das Online-Geschäft erklärt, dass sie bei Deichmann „nicht um jeden Preis – und schon gar nicht um jenen der Profitabilität – online wachsen“ wollten.

Zur Motivation, in die unternehmerischen Fußstapfen seines Vaters Heinz-Horst Deichmann zu treten, schildert Heinrich Deichmann, dass er sich „schon frühzeitig mit der Aufgabe identifizieren“ konnte, was er wie folgt begründet:

„Zum einen, weil er ein erfolgreicher Unternehmer war. Zum anderen, weil er mit unserer Stiftung in Entwicklungsländern sehr viel Gutes bewirkt hat. Das hat mich überzeugt, und das wollte ich gerne fortsetzen.“

Am Lieferkettengesetz beklagt Heinrich Deichmann die damit einhergehende Bürokratie mit absurden Regelungen, nicht aber den grundsätzlichen Inhalt. Dazu erklärt er:

„Wir achten schon lange aus ethischen Gründen auf soziale und ökologische Mindeststandards bei unseren Lieferanten.“

Vielmehr fordert er von der Politik den Wert des Vertrauens ein. Diese sollte den Unternehmern Selbstverantwortung zutrauen. Wie bestimmte Ziele zu erreichen seien, „sollte man dem Markt überlassen“, so der nachhaltig erfolgreiche Unternehmer.

Weiter zeigt sich Heinrich Deichmann im NZZ-Interview als ein Mensch, der seinen Lebenssinn nicht ausschließlich im unternehmerischen Erfolg bemisst, wenn er sich wie folgt beschreibt:

„Meine Interessen sind breit. Ich habe neben meinem Betriebswirtschaftsstudium auch Theologie, Philosophie und Geschichte studiert.“

In diesen geisteswissenschaftlichen Fächern habe er allerdings keinen Abschluss gemacht, fügte Heinrich Deichmann an.

Quellen: nzz.ch, welt.de (1), welt.de (2), sueddeutsche.de, promisglauben.de, wortundtat.de