Symbolbild von Holger Schué auf Pixabay

Pater Christoph Kreitmeir: „Die Herrlichkeit Gottes ist nicht ohne innerste Beteiligung zu erfahren“

In seiner Auslegung zum heutigen Sonntagsevangelium über die Auferweckung des Lazarus (Joh 11,3-7.17.20-27.33-45) stellt unser geistlicher Begleiter Pater Christoph Kreitmeir die Fragen: Tot – und dann? Wie ist das mit dem Sterben? Und wie ist das nach dem Sterben? Und wie ist das, wenn man wieder ins Leben zurückkehrt?

Anbei die Worte seiner Predigt als Audio-Datei und anschließend im Textformat: 

 

 

Tot – und dann?

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“

Ja – Lazarus ist tot.  Fast scheint es so, als hätte Jesus genau diese Nachricht abgewartet, bevor er sich auf den Weg macht, um die Freunde in Judäa zu besuchen.  Die Neuigkeit von der schweren Krankheit war schon länger zum Jüngerkreis gedrungen, aber keine Hektik setzte ein, kein schnelles Hineilen zum Krankenbett.

Jesus lässt sich Zeit und kommt am Ende – an ein Grab. Trauernde Menschen erwarten ihn – und auch der leicht vorwurfsvolle Hinweis: „Wärest du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.“

Aber bei dieser Geschichte geht es gar nicht um die Möglichkeiten Jesu, Kranke zu heilen, es geht um viel mehr.  Jesus sagt von sich selbst: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“. Damit macht er deutlich, dass sein Anspruch über alles bisher Gewohnte und Gehörte hinausgeht.

Jesus ist es, der den Schlüssel zu Leben und Tod besitzt, ja sogar er selbst der Schlüssel ist, ohne den es kein Leben gibt und keine Auferstehung.

Bei dieser zentralen Aussage gerät fast die Hauptperson der Erzählung leicht aus dem Blick: Lazarus, der treue Freund, ist bereits mehrere Tage tot. An ihm soll nun das Wunder geschehen. Er wird von den Toten auferweckt.

Und Jesus erweist sich tatsächlich als Herr über Leben und Tod, er kann den Verstorbenen wieder ins Leben zurück rufen. Und lapidar endet dann die Erzählung:  Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen.

Nein! Möchte ich rufen, so einfach geht das doch nicht!  Ihr könnt ihn doch nicht weggehen lassen. Ich habe noch so viele Fragen an Lazarus: z.B. Wie ist das mit dem Sterben? Und wie ist das nach dem Sterben? Und wie ist das, wenn man wieder ins Leben zurückkehrt? Und …

Ich wollte das alles so gerne wissen, es würde mir das Vertrauen erleichtern, es würde mir vielleicht auch das eigene Sterben leichter machen. Das Evangelium von heute kreist um solche Fragen. Am Anfang steht die Nachricht von der ernsten Krankheit, am Ende ein Ereignis, das so unglaublich klingt, als ob man die Zeit zurückdrehen könnte.

Dazwischen hören wir jenen Satz, der das Ganze in ein neues Licht stellt: „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben” (Joh 11, 25,26).

Allerdings brauchen wir Zeit, um das Gesagte anzunehmen. Erst wenn sich in uns etwas bewegt, wenn es uns einige Tage, vielleicht sogar Jahre beschäftigt, geht es uns auf, können wir es von innen her wie von selbst bejahen.

Es braucht einen Werdegang des Verstehens, und dieser ist zugleich ein Prozess der Wandlung.

Krankheit und Tod sind so etwas Einschneidendes, dass wir die Nachricht davon erst allmählich an uns heranlassen können.

Wir hören Sätze wie: „Er war im Innersten erregt und erschüttert” und „Da weinte Jesus” (Joh 11,35). Ein Hinweis, wie sehr der Tod ihm nahe geht, in welchem Ausmaß Jesus selbst zu den Trauernden an einem Grab gehört. Wenn Jesus, der menschlich Starke und Überlegene weint, dann kündigt sich etwas Großes an.

Die Herrlichkeit Gottes, von der die Rede ist, ist nicht ohne innerste Beteiligung, ohne Erschütterung der Seele zu erfahren.

Und es geht uns doch bei solchen einschneidenden Erlebnissen ähnlich. Wo war ich selbst zuinnerst berührt und erschüttert oder vielleicht auch beglückt?

Wenn wir uns ab und zu Zeiten für so eine Seelenschau nehmen, dann können wir folgendes erleben: Solche Zeiten schenken über den Augenblick hinaus eine tiefere Einsicht in den Sinngehalt unseres Lebens. Im besten Fall werden wir nachdenklicher, gefasster, hoffnungsfroher und gütiger gegenüber dem Leben und gegenüber anderen Menschen.

Und ich hoffe, wenn mich das Leben einmal fragt, dass ich dann auch so antworten kann – wie Maria, die Schwester des Lazarus: „Ja, ich glaube, dass Jesus der Messias ist, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Amen.

Hinweis: Mehr spirituelle Impulse von Pater Kreitmeir gibt es:

HIER