Foto: © Patrick Schneiderwind

Frei.Wild-Sänger Philipp Burger plädiert für Fehlerverzeihkultur

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Früher war der Advent eine Fastenzeit und damit eine Zeit der Umkehr und des Neuanfangs. Auch heute ist mit dem Evangelium am 2. Adventssonntag (Lk 3,1-6) mit Blick auf Johannes dem Täufer das Thema Umkehr in der Adventszeit weiterhin zentral. Bei vaticannews.va verdeutlicht der römisch-katholische Theologe Dr. Ralf Rothenbusch in seiner Auslegung dieses Evangeliums, dass ein Neuanfang die innere Umwandlung braucht.

Einer, der mit seiner Vergangenheit reinen Tisch gemacht hat, ist der Rockmusiker Philipp Burger, der der Frontmann der Band Frei.Wild ist. In seinem Buch „Freiheit mit Narben – Mein Weg von rechts nach überall“ beschreibt er schonungslos offen, wie er im Teenageralter als Skinhead ein Leben mit Feindbild führte und dabei „viel Wohltuendes für Herz und Seele“ verpasste. Weiter beschreibt er seinen Perspektivwechsel, der bei ihm im Alter von 19 Jahren nach und nach eintrat, und die Auswirkung dessen zu einem Leben mit unvoreingenommenen Blick auf die Mitmenschen. Vor einem Jahr sprach Philipp Burger im Interview mit PromisGlauben über den Wendepunkt in seinem Leben und sein heutiges Weltbild.

Aktuell spielt Burger fünf Konzerte im Rahmen seiner Solo-Tour „Good Bad Girls & Good Bad Boys“. Zu seinem Auftritt am 13. Dezember im Rostocker Moya-Club sprach er nun auch mit der Ostsee-Zeitung (Ausgabe vom 10. Dezember 2024) über die Inhalte seines Buchs „Freiheit mit Narben“. Dabei plädierte er für eine „Fehlerverzeihkultur“.

Wie schon im PromisGlauben-Interview bezeichnet der 43-jährige Sänger und Songwriter gegenüber der Ostsee-Zeitung die drei Jahre, in denen er als Teenager Mitglied der rechten Skinheadszene Südtirols war, als „die beschissenste Zeit meines Lebens“. Wie bereits im Oktober 2023 im Interview mit der BILD gestand Burger:

„Ich war ein Arschloch in einer Arschloch-Szene.“

Er habe damals viele Menschen verletzt, die er gar nicht gekannt habe, beschreibt der 43-Jährige das Resultat seiner durchlebten ideologischen Weltsicht weiter. Heute geht es ihm darum, andere Menschen von einem ähnlichen Schwarz-Weiß-Denken, das die Grundlage einer extremistischen Haltung ist, abzuhalten, was er im Interview mit der Ostsee-Zeitung wie folgt zum Ausdruck bringt:

„Ich werde nicht aufhören genau vor diesem falschen Weg zu warnen.“

Weiter formuliert der Frei.Wild-Frontmann seine Hoffnung, dass seine Kritiker durch sein Buch erkennen, dass er geläutert ist und er sowie auch seine Bandmitglieder von Frei.Wild „keine Rechtsaußenspinner“ seien [Anmerkung: Die Band Frei.Wild wurde nach der Skinheadzeit von Philipp Burger gegründet]. Der Songwriter, der auch für Schlager- und Volksmusiker wie die Kastelruther Spatzen, die Amigos, Beatrice Egli und Nino de Angelo Lieder schreibt, betont:

„Ich fühle mich in der Mitte der Gesellschaft sauwohl.“

Für das ihm entgegengebrachte Vertrauen sei er dankbar und er hoffe, dass seine im Buch beschriebene Sehnsucht nach einer Fehlverzeihkultur Wirklichkeit werde, fügte Burger an.

In seinem Buch beschreibe er seinen Charakter und gehe dabei seinem Leben und seinen Songs auf den Grund. Zur Motivation zum Schreiben dieses Buches ließ er durchblicken, dass er den Wunsch in sich trägt, dass das Urteil über ihn erst nach dem Lesen falle. Weiter erklärt der Sänger:

„Ich glaube, eine zweite Chance steht auch mir zu.“

Er sei heute ein Mensch, der für Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit einstehe, wofür seine Songs „den Beweis“ bilden würden. Beispielhaft nannte er sein Lied „Ich bin Sänger, Zimmermann und Landwirt“, in dem seine grundlegende Lebenseinstellung zum Ausdruck komme [Anmerkung: Das offizielle Video zu diesem Song gibt es HIER].

 

 

Insbesondere als Landwirt sei er sehr naturverbunden und erkenne dabei eine Verantwortung vor der Schöpfung, schilderte Burger weiter. Seine Lieder drehten sich mehrheitlich um Themen wie Freiheit, Freundschaft, Liebe, Enttäuschung, Trauer und Familie.

Auch zur Kritik an seinem Bekenntnis zur Liebe, die er gegenüber seiner Heimat Südtirol in seinen Liedern beschreibt, äußerte sich der Rockmusiker. Zum einen habe dieses Empfinden im Alpenraum „einen anderen Klang“ als für Menschen, die in der Großstadt leben. Und zum anderen gehe für ihn das Wahrnehmen von Heimatliebe mit dem „Herzgefühl von Dankbarkeit, Verantwortungsbewusstsein und Dazugehörigkeit“ einher.

Heute sei er ein Mensch, der nicht mehr in der Kategorie Schwarz/Weiß denkt und dem Schubladendenken fremd ist. In erster Linie sei er aber „nun mal Rock’n’Roller“, erklärte Philipp Burger im Interview mit der Ostsee-Zeitung weiter. Neben einer gewissen Rebellion und Lautstärke gehörten dazu aber auch Werte wie „Versöhnung, Hoffnung und Zuversicht“. Dies wolle er mit seinen Liedern und auf seinen Konzerten vermitteln, und zwar „aus tiefstem Herzen, trotz Gegenwind“, fügte Burger an.

 

Wie ernst es Philipp Burger mit seinem vor mehr als 24 Jahren begonnenen Weg zur Versöhnung und hin Richtung Mitte der Gesellschaft ist, zeigt sich auch darin, wenn er und die Bandmitglieder von Frei.Wild erklären, dass sie für eine konservative Wertehaltung stehen, nicht aber für Ausgrenzung, Überheblichkeit oder Menschenverachtung. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise positionierten sich Burger und Frei.Wild im Jahr 2015 in einem klaren Statement gegen Rassismus [Anmerkung: Dieses Statement ist auch in seinem Buch „Freiheit mit Narben“ abgebildet]. Vor einem Jahr veröffentlichten Frei.Wild mit „Nie wieder“ einen Song gegen den weltweit wieder aufkommenden Antisemitismus, wozu die BILD im Dezember 2023 mit folgender Headline titelte: Philipp Burger von Frei.Wild: Ex-Nazi singt gegen Judenhass“

 

Im PromisGlauben-Interview berichtete Philipp Burger, dass ihn auch der christliche Glaube heute auf Kurs halte, wobei ihm das Lesen des YouCat (Jugendkatechismus der katholischen Kirche) Orientierung gibt. Den YouCat bezeichnet er in seinem Buch als „Lebensretter und Rückwindgeber“, durch den er „die Schönheit des Glaubens“ entdeckt habe. Gott schilderte er im PG-Interview wie einen guten Freund und beschrieb ihn u.a. „wie eine vertraute Stimme, die verständnisvoll ist“. Auch äußerte sich der Sänger zu seiner Sehnsucht nach einer Fehlerverzeihkultur in unserer Gesellschaft. Dazu betonte er:

„Nicht zu vergeben, ist belastend. (…) Ich wünsche mir den Wert der Vergebung zurück.“

Für ihn persönlich sei dabei auch das Sakrament der Beichte „eine große Hilfe“. Überhaupt zeigt sich der Frei.Wild-Frontmann gewiss:

„Christliche Werte haben sich seit zwei Jahrtausenden bewährt.“

Burger schilderte, wie sein Leben oft hausgemacht in die Krise geriet. Darauf zurückblickend stellt er fest:

„Wenn man sich danebenbenimmt, wackelt das Leben.“

 

Zum PromisGlauben-Interview mit Philipp Burger erschien mittlerweile eine Unterrichtsreihe zu den Themen „Gefahr des Extremismus“, „Vergebung“ und „christliches Gottesbild“, die vom Wirtschafts- und Religionslehrer Markus Kosian und dem ehem. Direktor des RPZ Bayern, Dr. Ferdinand Herget, entwickelt und bei der Katholischen Erzieher-Gemeinschaft Bayern (KEG Bayern) veröffentlicht wurde (siehe HIER).

„Philipp Burger in Bayern jetzt Schulstoff“ titelten dazu „Die Neue Südtiroler Tageszeitung“ sowie unsertirol24.com.

 

Quellen: ostsee-zeitung.de, promisglauben.de, bild.de (1), bild.de (2), youtube.com, tageszeitung.it, unsertirol24.com

Hinweis: Im Oktober 2023 äußerten sich Musiker der Kastelruther Spatzen, der Amigos sowie Nino de Angelo, für die Philipp Burger Songs schreibt, über die Persönlichkeit des Frei.Wild-Frontmanns. Den Artikel gibt es unter:

bild.de

Anbei das PromisGlauben-Interview mit Philipp Burger:

HIER

Anbei der Song „Sänger, Zimmermann, Landwirt, Fischer“ von Philipp Burger, der ihn – nach eigener Aussage im Interview mit der Ostsee-Zeitung – gut charakterisiert:

HIER