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Astrophysikerin Kathrin Altwegg: „Ich glaube, dass es eine weitere Dimension gibt“

Die Astrophysikerin Kathrin Altwegg, die assoziierte Professorin an der Universität Bern und ehemalige Direktorin des Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern ist, sprach im Interview mit dem Schweizer Magazin Annabelle über den Klimawandel, außerirdisches Leben und ihre Vorstellung von Gott. Dabei schilderte sie, wie gut Naturwissenschaft und Theologie als unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen zusammenpassen.

Kathrin Altwegg berichtete im Annabelle-Interview, dass der Blick ins Universum „einfach nur schön“ und „wahnsinnig ästhetisch“ sei. Zur Wirkung ihres Forschens auf ihr Weltbild ließ sie wissen:

„Je mehr ich weiß, umso verblüffender wird die Tatsache, dass das Universum existiert. Und wir ein Teil davon sind.“

Den Menschen und die Erde beschreibt sie als besonders im ganzen Universum. Dazu, dass sich menschliches Leben auf der Erde entwickeln konnte, habe „vieles wunderbar zusammengespielt“, legte die Physik-Professorin im Annabelle-Interview ausführlich dar.

Die Entstehung der Menschheit könne man als „Glück“, „Zufall“ oder „göttliche Vorsehung“ deuten, je nachdem welche Glaubensentscheidung man getroffen hat, schilderte Altwegg.

Hinsichtlich ihrer Glaubensentscheidung gab die Naturwissenschaftlerin zu bedenken, dass es in der Astrophysik Fragen gäbe, „von denen ich genau weiß, dass man sie nicht beantworten kann“. Zur Frage nach dem Woher des Menschen, die sich im meta-physischen Bereich bewegt, sagte die Physik-Professorin:

„Das Problem ist, dass wir uns ’nichts‘ nicht vorstellen können. Wann immer man sich ’nichts‘ vorstellt, stellt man sich ja doch etwas vor, auch wenn es nur Dunkelheit ist.“

Wenn jemand behaupte, dass es „kein Außerhalb“ gäbe, mache diese Auffassung ihr „einen Knopf ins Gehirn“ und ginge für sie nicht auf. Dazu betont Kathrin Altwegg:

„Darum glaube ich schon, dass es eine weitere Dimension gibt, eine, die wir nicht verstehen.“

Diese Ebene stellt sie sich dabei „nicht personell“ vor, sondern als „eine göttliche, alles umschließende Dimension“.

An Gott zu glauben, sei in ihrem Umfeld indes nicht ungewöhnlich. So gebe es neben Naturwissenschaftlern, die den „Gedanken an Gott völlig“ ablehnten, genauso Naturwissenschaftler, die „tiefgläubig“ seien. Sie liege „irgendwo dazwischen“. Dazu schilderte Altwegg weiter, dass sie katholisch aufgewachsen sei, heute aber „mit Religion nicht besonders viel am Hut“ habe. Im Laufe ihrer Karriere als Naturwissenschaftlerin ließen sie existenzielle Fragen jedoch nicht los, so dass sie den „Gedanken an eine weitere Dimension“ für sich bejaht. Naturwissenschaft und Glauben gehen für sie dabei „sehr gut“ zusammen, was sie wie folgt weiter darlegte:

„Mir ist es sehr wichtig zu betonen, dass sich der Glaube und die Wissenschaft nicht ausschließen.“

Vielmehr arbeiteten am „Center of Space and Habitability“ in Bern, den sie über viele Jahre leitete, Theologen und Astrophysiker „eng“ zusammen. Dazu erklärte Altwegg:

„Wir haben uns schnell darauf geeinigt, dass wir Naturwissenschaftler fragen ‚Wie?‘ und die Theologen fragen ‚Warum?‘.“

Theologie und Naturwissenschaften lieferten jeweils Erkenntnisse auf anderen „Dimensionen“ und „Ebenen“, weshalb sich beide Disziplinen „absolut nicht weh“ tun würden. Vielmehr betont die Astrophysikerin:

„Aber beide Fragen, das Wie und das Warum, sind sehr menschlich.“

Dass sie als Naturwissenschaftlerin, dass Warum nicht abschließend ergründen könne, erschüttere sie „gar nicht“. Diesbezüglich erklärt sie weiter:

„Ich weiß, dass man Gott mit der Naturwissenschaft nie beweisen, aber auch nie widerlegen können wird.“

Gott entziehe sich naturwissenschaftlichen Messmethoden und sei nicht festzumachen, fügte Altwegg an. Dies müsse ihrer Ansicht nach auch so sein. Denn, wenn Gott messbar wäre, „würde das den Menschen über Gott stellen“, was wiederum „nicht der Sinn dieser höheren Dimension“ sein könne, so die Astrophysikerin.

Darauf angesprochen, dass viele Menschen Gott in der Natur oder beim Blick in den Sternenhimmel spüren, legte Kathrin Altwegg dar, dass „die Grundlage unserer Existenz einfach schön“ sei. Dazu folgert sie:

„Das gibt mir schon das Gefühl, dass es eine höhere Dimension gibt, die das entworfen oder den Prozess initiiert hat.“

Die höhere Dimension spiele für sie beim Nachdenken über das Leben eine bedeutende Rolle. Als Beispiel dafür nannte sie die Geburt eines Kindes, die sie als „ein Wunder“ empfindet. Dazu erklärte sie weiter:

„Dass das Wesen aus Atomen besteht, das kann ich naturwissenschaftlich gut erklären. Aber der Geist, den das Kind mitbringt, verblüfft mich.“

Kürzlich sei ihr zweites Enkelkind auf die Welt gekommen und es unterscheide sich „schon jetzt stark von seinem Geschwister“. Zu sehen, dass beide Kinder trotz gleicher Eltern unterschiedlich sind, bringt Kathrin Altwegg zur Erkenntnis:

„Wir bringen als Menschen bereits einiges mit, wenn wir auf die Welt kommen. Wir sind einzigartig.“

Quelle: annabelle.ch