Foto: @ Sina Schweikle (Pressefoto - christianspringer.de)

Kabarettist Christian Springer und Journalist Franz-Josef Wagner bleiben katholisch

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Der Missbrauchsskandal überschattet die katholische Kirche nicht erst seit dem vergangenen Donnerstag, dem Tag, an dem das Missbrauch-Gutachten des Erzbistums München und Freising veröffentlicht wurde. Viele katholische Christen stehen nun vor der Herausforderung sich angesichts der unerträglichen Verfehlungen von Kirchenvertretern zu positionieren. Der Journalist Franz-Josef Wagner geht voran und bezieht in seiner BILD-Kolumne „Post von Wagner“ Stellung. Auch der Kabarettist Christian Springer erklärt aktuell in der BR-Sendung Sonntags-Stammtisch, dass er Kirchenmitglied bleibe, was der Rechtsanwalt und Politiker Gregor Gysi im übertragenem Sinne gut findet.

 

Unter dem Titel „Betrifft: Missbrauchsgutachten“ schreibt Franz-Josef Wagner, dass er sich angesichts des Ausmaßes des Missbrauchs und dem damit verbundenen Bewusstsein, dass „so viele Seelen“ zerstört wurden, „gottverlassen“ fühle. Trotz alle dem habe er die Entscheidung getroffen, nicht auszutreten und sich im Angesicht des Bösen „in das Gute“ zu flüchten.

Nein, Kirche ist nicht nur schlecht, stellt Wagner fest, wenn er etwa seinen Blick auf Nonnen, die in Indien Not lindern, auf Hilfsorganisationen wie Misereor oder auf die Krankenhäuser der Barmherzigen Brüder richtet. Im Zuge dessen erklärt der BILD-Journalist, dass es die Menschen seien, die die Kirche bilden, und eben nicht Bischöfe und Priester. Mit Blick auf diese Menschen erinnert er:

„Es gibt Millionen, die im Namen Gottes Gutes tun in der ganzen Welt.“

Dabei ist ihm auch klar, dass es „das Böse“ gibt, das aber nur siegen könne, „wo das Gute ohne Kraft ist“. In diesem Sinne appelliert Wagner:

Wir müssen das Gute stärken, damit das Böse nicht siegt.“

Bereits im März 2018 schrieb Franz-Josef Wagner angesichts massiver Kirchenaustritte in seiner BILD-Kolumne mit Blick auf das Gute in der Kirche, das sich u.a. in kirchlichen Hilfsorganisationen zeigt:

„Die katholische Kirche hat für mich ein Guthaben. Sie rettet Menschen, sie ernährt Menschen, sie tröstet Menschen.“

Und weiter:

„Ich bleibe ein Katholik.“

 

Aktuell hob das auch der Kabarettist Christian Springer am Sonntagvormittag im Bayerischen Fernsehen in der Sendung „Sonntags-Stammtisch“ hervor. Als er in der Sendung, in der aktuelle Themen der vergangenen Woche besprochen werden, auf das Missbrauchsgutachten im Erzbistum München und Freising angesprochen wurde, erklärte der 57-Jährige:

„Ich bin einer der wenigen Kabarettisten in Bayern, die noch katholisch sind. Ich bin noch dabei und ich gebe auch da nicht auf.“

Besorgt nimmt er die seit vielen Jahren spürbare Entwicklung eines langsamen „Sterbens der Kirche“ in Deutschland wahr. Selbst in Bayern gehörten nur noch etwa 50 Prozent der Menschen der katholischen oder evangelischen Kirche an. Seiner Meinung nach ist es an der Zeit, dass die Gläubigen, die für ihr Leben die Kirche brauchen und die in der Kirche bleiben wollen, „Flagge zeigen“ und gegen die Missstände protestieren, damit endlich Veränderung eintritt und Kirche wieder ein Angebot für Menschen sein kann. Mit eindringlichen Worten forderte er einen ‚Hallo-Wach-Effekt‘. Dazu sagte er:

„Wir müssen vor das Erzbischöfliche Ordinariat ziehen und sagen ‚So wir sind jetzt hier‘ und jetzt muss mal geredet werden und es muss hier etwas geändert werden.“

 

Dass die Kirche aufgrund der Skandale und der damit verbundenen Selbstbeschäftigung nicht mehr in der Lage ist, Angebote für die Menschen zu machen und auch als moralische Instanz beschädigt ist, empfindet auch der Rechtsanwalt und Politiker Gregor Gysi, der ebenfalls Gast im „Sonntags-Stammtisch“ war, als ungläubiger Mensch problematisch für die gesamte Gesellschaft. Dazu schilderte er am Sonntagvormittag im Bayerischen Fernsehen:

„Ich selbst glaube nicht an Gott, aber ich fürchte eine Gesellschaft ohne Religion.“

Seiner Meinung nach brauche es in der Gesellschaft eine Kraft, um Normen zu formulieren und sie allgemeinverbindlich zu erklären. Diese Kraft sieht er in der Kirche, was er wie folgt erklärt:

„Wenn wir nicht die Bergpredigt hätten, hätten wir überhaupt keine allgemeinverbindliche Moral. Das muss man einfach sehen.“

Seit einigen Jahren wird Gregor Gysi nicht müde, das den Menschen vor Augen zu führen (wir berichteten).

Auch der weltweit rezitierte Philosoph Jürgen Habermas, der sich selbst als religiös unmusikalisch bezeichnet, betonte in den letzten Jahren die Bedeutung der Beiträge in religiöser Sprache für unsere Gesellschaft (wir berichteten).

Bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends erklärte er in seiner berühmten Paulskirchenrede, dass der religiöse Bürger im säkularen Staat als religiöser Bürger wieder ernst genommen werden müsse und ihm nicht zugemutet werden dürfe, in öffentlichen Diskursen von seiner Religiosität zu abstrahieren. Vielmehr benötigte unsere Gesellschaft zum Beispiel zur Fundierung des für unsere Gesellschaften zentralen Begriffs der Menschenwürde wieder „rettende Übersetzungen“ des jüdisch-christlichen Begriffs der Gottebenbildlichkeit.

Quellen: bild.de (1), bild.de (2), br.de