Oberammergauer Passionsspielleiter Christian Stückl plädiert für eine jesuanische Kirche

Der Theaterintendant und Regisseur Christian Stückl, der seit 1990 die Passionsspiele in Oberammergau inszeniert, war am 3. Februar Gast in der BR-Sendung „quer“, in der im Sendebeitrag mit dem Titel „Bayern und die Kirche am Scheideweg?“ ein potentieller Bedeutungsverlust der Kirche im Zuge von massiven Kirchenaustritten thematisiert wurde. Im anschließenden Interview plädierte Stückl, wie schon im Juli 2021 im Interview mit der Augsburger Allgemeinen, für eine jesuanische Kirche.

Stückl, der von Moderator Christoph Süß als Person vorgestellt wurde, die durch ihr Wirken als Spielleiter der Passionsfestspiele in Oberammergau die Religionsauffassung in Bayern seit über 30 Jahren mitgestaltet habe, schilderte, wie sich seit 1990 die Welt verändert habe und das eben auch in Oberammergau. Sei es vor 30 Jahren etwa noch aufsehenderregend gewesen, als er einen Protestanten zum Hauptdarsteller machte, sei dies heute kein Thema mehr. Vielmehr zeichneten sich heute die Passionsfestspiele durch Gleichberechtigung und Religionsfreiheit aus. Mit Blick auf die aktuelle Situation der Kirche sieht der 60-Jährige großen Reformbedarf bis hin zum Perspektivwechsel. Dazu sagte er:

„Ich habe das Gefühl: An bestimmten Punkte bräuchte es ein totales Umdenken.“

Als Beispiel nannte Stückl diesbezüglich die Frauenfrage in der katholischen Kirche. Jedoch zeigt er sich aufgrund der Schwerfälligkeit und festgefahrener Strukturen der Kirche sowie mit Blick auf die Weltkirche bezüglich einer notwendigen Veränderung pessimistisch. Weiter brachte Stückl zum Ausdruck, dass er ein Verstecken hinter Glaubenssätzen und Dogmen als fortschrittshemmend sieht.

Danach gefragt, ob sich Bayern verändere, indem das Katholische eher etwas theatrales ohne eigentlichen Glaubensinhalt bekommen würde, warnte Christian Stückl, dass dies allgemein und insbesondere auch bei den Passionsfestspielen nicht passieren dürfe. Dazu erklärte er:

„Wenn wir Jesus nicht ins Zentrum setzen und uns nicht mehr mit seiner Person auseinandersetzen, dann ist nichts mehr dahinter und dann wird es kaputt gehen.“

Auch wenn die Passionsfestspiele ein Event und ein Wirtschaftsfaktor seien, müsse im Zentrum immer die Auseinandersetzung mit dem Glauben und mit Jesus Christus stehen. Im Zuge dessen plädierte Stückl für eine jesuanische Kirche, die sich „auf das, was Jesus wirklich wollte, konzentriert“ und sich weniger auf ihre Dogmen versteift.

Auf die Anmerkung von Moderator Christoph Süß, dass in diesem Zusammenhang auf kirchlicher Seite oft die Befürchtung zu hören ist, dass bei einem Hintenanstellen der Dogmen, sich jeder seinen „Personal Jesus“ mache, reagierte der Oberammergauer Festspielleiter ganz entspannt, indem er schilderte, dass der persönliche Zugang zu Gott individuell ist und das auch schon immer war.

Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen wies Christian Stückl bereits im Juli 2021 darauf hin, wie wichtig für einen reifen Glauben die individuelle Auseinandersetzung mit Jesus Christus ist (wir berichteten). Zudem betonte Stückl:

„Die Kirche hätte eine große Chance, wenn sie es schaffen würde, sich wirklich auf Jesus zu beziehen.“

Stattdessen trete die Kirche seiner Meinung nach aber allzu oft „völlig unjesuanisch“ auf.

Quellen: br.de, promisglauben.de