Pater Christoph Kreitmeir: „Beten sollte unser Leben prägen“
In seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium (Lk 18, 1-8) betont unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir die Bedeutung einer lebendiger Beziehung zu Gott.
Anbei die Worte der Predigt von Pater Kreitmeir als Audio-Datei und anschließend im Textformat:
Das gehörte Gleichnis klingt logisch. Wie so oft spitzen wir die Ohren, wenn Jesus Gleichnisse erzählt. Denn oft greifen sie Erfahrungen auf, die wir irgendwie auch kennen. Wie ist es bei diesem Gleichnis?
Wenn wir heute einen Richter derart bedrängen würden, hätten wir sehr bald Schwierigkeiten mit der Justiz. Bitten, Betteln, immer wieder … – damit bewirken eigentlich nur noch Kinder etwas. Bei Behörden ist es klüger, es mit Höflichkeit, Freundlichkeit und klugem Nachfragen zu probieren. Nur wenn das nichts fruchtet, dann bietet sich der Rechtsweg an. Deshalb kann das Gleichnis der Witwe auf uns befremdlich wirken. Wir sind gewohnt, unsere Anliegen anders vorzutragen. Und doch kommt die Frau im Evangelium zu ihrem Recht.
Schauen wir also mal genau hin, was Jesus an dieser Witwe so schätzt: Es war nicht die Art, wie sie ihre Bitte vortrug, sondern es war ihre Beharrlichkeit, die Jesus als vorbildlich hinstellt. Sie ließ sich einfach nicht entmutigen. Immer wieder ging sie zu dem Richter. Da mochten ihre Nachbarinnen noch so oft sagen: „Lass es gut sein, da erreichst du ja doch nichts, reg dich nicht auf, so ist es nun einmal bei uns, als Frau hast du sowieso nie eine Chance.“ Nein, die Frau suchte ständig die Nähe des Richters.
So, meint Jesus, sollte auch unser Beten sein. Es sollte unser Leben bestimmen und prägen. Wir sollen Gott in unserem Leben suchen. Beten heißt, sich der Nähe Gottes zu vergewissern und sehr wohl, etwas von ihm zu wollen. Aus dieser Beziehung heraus kann der Mensch Vertrauen schöpfen und sein Leben trotz Widerstände gelingend ausrichten.
Wie ist es aber mit unserem Beten bestellt? Und wie ist es überhaupt mit unserem Glauben bestellt?
Symbolbild – Image by Arnie Bragg from Pixabay
Am Ende der heutigen Evangelienstelle steht vielleicht wegen dieser Fragen folgender provozierender Satz: „Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ Würde er heute, hier und jetzt kommen ‑ was würde ER vorfinden?
- In diesen Zeiten würde er allüberall viele verunsicherte Kirchenmitglieder in Deutschland vorfinden, die sich durch weiß Gott nicht so tolle Verhaltensweisen von so manchem Bischof, Pfarrer oder Kirchenbehörde gleich in ihrem Glauben so durcheinanderbringen lassen, dass sie aus der Kirche austreten. Was ist das für ein Glaube?
- Oder, er fände oft einen allgemeinen, unverbindlichen Glauben vor, denn nicht wenige sagen: „Irgendein höheres Wesen muss es ja geben. An irgendwas glauben wir alle.“ Mit dem Glauben an Gott aber, der sich geschichtlich und konkret in Jesus geoffenbart hat und der im Hl. Geist unter uns geblieben ist ‑ mit diesem Glauben ist es oft nicht weit her.
- Oder, er fände einen Glauben vor, in dem man einige Glaubenssätze fest und für wahr hält, der aber nicht die alles bestimmende Kraft unseres Lebens ist. Es ist kein Glaube, der lebendiges Gebet, also Hören und Reden mit Gott pflegt, was dann zu entsprechendem Verhalten führt. Es ist ein Glaube, der immer mehr verdunstet, der keine Integrationsenergie und keine gesellschaftsprägende Kraft hat.
Was uns unsicher und nicht selten „ungläubig“ macht, ist, dass wir nicht unterscheiden, was wesentlich und was unwesentlich ist. Wir setzen keine Prioritäten. Wir wissen nicht mehr um das eine Notwendige in unserem Glauben, das im Hören auf Gottes Wort besteht. Glaube kommt ja vom Hören. Alles andere kommt dann von selbst …
„Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ fragt Jesus. Er behauptet nicht, dass der Menschensohn keinen Glauben mehr vorfindet. Er lässt die Frage offen. Er will uns mit der Frage nachdenklich machen, uns aus einer zunehmenden Gleichgültigkeit herausführen und uns auf den Weg des Glaubens bringen, der uns zu so selten gewordenen Tugenden führt: Liebe, Wahrheit und Freiheit. So ein Glaube macht uns dann auch widerstandsfähig und fit, wenn uns mal wieder kalter Gegenwind von außen oder Mief von innen verunsichern und krank oder bitter machen wollen.
Ohne Glauben sind wir nichts besonderes. Mit dem Glauben sind wir alles, nämlich: Gottes vielgeliebte Söhne und Töchter, die leben, die wirklich leben und sich nicht mit Vorläufigkeiten abspeisen lassen.
Amen.
Hinweis: Mehr geistliche Impulse von Pater Kreitmeir gibt es auf seiner Webseite unter: