Anton Zeilinger: „Ich kenne einige Kollegen, auch Nobelpreisträger, die gläubig sind“

Der österreichische Quantenphysiker Anton Zeilinger, der im Jahr 2022 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, sprach kürzlich im Interview mit der Kirchenzeitung der Diözese Linz über die Koexsistenz von Glauben und Naturwissenschaft. Dabei äußerte der Katholik auch, was sich an seiner Kirche ändern könnte, damit der Glauben in unseren Breiten wieder attraktiver wird.

Wie schon in der Vergangenheit stellte Zeilinger im Kirchenzeitungs-Interview klar, dass es einen Widerspruch zwischen Religion und Naturwissenschaften nur dann gibt, wenn eine der beiden Disziplinen ihre jeweilige Kompetenz überschreitet.

So seien existenzielle Fragen und dabei die Frage nach Gott „völlig unabhängig“ von der Tätigkeit als Naturwissenschaftler, die „prinzipiell agnostisch“ sei. Auch wenn existenzielle Fragen kein Thema naturwissenschaftlicher Forschung sind, diskutiere er „gelegentlich mit jungen Leuten“ über solche Fragen. Diese Diskussionen seien „aber unabhängig von unserer Forschungstätigkeit“, betont der Physiker.

Dass naturwissenschaftliche Erkenntnis ganz selbstverständlich ein Weltbild aus Glaubensperspektive zulässt, darauf verweist Zeilinger allein mit folgender Aussage:

„Ich kenne einige Kollegen, auch Nobelpreisträger, die gläubig sind. Es gibt auch andere, nichtchristliche Glaubensrichtungen unter den Physikern, da gibt es keinen Widerspruch.“

Es gebe Fragen, wie die nach dem Anfang des Universums oder der Herkunft der Naturgesetze, „die sich außerhalb der wissenschaftlichen Beweisbarkeit befinden“. Albert Einstein habe die Meinung gehabt, das wäre eine Rolle Gottes, merkte der 77-jährige Quantenphysiker an.

So ist und bleibt die Ansicht, ob ein Schöpfergott oder der Zufall mit der Entstehung des Universums in Verbindung stehen, eben Glaubenssache. In diesem Kontext formuliert Zeilinger eine nachdenkenswerte Ansicht: „Vielleicht hat er [Gott] die Welt so geschaffen, dass es den Zufall gibt.“ 

Der Physik-Nobelpreisträger verwies auf die Meinung von Physikerkollegen, „dass der einzelne zufällige Prozess ein elementarer Schöpfungsakt“ sei. Auch diese Position könne man haben, auch wenn dies wiederum nicht so sein müsse. Mit Blick auf die Schöpfung betonte Zeilinger:

„Man hat die Freiheit, das mit oder ohne eine Rolle Gottes zu sehen. Das ist dann letztlich eine persönliche Sache.“

Damit Kirche und damit auch die Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen und der Frage nach Gott wieder attraktiver werden, schlägt Anton Zeilinger auf die entsprechende Nachfrage, was er als Katholik in der Kirche verändern würde, zum einen vor, die Kirchensteuer abzuschaffen aus dem Grund, weil sie „ein schlechtes Bild nach außen“ erzeuge. Zum anderen betont er, dass sich die Kirche wieder auf den Kern ihres Auftrags besinnen sollte:

„Die Kirche sollte wieder stärker die Verkündigung der Frohbotschaft zu den Nicht-Christen übernehmen.“

Diese täte auch „unserer Gesellschaft“ gut, resümierte der Quantenphysiker.

Quelle: kirchenzeitung.at, promisglauben.de