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Biograph über Friedrich Dürrenmatt: „Er war gläubig und zugleich eigentlich alles andere“

Vor 100 Jahren, am 5. Januar 1921, wurde der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt geboren, dessen Werke in die Weltliteratur eingingen, wie etwa „Die Physiker“, „Der Richter und sein Henker“ oder „Der Besuch der alten Dame“. In seinen Werken griff er immer wieder christlichen Werte sowie biblische Motive auf. Zum Glauben selbst entwickelte er im Laufe seines Lebens ein ambivalentes Verhältnis.

Als Sohn eines reformierten Pfarrers wächst Friedrich Dürrenmatt im christlichen Glauben auf. Wie die F.A.Z. aktuell berichtet, habe ihn seine Mutter ‚mit ihrem siegesgewissen Gottesglauben‘ abgeschreckt.

Ulrich Weber, der zum hundertsten Geburtstag von Dürrenmatt seine eine mehr als 700-seitige Biographie veröffentlicht hat, gab gegenüber dem NDR ein Interview über Dürrenmatt. Dabei nahm er auch Bezug auf dessen Glauben. Auf die Frage, ob der Schweizer Schriftsteller ein gläubiger Mensch gewesen sei und ob daher auch sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn komme, erklärte Ulrich Weber:

„Das ist eine wichtige Frage, weil er gläubig war und zugleich eigentlich alles andere.“

So habe er schon als Kind „gegen die Glaubenswelt seiner Eltern rebelliert“. Während seines Studiums in den 40er Jahren habe sich Dürrenmatt „immer mehr vom protestantischen Glauben distanziert“. Zu seinem Lebensende hin habe er sich gar als Atheisten bezeichnet. Diesbezüglich betonte Ulrich Weber:

„Aber was geblieben ist, waren die inneren Werte des Christentums, die ihn immer begleitet haben, und auch die Motive, die er immer wieder aus der Bibel aufgriff.“

Wie das Portal der Reformierten ref.ch in einem Artikel über Dürrenmatt mit der Headline „Wie der Glaube den Atheisten Dürrenmatt prägte“ sowie die katholische Zeitung Die Tagespost im Artikel „Atheist aus Gnaden“ jeweils im November 2017 beschrieben, ließ den Schweizer Dramatiker die Religion nie los.

In seinem Streben nach Unabhängigkeit und mit seiner existenzialistischen Weltsicht arbeitete er sich zeitlebens insbesondere an der Frömmigkeit seiner Mutter ab. Wie Die Tagespost darlegt, stand seine Überzeugung, dass er sich einzig und allein auf sich selbst verlassen kann, dem Glauben seiner Mutter, die alles, was um sie herum geschah, als Erfüllung ihrer Gebete deutete, diametral gegenüber. Der Schweizer Dramatiker habe sich regelrecht gekränkt gefühlt, dass seine Mutter auch seine persönlichen Erfolge nicht als eigenständige Leistung anerkennen wollte und stattdessen Gott zuschrieb.

In seiner Jugend ließ Friedrich Dürrenmatt in einem Brief an seine Mutter, den er ihr im Alter von 21 Jahren zu ihrem 56. Geburtstag im Jahr 1942 schrieb, eine Sehnsucht nach Geborgenheit und Urvertrauen durchblicken. Wie die Tagespost berichtete, schrieb Dürrenmatt darin folgende Zeilen:

„Du hättest einen tausendmal besseren Sohn verdient, als ich es bin. Ich gäbe alles drum, wenn ich die Wunden heilen könnte, die ich Dir geschlagen. Aber vielleicht ist dies unmöglich. Warum sind wir beide doch so verschieden, Du und ich, sind wir doch Mutter und Sohn! Warum kann ich nicht an einen Gott glauben wie Du! Es ist mir manchmal, als wären alle meine Gefühle erfroren, und wenn ich fühle, gibt es keinen Namen dafür. Ich möchte meinen Kopf in Deinen Schoß legen und schlafen.“

Letztlich stand wohl sein von frühester Jugend angelegter Drang nach absoluter Unabhängigkeit dem Glauben an Gott entgegen.

Quellen: domradio.de, faz.net, ndr.de, ref.ch, die-tagespost.de