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Pater Christoph Kreitmeir: „Es geht darum, den jesuanischen Herzschlag zu spüren“

Bei seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium (Lk 5,1-11) blickt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir, der als Klinikseelsorger in Ingolstadt Menschen dient, auf die Situation der Kirche und stellt seine Worte unter dem Titel „Frieden finden im Unfrieden“.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Auf der Suche nach Inspiration für diese Predigt schaute ich auch nach älteren Predigten von mir selbst, die ich zum heutigen Evangelium schon einmal gehalten hatte. Vor neun Jahren, also im Jahr 2013 fand ich Gedanken zum damaligen Zustand der katholischen Kirche in Deutschland, die mich gleich zweifach erzürnten: Einmal, weil schon damals das Krebsgeschwür „Missbrauch“ und alles, was damit zusammenhängt, DAS alles herunterziehende Thema war. Und zum anderen, dass schon damals vor neun Jahren (!) vor allem Kirchenobere sehr schlechtes Krisenmanagement an den Tag legten. Damals zählte ich folgendes auf:

  • Der unglückliche Umgang der deutschen Bischofskonferenz mit der Aufarbeitung der sexuellen Missbrauchsfälle, die der ganzen Kirche unendlich schaden.
  • Die Abweisung einer vergewaltigten Frau bei zwei katholischen Krankenhäusern in Köln und dann das hilflose Rumeiern hoher kirchlicher Vertreter nach Bekanntwerden dieses Skandals.
  • Das Verbot der Fastenpredigten z.B. in der Frauenkirche in Nürnberg aus Angst vor kirchenkritischer  Meinung.
  • Höchst unglückliche Vergleiche des damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der die derzeitige „Katholikenverfolgung in Deutschland“ mit Pogromen gegen Juden verglich …

Man könnte wirklich resignieren, wenn da nicht MUTMACHENDES in der Botschaft Jesu zu finden wäre.

Und dies wollen wir nun suchen.

Zu einer Tageszeit, wo Berufsfischer wissen, dass es nichts zu fangen gibt, zur UNZEIT sagt der besondere Prediger Jesus zu Simon und seinen Kollegen, dass sie nochmals hinausfahren sollen, um einen guten Fang zu machen. Simon gibt zwar zu verstehen, dass das nicht sehr sinnvoll sei, aber „auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen“.

Eine übergroße Ausbeute ist das Ergebnis und ein Simon, der nicht nur zutiefst ergriffen ist von diesem Geschehen, sondern nach Einholen „der Ernte“ alles stehen und liegen lässt, um Jesus nachzufolgen. Diesem Jesus, der zu ihm sagte: „Von jetzt an wirst du Menschen fangen“.

Zur UNZEIT fordert Jesus auf, für Ihn, für das Reich Gottes Menschen zu fangen.

UNZEIT, so eine Zeit wie die unsere, wo kirchenmäßig anscheinend kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist und wo die Menschen, die man auf Gott, Glaube und Kirche anspricht, sehr oft mit mindestens einem Augenverdrehen abwinken und bestenfalls zu einem anderen Thema wechseln.

Menschenfangen zur Unzeit? Menschenfangen zur Unzeit!

Irgendwie spricht mich dieser Gedanke trotz aller Gegenargumente sehr an. Wenn nicht jetzt, wann dann Menschen auf Sinn, auf Hoffnung, auf Zuversicht, auf Chancen und Mut ansprechen. Ich kann und darf das tagtäglich im Krankenhaus tun. Hier treten die Alltagsprobleme der Institution Kirche in den Hintergrund. Hier geht es um Existentielles, um das Eigentliche, das nur Jesus Christus wirklich geben kann: Trost, Kraft, Halt, seinen Beistand und einen Blick hinter den Horizont.

Es geht darum, den jesuanischen Herzschlag zu spüren, von seinem Geist der Menschenliebe und der Barmherzigkeit sich inspirieren zu lassen und dann ganz unabhängig von Rang und Namen den Menschen in Wort und Tat von seinem Beistand zu erzählen.

Wie geht das? Wie schaffe ich das, mit Jesu Herzschlag in Einklang zu kommen?

Der frühere schwedische Uno-Generalsekretär Dag Hammarskjöld ist für mich da ein Wegweiser. Jahrzehntelang war er auf der Suche nach sich selbst und nach Seelenfrieden. Erst mit 47 Jahren fand er zu einer inneren Klarheit und zu seinem Auftrag: Für den Frieden unterwegs und Botschafter sein. Er lebte kreative Selbstsorge, suchte nach Sinn, Frieden und Gott. Suchend wurde er fündig und wusste sich dabei selbst gefunden. Selbstfrieden – Weltfrieden.

Eines der Gebete von Dag Hammarskjöld wird in letzter Zeit zu meinem eigenen. Es hilft mir, Jesu Geist zu atmen und seinen Herzschlag zu spüren:

„Gib mir einen reinen Sinn, dass ich dich erblicke,

einen demütigen Sinn; dass ich dich höre,

einen liebenden Sinn, dass ich dir diene und

einen gläubigen Sinn, dass ich in dir bleibe“.

 

Beten ist wie Aufräumen.

Es schenkt Klarheit, stärkt die innere Mitte, führt zur Unbestechlichkeit und Aufrichtigkeit und schenkt Selbstfrieden und irgendwann hoffentlich auch einen Frieden in der Kirche und in der Welt.

Amen.

Die Sache Jesu braucht Begeisterte: