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Pater Christoph Kreitmeir: „Das Liebesgebot Jesu wirbt, es zwingt nicht“

Im heutigen Sonntagsevangelium sind Worte Jesu zu hören, die Messlatte und Leitlinie für einen jeden Christen sein sollten: „Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“

In seiner Auslegung zur Sonntagslesung (Offb 21, 1-5) und zum Sonntagsevamgelium (Johannes 13,31-35) beschreibt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir, dass Jesus in uns mit seiner Liebe wirkt, wenn wir seine Nähe suchen.

 

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Text-Format: 

 

 

In der Lesung aus der Offenbarung des Johannes haben wir gewichtige Worte gehört, Worte, die eine bedrohliche Situation der Endzeit beschreiben, Bilder, die die Situation von Angst und Bedrängnis lebendig werden lassen.

„Ich hab´s mir von der Seele geschrieben“, so lautet der Titel eines Buches, das ich vor vielen Jahren gelesen habe. Sich etwas von der Seele schreiben, sich etwas von der Seele reden.

Eine Angst, eine Sorge und Not, die sich benennen lässt, ist zwar nicht erledigt, aber sie kann etwas von ihrer Bedrohlichkeit verlieren, wenn anderen davon erzählt wird.

Das gilt auch heute und für mich und für Sie. Wenn ich meine Angst und Not erzählen und beschreiben kann, bin ich nicht mehr so alleine damit. Sie kommt aus mir heraus und erreicht den anderen. Und wenn ich zu Gott spreche, dann kommt der Allerhöchste noch mit ins Spiel unseres Lebens.

IHN dürfen wir nicht außer Acht lassen, er ist für uns Christen der große Regisseur des Drehbuches unseres Lebens, das sich oft als Tragik-Komödie zeigt.

„Seht, ich mache alles neu“, so heißt es in der Offenbarung des Johannes.

„Seht, ich mache alles neu“ – das ist Gottes Ziel und Absicht mit jedem Menschenleben. „Ein neuer Himmel und eine neue Erde“ ist seine Antwort, mit der er sich einer bedrängten, bedrohten Welt an die Seite stellt. Der Trost, der aus diesen Worten GOTTES kommt, hilft und richtet auf.

„Trauer isoliert, Trost verbindet. Trauer führt in die Enge, Trost ins Weite. Trauer führt in die Einsamkeit, Trost in die Gemeinschaft.“ (G. Langenhorst)

Katastrophen, Chaos, Krieg, Viruspandemie, Schicksalsschläge und letztlich der Tod haben dann nicht das letzte Wort. 

Das zeigt uns auf uneinholbare Weise Jesus heute im Evangelium. Am Abend vor seinem Leiden spricht Jesus zu seinen Jüngern. Doch bei dieser letzten Gelegenheit ordnet er nicht seine persönlichen Verhältnisse und er verteilt auch kein Vermögen.

An das Ende seines Lebens stellt er einen Wunsch: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe, daran soll man euch als meine Jünger erkennen.“

Auch in der hoffnungslosen Situation seines bevorstehenden Todes hört Jesus nicht auf zu lieben. Er bewohnt uns mit seiner Liebe, Er wirkt in uns mit seiner Liebe, wenn wir seine Nähe suchen. Er gibt nicht nur ein Gebot, sondern er schenkt sich selbst. Seine Gebote sollen Wegweisung und Halt geben.

Das Liebesgebot Jesu wirbt, es zwingt nicht.

Denken wir an unsere eigene Kindheit zurück oder an die Kinder, die wir erziehen, so erweist sich Jesu Wunsch als ein großes, vielleicht als das bedeutsamste Geschenk für uns Menschen.

Wer in einer Atmosphäre der Liebe aufwachsen durfte, weiß um die lebenslang positive Kraft, die von dieser Erfahrung ausgeht.

Jene, die eine solche Kindheitserfahrung schmerzlich entbehren mussten, spüren meist ein Leben lang den Mangel. Der Mensch ist aber kein Automat, bei dem oben Liebe reingesteckt wird, und unten wieder Gegenliebe herauskommt. Der Mensch kann lieben, auch wenn er nicht geliebt wurde. Der Christ kann dies im Vertrauen auf Gottes Liebe zu ihm und in ihm: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe …“

Jesus will, dass wir auf diese Liebe unser Leben aufbauen und er wirbt damit: Lass mich dein Gott sein, lass mich dir deinen Weg zeigen, lass mich dich lieben, schenke mir dein Vertrauen. Dann werden dir Flügel wachsen, die dich über Abgründe tragen.

Amen.