Diana Kinnert: „Die Kirchengemeinde ist ein Schiff, das trägt tatsächlich“
Die CDU-Politikerin, selbstständige Unternehmerin und Publizistin Diana Kinnert ist 30 Jahre alt, hat polnisch-philippinische Wurzeln, studierte Politik-, Sozialwissenschaft und Philosophie und setzt sich für einen modernen Konservativismus ein, wie sie in ihrem Buch „Für die Zukunft seh‘ ich schwarz“ beschrieb, das 2017 im Rowohlt-Verlag erschien. Das Markenzeichen des CDU-Shooting-Stars war seinerzeit ein schiefes Baseball-Cap, das sie mittlerweile gegen einen stylischen Hut eintauschte. Am 2. März erscheint im „Hoffmann und Campe“-Verlag ihr neues Buch mit dem Titel „Die neue Einsamkeit“. Im Interview mit dem Magazin Chrismon sprach die 30-Jährige, die auf Zuruf der Jo Cox Foundation die britische Regierung bei der Einrichtung eines Ministeriums für den Kampf gegen die Einsamkeit beriet und neben diversen zivilgesellschaftlichen Einrichtungen auch mehrere Landesregierungen zum Thema Vereinzelung berät, aktuell über Einsamkeit und darüber, wie sie im christlichen Glauben Halt findet.
In ihrem am 2. März erscheinenden Buch beschreibt Diana Kinnert eine neue Einsamkeit, die heutzutage im Zuge des gesellschaftlichen Wandels immer mehr um sich greift, und schildert, wie wir in Zukunft Individualität und gesellschaftliches Miteinander vereinbaren können und als Gesellschaft Einsamkeit überwinden können. In einer Gesellschaft, die Konsum statt Intimität, Flexibilität statt Verbindlichkeit und immer mehr Gewinn statt Stabilität fordert, sagen heute 14 Millionen Menschen, dass sie sich einsam fühlen. In ihrem Buch schildert Kinnert, dass mit den digitalen Welten altbekannte Strukturen bröckeln, wobei die Alten zurückblieben, während die Jungen in eine entwurzelte Zukunft hetzten, so dass für das Sozialwesen Mensch diese neue kollektive Unverbundenheit das große Thema unserer Zeit sei.
Im Chrismon-Interview berichtete Diana Kinnert, dass sie sich sehr einsam fühlte, als innerhalb kürzester Zeit ihre Mutter, ihre Großeltern und zwei nahe Bekannte verstarben. Sie habe sich damals in die Arbeit gestürzt und sei vor sich selber weggerannt. Dadurch nahm sie selbst wahr, dass Einsamkeit auch ein Thema bei jungen Menschen ist. Aufgrund der Werteverschiebung weg von Kontinuität und Verlässlichkeit hin zu einer verherrlichten Bindungslosigkeit und Kurzfristigkeit mache sie sich beim Thema Einsamkeit um die jungen Menschen in der Gesellschaft die meisten Sorgen.
Als sie in Göttingen studierte, erlebte sie selbst die Fluktuation und Anonymität des Lebens in der Stadt. Diesbezüglich kritisierte Kinnert:
„Beziehungen werden nicht durch Konfrontation geprägt, sondern durch Vermeidung.“
Darauf angesprochen, dass die Kirchen für viele Menschen in der Gesellschaft noch für Zusammenhalt sorgen, berichtete die Autorin, dass sie diesen Zusammenhalt von klein auf erfuhr. Von ihrer philippinische Mutter, die eine „liberale Frau“ gewesen sei, und ihrem Vater aus Schlesien, den sie als „ein strenger Katholik“ bezeichnet, wurde sie im christlichen Glauben erzogen und habe sich als Messdienerin in der Kirchengemeinde engagiert. Zu ihrem Glauben bekannte die Politikerin:
„Ich bin ein sehr christlicher Mensch, darum bin ich auch in die CDU eingetreten.“
Dazu wie Kirche Menschen nachhaltig verbindet, schilderte Diana Kinnert ein persönliches Erlebnis. Als sie und ihre Schwester aus ihrem Heimatort Wuppertal wegzogen, seien viele Freundschaften „auf einen Instagram-Geburtstagsgruß beschränkt“ gewesen. Als ihre Mutter verstarb, seien auf der Beerdigung zwei ehemalige Klassenkameradinnen ihrer Schwester die Messdienerinnen gewesen. Dazu erklärte die 30-Jährige:
„Da habe ich gespürt, die Gemeinde ist ein Schiff, das trägt tatsächlich!“
Als homosexuelle Frau sei ihr aber auch bewusst, „dass der Apparat Kirche viele Fragen und unerfüllte Wünsche“ aufwerfe.
Auf die Frage, ob es ein Wort aus der Bibel gebe, das sie trägt, brachte Diana Kinnert zum Ausdruck, dass sie (ganz im Sinne des Evangeliums) zu dem Ergebnis komme, dass man „dem Menschen ganz viel zutrauen“ dürfe. Auch wenn sie schon lange nicht mehr in die Bibel „reingeguckt“ habe, finde sie persönlich die Auffassung schön, dass wir wie die Kinder sein sollen. Diese Einstellung ziehe sich „wie ein roter Faden“ durch ihre Arbeit.
Auf ihrem linken Arm trägt Diana Kinnert ein Jesus-Tattoo. Als sie vor vier Jahren im Funk-Podcast „Politik – COOL oder UNCOOL?“ darauf angesprochen wurde, sagte sie:
„Jesus ist ein total cooler Typ.“
Jesus strahle das aus, was sie als cool empfindet, weil er „nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt“ gewesen sei, sondern vielmehr „seine Agenda“ gehabt habe, zu der er gestanden habe und sich getraut habe, diese auch gegenüber Andersdenkenden auszusprechen.
Quellen: chrismon.evangelisch.de, hoffmann-und-campe.de, youtube.com