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Pater Christoph Kreitmeir: „Barmherzigkeit ist DAS Attribut Gottes oder gottähnlichen Handelns“

In seiner Auslegung zum Sonntagsevangelium vom barmherzigen Samariter (Lk 10, 25-37) betont unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir, dass Barmherzigkeit DAS Attribut Gottes oder gottähnlichen Handelns ist und genau das der Maßstab in allen Weltreligionen ist – im Christentum, im Judentum, im Islam, im Hinduismus und im Buddhismus.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat:

 

 

Physiker, Techniker, Astronomen suchen schon seit langem nach der sog. „Weltformel“. Das ist nicht neu. Im Mittelalter waren es vor allem die Alchimisten, die Sterndeuter oder andere, die nach dem Gesetz suchten, das alles irgendwie zusammenhält.

Man muss gar nicht lange suchen.

Die „Weltformel“ ist nicht etwa „E = mc Quadrat“, die Formel der Einstein´schen Relativitätstheorie, sondern die „Weltformel“ ist die Liebe und die Barmherzigkeit.

Es gibt ein Wort, auf das sich alles zurückführen lässt, das zu einer Grundformel des Lebens werden kann: LIEBE.

Die Haltung der Barmherzigkeit fließt wie ein nie versiegender Bach aus der Liebe heraus. Für Papst Franziskus ist die Barmherzigkeit von zentraler Bedeutung. Vom ersten Tag seines Pontifikates an wurde er nicht müde, die Kirche zur Barmherzigkeit zu ermahnen. Sie ist nicht die Herrin der Vergebung, sondern die Dienerin der Barmherzigkeit.

Gott ist die Liebe und einer der wichtigsten Namen Gottes ist „Barmherzigkeit“.

Interessanterweise nicht nur im Christentum, auch im Judentum, im Islam, im Hinduismus und im Buddhismus ist Barmherzigkeit DAS Attribut Gottes oder gottähnlichen Handelns.

Gott verlangt von uns Menschen nichts Unmögliches. Wer die Gebote Gottes einhalten will, der braucht sich nicht zu verrenken oder gegen seine Natur zu handeln. Das Gebot der Liebe geht nicht über die Kraft, die in uns steckt, so haben wir es schon in der Lesung (Dtn 30, 10-14) gehört, die von Moses und den von Gott gegebenen Geboten sprach. Ebenso muss kein Weg der besonderen Erleuchtung eingeschlagen werden. Die Worte des Lebens liegen vor uns, sie sind uns nah, sie sind in der Mitte unseres Wesens, in der Mitte unseres Herzens. Von dort kann sie nichts und niemand vertreiben.

Wenn wir in die Welt und ihr Treiben sehen, dann sehen wir weiß Gott auch andere Kräfte am Werk.

Hass, Gier, Gewalt und Krieg bringen unbeschreibliches Leid über die Menschen. Es gibt Menschen – der Krieg in der Ukraine zeigt es uns wieder auf brutale Weise – die eiskalt Tod und Vernichtung planen und es gibt Menschen, die gerne diese Pläne verwirklichen und auf barbarische Weise und mit Lust andere quälen und morden.

Wenn wir uns in unserem ganz normalen Leben umsehen, dann begegnen auch uns überall und immer wieder Not, Kummer, Krankheit, Leid und Sorgen. Jeder hat sein Päckchen oder Paket zu tragen. Gerade in der Klinikseelsorge erleben wir das tagtäglich. Neben unserem mitmenschlichen Zuhören und Handeln ist ein nicht zu unterschätzender Teil unseres Tuns, dass wir all die Nöte und Sorgen vor Gott ins Gebet bringen. Hier erfahren wir, dass Gott uns ganz nahe ist, auch in unserer Not, auch in unserem Elend. Dann kann das Schwere uns auch nicht erdrücken.

Der menschgewordene Gott Jesus Christus gibt uns in seinem weltberühmten Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ ein für alle Zeit gültiges Beispiel der „Weltformel“, der barmherzigen LIEBE.

Wenn in einem Herzen die Liebe schlägt, dann pumpt es gleichsam Kraft in den gesamten Kreislauf. Da bleiben auch Hände, Arme und Beine nicht unberührt, sondern packen an und helfen – aus Barmherzigkeit und Liebe.

Die Liebe muss nicht lange fragen, wer denn nun mein Nächster ist und meine Hilfe benötigt. Der liebende Blick erkennt schnell, wo die Not am größten ist. Dabei geht es nicht um Selbstaufgabe. Der Samariter zieht weiter seiner Wege, er unterbricht seine Reise kaum, er bricht sie nicht ab. Er fragt auch nicht lange nach oder überlegt umständlich, sondern er handelt und tut, was nötig ist – besonnen, unauffällig, vorausplanend und aus barmherziger Liebe.

Jesus Christus bringt es mit diesem Gleichnis auf den Punkt: Liebe wird mir nicht aufgezwungen, sie ist kein undurchsichtiges Gebot, das ich zähneknirschend einzuhalten habe.

Die sich aus Gott speisende Liebe sprudelt von selbst. Sie hilft da, wo es zu helfen gilt.

Seit Anfang der Woche habe ich einen Satz in meinem WhatsApp-Profil stehen, der mich sehr anspricht. Bei jeder WhatsApp-Botschaft wird er mitgeschickt und verbreitet sich somit wie ein Strom hinaus in die Herzen derer, mit denen ich verbunden bin. Dieser Satz bestimmt schon seit einiger Zeit mein Handeln in der Seelsorge und ich hoffe, dass er mich noch mehr von Innen heraus umwandeln wird. Dieser Satz lautet:

Sei gütig, denn alle Menschen, denen du begegnest, kämpfen einen schweren Kampf. Und wenn man erkennen will, wie Menschen sind, braucht man nichts weiter zu tun als hinzusehen.

Und so wiederhole ich gerne den Beginn meiner heutigen Predigt: Es gibt ein Wort, auf das sich alles zurückführen lässt, das zu einer Grundformel des Lebens, zu der „Weltformel“ werden kann: LIEBE.

Gott ist Barmherzigkeit und Liebe.

Aus IHM strömt, was die Welt im Innersten zusammenhält. Echte Liebe rechnet nicht, sie ist verschwenderisch, weil sie sich aus einer unversiegbaren Quelle speist: aus Gott selbst.

Dieser Gott möge uns die Kraft geben, dass unser Glaube in Taten der unkomplizierten Liebe wirksam werde und heilende Kreise ziehen kann.

Amen.

Anbei der brandaktuelle Song von Peter Maffay, der mit seiner Textzeile „Komm wir bauen ein Königreich mit Liebe auf dem Thron“ wie eine Hymne zur heutigen Predigt von Pater Christoph Kreitmeir wirkt: